Standortpolitik

Klima schützen

AllthingsBerlin/Adobe Stock ©
Zu trocken – Hitzewellen beeinflussen auch die Ernten in Bayern

GABRIELE LÜKE, Ausgabe 02/2020

Die UN haben 17 Sustainable Development Goals verabschiedet, zu deren Erreichung auch Firmen beitragen können. Das 13. Nachhaltigkeitsziel setzt sich für den Klimaschutz ein.

Die Weltbevölkerung stellte 2018 einen zweifelhaften Rekord auf: Sie stieß rund 55 Milliarden Tonnen Treibhausgase aus – so viel wie noch nie, stellten die Vereinten Nationen (UN) fest. Die wachsende Konzentration dieser Gase, insbesondere von CO₂, in der Luft ließ die globale Durchschnittstemperatur seit Ende des 19. Jahrhunderts im Mittel um 0,85° C ansteigen, so die EU. Klimaforscher erwarten, dass als Folge Extremwetter wie Hitzewellen, Dürren oder Starkregen weltweit zunehmen. Deutschland steuerte laut Bundesumweltministerium 2018 mehr als 800 Millionen Tonnen zu den weltweiten CO₂-Emissionen bei – etwa doppelt so viel wie der internationale Durchschnitt. Der Anstieg der durchschnittlichen Temperatur ist hierzulande mit 1,5°C deutlich höher als im globalen Mittel. 2018 zählte die Bundesrepublik erstmals – neben Japan und den Philippinen – zu den drei am stärksten von Extremwettern betroffenen Staaten, so die Umweltorganisation Germanwatch. Mit dem 13. Nachhaltigkeitsziel (SDG) fordern die UN, den Klimawandel und seine Folgen zu bekämpfen. Die Bundesregierung will mit ihrem Klimapaket bis 2050 Klimaneutralität für Deutschland erreichen. Dasselbe strebt die EU-Kommission mit dem Green Deal für Europa an. »Unsere Art zu wirtschaften hat den Klimawandel mit verursacht – nun verändert der Klimawandel die Basis unseres Wirtschaftens«, sagt Eric Veulliet, Präsident der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf. Er nennt ein Beispiel: Trockenheit und Hitze führen zu schlechteren Ernten, überlasten herkömmliche Kühlketten, verursachen Stress und Erkrankungen bei Mitarbeitern. SDG 13 fordere die Unternehmen nicht nur auf, aktiven Klimaschutz zu betreiben. Die Firmen sollten sich auch auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten und Anpassungsstrategien entwickeln.

Wie gehen Firmen vor?

Experte Veulliet rät zuerst zur Bestandsaufnahme: Wie viel CO₂ emittiert das Unternehmen über die ganze Lieferkette hinweg und wie lassen sich die Emissionen erheblich und beständig reduzieren? Vor allem Energieeinsparung, CO₂-Kompensation und der Verzicht auf fossile Brennstoffe seien hier wichtige Maßnahmen. Als zweiter Schritt folgt eine Risikoanalyse: Wie widerstandsfähig beziehungsweise verletzbar ist der Betrieb gegenüber Folgen des Klimawandels und wie lässt sich hier handeln? »Unternehmen, die glaubwürdig für das Klima Verantwortung übernehmen, haben Wettbewerbsvorteile: ein besseres Image, gegebenenfalls die Erschließung neuer Geschäftsfelder, in vielen Fällen auch Kostenreduktionen, aber vor allem mehr Zukunftssicherheit«, ist Veulliet überzeugt. »Wir müssen jetzt handeln, um den Klimawandel noch abzumildern. Die deutsche Wirtschaft und ihre Ingenieure können ein wirksamer Hebel und Vorbild sein.« Das Staatliche Hofbräuhaus in München engagiert sich schon lange für den Klimaschutz. 2011 erfasste das Unternehmen des Freistaats Bayern den CO₂-Fußabdruck verschiedener Hofbräu-Biere über die gesamte Prozesskette vom Acker bis zum Kunden. Daraus leitete die Brauerei eine Klimastrategie ab. Zu den teilweise schon zuvor begonnenen Maßnahmen gehören die komplette Umstellung auf Ökostrom, energieeffiziente Technik, Bierkastenrecycling, kurze Wege durch regionale Lieferketten und ein Weizenanbauprojekt, das weniger klimaschädlichen Stickstoff einsetzt. »Zudem setzen wir auf Kompensation, indem wir Humusaufbau auf Ackerflächen fördern und ein Moorgebiet im Chiemgau regenerieren – denn Humus und Moor binden CO₂«, erklärt Hofbräu-Umweltmanager Sebastian Utz (38). Im Vergleich zu 1998 spart das Unternehmen so pro Hektoliter Bier zirka 70 Prozent CO₂ ein. »Mittelfristig wollen wir komplett klimaneutral sein«, so Utz. Beim Oktoberfest 2019 habe die Brauerei dieses Ziel bereits erreicht: »Herstellung, Transport und Ausschank von Hofbräu-Bieren in unseren eigenen und anderen Zelten waren durch Kompensation komplett klimaneutral.« Auch die Anpassung an den Klimawandel sei ein Thema. »Die Sommer werden heißer, das wirkt sich auf die Ernten aus. Wir diskutieren dies bereits mit unseren Partnern aus der Landwirtschaft«, so Utz. Mit einer technischen Innovation trägt Richard Langlechner (67) zum Klimaschutz bei. Der Gründer der AWN GmbH in Unterneukirchen entwickelte ein Verfahren, mit dem sich aus Abgas Strom gewinnen lässt. Aktuell wird es vor allem in Biogas-Blockheizkraftwerken eingesetzt. »Wir fangen das Abgas, das beim Verbrennen des Biogases entsteht, auf, anstatt es in die Luft zu lassen, und verstromen es nach«, erklärt Langlechner. So erhöht sich die Stromausbeute, der Einsatz von Primärbiogas sinkt. Der Unternehmer hat ausgerechnet, dass sich allein im Bereich Biogas durch die Nachverstromung in Deutschland jährlich 2,5 Millionen Tonnen CO₂ einsparen ließen. Jobtickets für die Mitarbeiter, Dienstfahrräder, ein Elektroautopool, energieeffiziente Geräte – mit solchen internen Maßnahmen fördert das Münchner Ingenieurbüro Hausladen GmbH den Klimaschutz. Die Bauexperten wollen aber auch nach außen wirken. »Wir setzen uns für eine neue Baukultur ein, denn Wohnungen und Bürogebäude sind im Klimaschutz ein Schlüsselmoment – die Bestandsbauten sind dabei die größere Herausforderung«, erklären Geschäftsführer Gerhard Hausladen (72) und Teamleiter Heiko Wöhrle (43). Sie plädieren zum Beispiel für weniger Beton, dieser habe schon in der Herstellung eine schlechte Klimabilanz. Klimafreundlicher seien nachhaltig gewonnenes Holz oder das Wiederverwenden von gebrauchtem Baumaterial. Zudem gelte es, robuster zu bauen und Umnutzungen von vornherein einzuplanen. Dann müsse man nicht abreißen und neu bauen, wenn sich der Zweck eines Gebäudes ändert. Fassaden ließen sich begrünen oder zur Bio-Energieerzeugung einsetzen. Auch das spare CO₂. Hausladen: »Dies müssen wir verbinden mit nachhaltigen Konzepten für ganze Quartiere, Städte, die Mobilität. So kann die Baukultur einen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten.«

Verwandte Themen