Klimaschutz | Betrieb + Praxis
Lukrativ und klimafreundlich

Unternehmen können mit eigenen Photovoltaikanlagen ihre Energiekosten senken und zur Energiewende beitragen. Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel des Outdoorausrüsters Bergzeit.
JOSEF STELZER, Ausgabe 06/2022
Das Solarzeitalter hat bei der Bergzeit GmbH in Otterfing im Landkreis Miesbach im Dezember 2021 begonnen. Seither erzeugt der Anbieter von Bergsport- und Outdoorausrüstung Strom mit einer eigenen Photovoltaikanlage.
Auf einer Gesamtfläche von 6.000 Quadratmetern sind dazu 1.370 Solarmodule auf den Flachdächern von zwei Lagerhallen installiert. »Wir haben uns das Thema Nachhaltigkeit sowie die Vermeidung von klimaschädlichem Kohlendioxid auf die Fahnen geschrieben und wollen dank Solartechnik einen Beitrag zur Energiewende leisten«, betont Bergzeit-Geschäftsführer Markus Zabel (45).
Mehr als 17 Prozent Solaranteil an Stromerzeugung
In ganz Bayern wächst der Solaranteil bei der Stromerzeugung. 2020 waren es bereits rund 13 Terawattstunden – mehr als 17 Prozent der bayerischen Bruttostromerzeugung. Nach den Plänen der Bayerischen Staatsregierung soll der Anteil des Sonnenstroms bis 2025 auf etwa 20 bis 25 Prozent steigen. Mit dabei unter den Solarstromerzeugern sind auch immer mehr Unternehmen.
Bei Bergzeit zum Beispiel liefert die Photovoltaikanlage ausreichend Strom, um die beiden Lagerhallen und das Verwaltungsgebäude rechnerisch komplett mit Elektrizität zu versorgen. Insgesamt erzeugt die Anlage jährlich rund 550.000 Kilowattstunden. Damit ließen sich 100 bis 150 Haushalte ein Jahr lang komplett mit Strom versorgen. Schon in den ersten drei Monaten konnte das Unternehmen, das in der oberbayerischen Firmenzentrale rund 300 Mitarbeiter beschäftigt, rund 12.000 Euro Energiekosten einsparen. Weitere Einnahmen kamen durch die Vermarktung von 40.000 Kilowattstunden Sonnenstrom hinzu.
Amortisierung in fünf bis sechs Jahren
Die rund 320.000 Euro teure Investition dürfte sich dank der Einsparungen beim Stromeinkauf in fünf bis sechs Jahren amortisiert haben. Die Finanzierung der Anlage erfolgte über ein vergünstigtes Darlehen der LfA.
Grundsätzlich kommen für Unternehmen zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen auch die KfW-Förderkredite »Klimaschutzoffensive für den Mittelstand« oder Zuschüsse im Rahmen von Energieberatungen für Nichtwohngebäude im Bestand und im Neubau infrage. Die Anträge dafür sind beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zu stellen.
Hoher Verwaltungsaufwand vor problemloser Installation
Für Beschaffung und Installation der Solaranlage musste Bergzeit relativ wenig Zeit aufwenden. »Die Montage dauerte rund vier Wochen, allerdings mussten wir für das alte Lagergebäude einen Prüfstatiker beauftragen, dessen Gutachten bestätigt hat, dass die Halle die Anlage problemlos tragen kann«, erklärt Geschäftsführer Zabel. Für die neu errichtete Halle war die Solaranlage bereits im Bauplan vorgesehen.
Der Verwaltungsaufwand vor den eigentlichen Installationsarbeiten war jedoch aufwendig. »Letztlich hat es ein Jahr gedauert, bis das bürokratische Procedere mit dem regionalen Netzbetreiber und den Aufsichtsbehörden endlich abgeschlossen war, sodass wir unseren Strom ins Netz einspeisen können«, so Zabel.
»Fazit zur Photovoltaik rundweg positiv«
Der Bergzeit-Chef ließ zudem ein Umweltgutachten anfertigen, um Herkunftsnachweise für den selbst produzierten Strom erstellen zu können. »Damit erzeugen wir 100 Prozent zertifizierten Ökostrom«, sagt der Diplombauingenieur und bringt seine Erfahrungen auf den Punkt: »Unser Fazit zur Photovoltaik ist rundweg positiv, ökologisch wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht.«
Nicht immer laufen Photovoltaikanlagen allerdings so problemlos an. Sind sie nicht korrekt eingebaut, kann es für Betreiber kostspielig werden, etwa wenn es wegen eines beschädigten Daches zu Wasserschäden kommt. »Immer wieder kommt es deshalb zu Gerichtsverfahren«, weiß Jochen Kirch (45), seit 2014 öffentlich bestellter und vereidigter IHK-Sachverständiger für Photovoltaik. »Typische Streitpunkte sind handwerkliche Fehler bei der Installation oder falsche Ertragsberechnungen, weil die installierten Anlagen weniger Strom produzieren, als der Hersteller versprochen hat.«
Sachverständige gesucht
In solchen Fällen unterstützen IHK-Sachverständige bei der Klärung der Sachlage. Ihre Schadensgutachten erweisen sich in Streitfällen als überaus hilfreich, »um Verantwortlichkeiten zu klären und Ansprüche gegen Installationsbetriebe oder Anlagenhersteller durchsetzen zu können«, betont der Maschinenbauingenieur (siehe auch Kasten unten »Sachverständige gesucht!«).
Solarstrom für Kunden und Beschäftigte
Outdoorausrüster Bergzeit bietet indes gemeinsam mit der im Schwarzwald ansässigen EWS Elektrizitätswerke Schönau eG seinen Beschäftigten und zukünftig ebenso den Kunden Solarstrom an. »Mit dieser Partnerschaft wollen wir auch für weitere Unternehmen in der Region einen Anreiz schaffen, Ökostrom zu erzeugen, zum Beispiel im Rahmen von lokalen Energiepartnerschaften in der Sportbranche«, erklärt Bergzeit-Geschäftsführer Zabel und fügt hinzu: »Wir sehen in der dezentralen, regenerativen Energieerzeugung und dem Aufbau von sogenannten Energy Communities einen wichtigen Schritt, um dem Klimawandel zu begegnen.«
Zu den Kunden des Ökostromanbieters EWS Schönau gehört seit 2020 auch die Münchner Patagonia International Inc., Niederlassung Deutschland. Der Bekleidungshersteller ist überdies an einer Photovoltaikanlage im niederländischen Amsterdam beteiligt. Birgit Großmann (35), Leiterin Marketing und Umweltschutz der Patagonia-Niederlassungen in Deutschland und Österreich, ist überzeugt: »Wir zeigen unsere gesellschaftliche Verantwortung, indem wir Ökostrom beziehen, und helfen damit aktiv beim Klimaschutz.«
IHK-Aufruf: Sachverständige gesucht!
Mit dem Photovoltaik-Boom wächst der Bedarf an fachkundigen Sachverständigen für diesen Bereich. Jochen Kirch, Inhaber des Ingenieurbüros Kirch in Fuchstal bei Landsberg, ist seit 2014 öffentlich bestellter und vereidigter IHK-Sachverständiger. Er erstellt für Photovoltaikanlagen ab etwa 100 Kilowatt Leistung Schadensgutachten, die zum Beispiel von Gerichten zur Urteilsfindung herangezogen werden.
»Die Bestellung zum Sachverständigen hat sich für mich auf jeden Fall bezahlt gemacht, wir sind komplett ausgelastet und suchen dringend technische Mitarbeiter«, erklärt Kirch.
Wer als IHK-Sachverständiger tätig sein will, muss in einem anspruchsvollen Verfahren seine ausgeprägte Sachkunde sowie seine umfassende Eignung nachweisen. Sachverständige müssen Sachverhalte klären, Feststellungen treffen und diese an andere Personen in Gutachtenform vermitteln. Sie benötigen daher ein präzises Beurteilungsvermögen sowie kommunikative Kompetenzen.
Weitere Informationen unter:
https://www.ihk-muenchen.de/sachverstaendige