Betrieb + Praxis

Den Umbruch nutzen

AgraCheck ©
Schritt für Schritt wachsen – Florian Stark (v. l.), Sebastian Lieder und Matthias Hamborg, Gründertrio von AgraCheck

Mit der passenden Strategie können Firmen auch in unruhigen Zeiten bestehen. Zwei Unternehmer schildern beispielhaft, wie sie auf Erfolgskurs kommen und bleiben.

Von Monika Hofmann, IHK-Magazin 01–02/2024

Sie bringen eine ausgeprägte Widerstandskraft mit: Mitten in schwierigen Zeiten gründen sich in Bayern viele Start-ups und mittelständische Firmen. Gerade jetzt erschließt sich so manches Unternehmen neue Geschäftsfelder. „Und das ist gut so, denn damit eröffnen sie sich echte Marktchancen“, urteilt Beate Mader, Coachin und Inhaberin der VISION HOCH DREI & CoWorking in Bad Tölz.

Es ist eine Zeit der Umbrüche und Veränderungen, beobachtet die Expertin, die sich auf Krise als unternehmerische Chance spezialisiert hat. Wer sich gut darauf einstelle, profitiere. Denn die Welt bleibt im Wandel. Daher sei es wichtig, die Chancen zu erkennen, die er bietet. „Das erlaubt den Unternehmen, sie gezielt zu nutzen, um sie in Erfolg und Nachfrageboom zu verwandeln“, rät Mader. Wie das in der Praxis aussehen kann, zeigen hier 2 Unternehmen:

pepper motion GmbH, Denkendorf: Strategie laufend prüfen

Von 0 auf 100 startete zum Beispiel Andreas Hager (45), Geschäftsführer der pepper motion GmbH in Denkendorf. Das Unternehmen entwickelt Elektrifizierungslösungen für Busse, Lkws und Sonderfahrzeuge. Es profitiert von der wachsenden Nachfrage nach einem einfachen Einstieg in die E-Mobilität.

Für den Gründer Hager entwickelte sich der ständige Strategiecheck zur lieb gewonnenen Gewohnheit. „In Krisenzeiten ist es besonders wichtig, Strategie, Markt und Chancen kontinuierlich zu prüfen“, sagt er. „Nur so erkennen wir, wo wir stehen und welche Chancen wir haben.“ Mit Erfolg: „Unsere E-Lösungen sind hier inzwischen fast flächendeckend verfügbar, sodass wir große Auslandsziele haben und den Markteintritt in weiteren Ländern vorantreiben“, so Hager.

Elektrisch nachrüsten: 2. Leben für Dieselfahrzeuge

Seit der Gründung 2020 etablierte sich das Start-up, das als Ausgründung der Garchinger in-tech GmbH begann, zum Innovator bei der Elektrifizierung von Dieselnutzfahrzeugen. Heute beschäftigt es 100 Mitarbeiter an 3 Standorten in Deutschland und einem in Österreich. Mit seinen elektrischen Nachrüstsystemen bietet das Unternehmen neuartige Lösungen: „Dieselfahrzeuge erhalten so ein umweltfreundliches, nachhaltiges zweites Leben als Elektrofahrzeug“, erklärt Hager. „Damit leisten wir einen aktiven Beitrag zur Dekarbonisierung.“

Um weiterhin für Wachstum zu sorgen, prüft Hager kontinuierlich seine Strategie und die Marktchancen – und ergreift sie. Dieses überlegte und zugleich mutige Vorgehen überzeugt seine Investoren. Mit der letzten Finanzierungsrunde im April 2022 in Höhe von mehr als 30 Millionen Euro wurde eine solide finanzielle Basis für künftiges Wachstum geschaffen. Nicht nur die Gründungsinvestoren waren erneut dabei, sondern weitere, zum Teil namhafte Unternehmen stiegen ein.

Emissionsfreies Antriebssystem flexibel integrierbar

Der Fokus liegt auf kundenspezifischen Entwicklungen. Verstärkt widmet sich pepper dem Projektgeschäft mit der Auftragsentwicklung elektrischer Antriebssysteme. Mit seinem E-Kit bietet das Start-up ein emissionsfreies Antriebssystem, das flexibel in die Fahrzeugentwicklung oder bestehende Baureihen integriert werden kann. Hager: „Damit lassen sich die Entwicklungszeiten drastisch verkürzen und Elektroneufahrzeuge schnell und effizient auf den Markt bringen.“

Kundennah und mitarbeiterorientiert

Hagers Erfolgsstrategie besteht vor allem aus 2 Faktoren: Kundennähe – das bedeutet für ihn, gezielt den Bedarf seiner aktuellen und künftiger Käufer zu kennen und sich daran zu orientieren – und Mitarbeiterorientierung. „Bei pepper leben wir eine offene und kommunikative Firmenkultur, die viel eigene Gestaltungsspielräume bietet“, sagt Hager.

AgraCheck UG, München: 2 Standbeine aufbauen

Stetiges Wachstum strebt auch Florian Stark, Geschäftsführer AgraCheck UG in München, an: „Wir wollen in kleinen Schritten expandieren – und unseren aktuellen Nachfrageboom in Umsatz sowie Mitarbeiter- und Kapitalwachstum umwandeln.“ Das erlaube es dem Team, seiner Vision treu zu bleiben, finden die 3 Gründer Florian Stark, Matthias Hamborg und Sebastian Lieder: Sie wollen mithelfen, eine nachhaltige und digitale Landwirtschaft zu schaffen.

Erst vor 2 Jahren gestartet, hat sich die kleine Firma schnell zu einem Agrarinnovator entwickelt – dank eines rasanten Kunden- und Partnerwachstums. Das Unternehmen bietet zum einen eine Vergleichsplattform für digitale Technologien in der Agrarwirtschaft. Zum anderen will das Start-up Agrarbetriebe mit unabhängiger Expertise unterstützen, vor allem mit Betriebsanalysen vor Ort und online. Sie zeigen, welche Technologien für den jeweiligen Betrieb nötig sind, um Effizienz und Tempo zu steigern sowie den Ressourceneinsatz zu senken.

Agrarmanagement aus der Luft

Zum Beispiel ist es möglich, mithilfe von Drohnen zu erkennen, welcher Teil eines Felds Düngemittel, Schädlingsbekämpfung oder Bewässerung braucht. „So lassen sich drastisch Dünger, Spritzmittel und Wasser einsparen“, sagt Stark. „Das ist gezieltes Agrarmanagement, das über Innovationen nachhaltig wird.“

Innovative Lösungen digital vergleichen

Viele Landwirte können Energiekrise und steigenden Preisen ein durchdachtes Management entgegensetzen, indem sie innovative Werkzeuge einsetzen – und so weiter optimieren und digitalisieren. AgraCheck bietet eine fast vollständige und unabhängige Vergleichsplattform für Methoden und Technologie. Die Datenbank soll bald die wichtigsten Produkte aller am deutschen Markt verfügbaren Hersteller enthalten, damit sich die Kunden ein neutrales Bild von den verfügbaren Lösungen machen können. „Wir betrachten die ganze Bandbreite und nicht nur die Produkte von wenigen Partnerunternehmen – das macht die Plattform unabhängig“, so Stark.  

Unabhängig will auch AgraCheck bleiben. Bald können die Gründer von ihren Umsätzen leben. Stark: „Unser Traum ist, feste Mitarbeiter einzustellen und uns weiterhin aus unseren Umsätzen zu finanzieren – das erreichen wir wohl auch.“    

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Wer erst vor kurzem ins Business gestartet ist oder demnächst starten will, findet auf der IHK-Homepage wichtiges Gründerwissen zusammengestellt.

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