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„Firmen feiern“
Das Bayerische Wirtschaftsarchiv beleuchtet in einer Ausstellung einen bislang kaum beachteten Aspekt des Arbeitslebens: die betriebliche Fest- und Feierkultur.
Von Harald Müller, IHK-Magazin 10/2024
„Mit wohlwollenden Gesinnungen“ gratulierte König Ludwig II. am 31. Mai 1864 dem Lokomotivfabrikanten und ersten Münchner Kammerpräsidenten Joseph Anton von Maffei zur „Fünfhundertsten aus der Fabrik in der Hirschau hervorgegangenen Locomotive“ und gleichzeitig zum „Fünf und zwanzigjährigen Bestehen jenes Etablißements“. Ludwig hatte zuvor von dem „schönen Feste“ gehört, das Maffei mit seinen Beschäftigten aus ebendiesen beiden Anlässen gefeiert hatte. Fest- und Arbeitskultur gehörten schon im 19. Jahrhundert untrennbar zusammen.
Dass sich dieses königliche Gratulationsschreiben bis heute im Original erhalten hat, ist ein Verdienst des Bayerischen Wirtschaftsarchivs (BWA). Das Archiv wurde vor genau 30 Jahren als Gemeinschaftseinrichtung aller bayerischen Industrie- und Handelskammern (IHKs) gegründet. Seitdem setzt es die Tätigkeit des 1986 ins Leben gerufenen IHK-Wirtschaftsarchivs für München und Oberbayern auf Landesebene fort.
Fundus auf 6.000 Regalmetern
Seit 1994 sind die Mitarbeitenden des BWA im Freistaat unterwegs, um historisch bedeutsame Quellenzeugnisse von Unternehmen, IHKs sowie Vereinen und Verbänden der bayerischen Wirtschaft sicherzustellen. Die aus Kellern, Speichern, Büros und Produktionsstätten geborgenen historischen Unterlagen und Objekte nehmen inzwischen mehr als 6.000 laufende Meter Fachboden ein. Der Quellenfundus reicht von der Brau- bis zur Textilindustrie, vom Maschinenbau bis zum Verlagswesen, vom Kunsthandel bis zum Messebau. Umfangreiche Sammlungen, etwa von Firmenfestschriften, Geschäftsberichten, Werbemarken, Postkarten oder Firmenbriefbögen, ergänzen die Bestände.
Wer arbeitet, darf auch feiern
So sehr sich die im BWA verwahrten Archivbestände hinsichtlich Umfang und Inhalt auch unterscheiden, eine Gemeinsamkeit gibt es doch. Nahezu überall finden sich Unterlagen zu betrieblichen Festveranstaltungen unterschiedlichster Art. Dieser betrieblichen Fest- und Feierkultur widmet das BWA seine Jubiläumsausstellung (siehe IHK-Veranstaltungstipp unten).
Identifikation, Dank, Motivation
Der „Klassiker“ ist dabei das Firmenjubiläum. Jubiläumsfeiern im Kreis der Beschäftigten stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl. Sie bringen den Dank der Betriebsleitung für die tatkräftige Mitarbeit der Belegschaft zum Ausdruck und können motivierend für die Zukunft wirken. Die Beschäftigten wiederum revanchieren sich oft mit zum Teil kostspieligen und aufwendig gestalteten Präsenten.
Gefeierte Produkte
Zur Festkultur der Unternehmen gehört auch die Feier eines Produktjubiläums. Während eine Seriennummer „1“ die Innovationskraft eines Unternehmens unterstreicht, ist eine „500“ oder eine „1.000“ der Beweis für die erfolgreiche Durchsetzung eines Produkts auf dem Markt. Dies wurde im Kreis der Betriebsfamilie oft ebenso ausgiebig gefeiert wie der Aufbruch in eine neue Zeit durch eine Grundsteinlegung oder ein Richtfest.
Feiern fürs Betriebsklima
Außerdem bieten die dem Jahreskreis folgenden Feste wie Faschingsfeiern, Sommer- oder Weihnachtsfeste und natürlich die jährlichen Betriebsausflüge einen Grund zum fröhlichen Beisammensein abseits des oft monotonen und beschwerlichen Arbeitsalltags. Dabei ließen sich die sonst vorherrschenden hierarchischen Strukturen zumindest zeitweise ein wenig lockerer gestalten, was wiederum dem gesamten Betriebsklima zugutekommen konnte. Neben diesen die Gesamtheit der Betriebsgemeinschaft betreffenden Festveranstaltungen stellen bis heute das individuelle Arbeitsjubiläum und die feierliche Auszeichnung für eine langjährige Dienstzeit oft einen Höhepunkt innerhalb der eigenen beruflichen Laufbahn dar.
Von zünftig bis vornehm
So unterschiedlich die Anlässe, so vielfältig sind auch die Feiern selbst. Der Bogen spannt sich vom vornehmen Festakt mit Ehrengästen, klassischer Musikumrahmung und Festvorträgen bis zum quirligen Faschingsball, vom feuchtfröhlichen Betriebsausflug im eigens gebuchten Sonderzug bis zum festlichen Weihnachtsdiner in vornehmem Ambiente.