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In vielen Gewerbebauten lässt sich noch Energie einsparen

Betriebliches Energiemanagement schafft Klarheit über den aktuellen Verbrauch und hilft, die Kosten zu senken. Geräte- und Softwareanbieter haben passende Lösungen.

Ausgabe 05/2020, Josef Stelzer

Steigende Energiekosten üben zunehmend Druck auf die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Unternehmen aus. Das gilt vor allem in der energieintensiven Industrie, betrifft aber auch viele andere Betriebe. Steuern und Abgaben sowie Aufwendungen für den Netzausbau treiben die Strompreise in Bayern in die Höhe. Hinzu kommen Kosten für weitere Energieträger wie Öl und Gas, auch wenn deren Preise infolge der Coronakrise zeitweise nachgegeben haben.

Schon 250 Betriebe bei BEEN-i

Das IHK-Energiewende-Barometer 2019 spiegelt die wachsenden Herausforderungen wider. Demnach berichteten zwei Drittel der befragten bayerischen Unternehmen von steigenden Energiepreisen in den zurückliegenden zwölf Monaten. Um die wachsenden Belastungen besser in den Griff zu bekommen, setzt die Wirtschaft auf Maßnahmen zur Effizienzsteigerung. Dazu gehören Investitionen in moderne Technik, etwa in stromsparende Beleuchtung, in neue Heizungen sowie Kühl- und Produktionsanlagen. Manche Unternehmen schließen sich auch zu Energieeffizienz-Netzwerken zusammen. Hierfür wurde eigens die Bayerische Energieeffizienz-Netzwerk-Initiative (BEEN-i) gegründet, an der mittlerweile über 250 Betriebe in Bayern teilnehmen. Auf diese Weise erzielen sie Effizienzverbesserungen und tragen obendrein zum Klimaschutz bei.

Spezialsoftware spürt Lastspitzen auf

Immer mehr Betriebe gehen jedoch noch einen Schritt weiter und setzen gezielt Energiemanagementsysteme ein. Dutzende oder sogar Hunderte Messgeräte, die an Maschinen und in Gebäuden installiert sind, liefern dabei per Kabel oder Funk Verbrauchsdaten. Per Computer lässt sich mit ihnen der Energieverbrauch grafisch in beliebigen Zeitfenstern darstellen – und steuern. Als Anbieter solcher Lösungen hat sich die Berg GmbH in Martinsried einen Namen gemacht. Das Unternehmen, das zur Vivavis GmbH in Ettlingen gehört, offeriert Messgeräte für Strom, Gas, Wasser, Wärme, Druckluft und Dampf. Kern der Berg-Systeme sind Softwarelösungen. Damit lassen sich Sparpotenziale und kostspielige Lastspitzen aufspüren, etwa beim Strom- und Gasverbrauch.

»Unsere Kunden erhalten damit Hinweise auf Einsparmöglichkeiten, beispielsweise, indem sie Lastspitzen zeitlich so verschieben, dass die Stromkosten sinken«, erläutert Berg-Geschäftsführer Marijan Valic (55). »Wir beraten unsere Kunden über Fördermittel, die das Bundesamt für Außenwirtschaft BAFA den Unternehmen für Energieeffizienzsteigerungen und Energieberatung bietet, erstellen aber auch Messstellenkonzepte und sorgen für die Installation der Geräte.«

Auf diese Software setzt zum Beispiel die Münchner Spaten-Franziskaner-Bräu GmbH. »Wir können damit in der Produktion auf hohen Energieverbrauch schnell reagieren und haben insgesamt mehr Transparenz und Erfahrungen über die komplizierten Energieflüsse der Brauerei gewonnen«, sagt Stefan Hasenöhrl (41), Energiebeauftragter und Prozessingenieur der Brauerei. Seit 2017 sind über 400 Messgeräte mit der Software verknüpft worden. Weitere Messpunkte sollen hinzukommen, etwa zum Erfassen des Stromverbrauchs der Getränkeabfüllanlagen und Etikettiermaschinen.

Verlaufsdiagramme offenbaren Schäden und undichte Stellen

Dank der Software konnte Hasenöhrl bereits mehrfach Schäden und undichte Stellen ausfindig machen. So zeigten die Verlaufsdiagramme gerade an Wochenenden immer wieder einen viel zu hohen Wasserverbrauch an. Ein Leck in einer Wasserleitung entpuppte sich als Ursache. Der abnorm hohe Verbrauch an Kohlensäure, die im Brauprozess nötig ist, resultierte aus einem defekten Abblaseventil und wurde gleichfalls per Software entdeckt. Hasenöhrl nach diesen Erfahrungen: »Vom Nutzen des Systems bin ich fest überzeugt.«

Zu den oberbayerischen Anbietern von Energiemanagementsystemen gehört auch die Münchner econ solutions GmbH, die Softwarelösungen, Messgeräte sowie Beratungsdienste rund um die Förderprogramme des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle BAFA offeriert. Mehr als 400 Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen setzen bereits auf die Software der Münchner, etwa der Chemiekonzern BASF, der Automobilzulieferer Continental oder der Oberflächenspezialist Schattdecor in Thansau bei Rosenheim.

Lastspitzen vermeiden

Neue Lösungen sollen das Geschäft zusätzlich ankurbeln. »Zusammen mit unserer Muttergesellschaft MVV können wir unseren Kunden übergreifende Lösungen zum Thema Energieeffizienz bieten, so zum Beispiel Ladelastmanagement für die Elektromobilität«, sagt econ-solutions-Geschäftsführer Philip Würfel (37). Hintergrund: Wenn Unternehmen eigene Ladesäulen für ihre Elektrofahrzeuge einsetzen, kann es beim Nachladen zu starken Verbrauchsschwankungen und kostspieligen Lastspitzen im Stromverbrauch kommen. Würfel verspricht: »Unser Ladelastmanagement kann den Ladeprozess so steuern, dass Lastspitzen nicht entstehen und stets genügend Ressourcen für die Produktion bleiben.«

Sparpotenziale in nahezu jedem Unternehmen

Dass gerade beim Energieeinkauf und in der Vertragsgestaltung oft ungeahnte Sparpotenziale schlummern, bestätigt Stefan Arnold (36), Berater bei der Münchner EEP Energieconsulting GmbH. »Zehn Prozent Einsparungen und mehr sind erfahrungsgemäß möglich, wenn man bestehende Verträge erneuert.« Die EEP-Consultants machen hierzu Ausschreibungen und wenden sich bei der Suche nach attraktiven Angeboten auch an regionale Energieversorger. »Auch in der Fernwärme steckt Sparpotenzial durch Senkung der mit dem Versorger vertraglich vereinbarten Anschlussleistung«, betont Arnold. Allein mit vertraglichen Anpassungen seien Kostensenkungen von bis zu 30.000 Euro je Liegenschaft und Jahr möglich.

Die Berater schauen nicht nur bei den Vertragskonditionen ganz genau hin. »Wir machen messtechnisch gestützte Begehungen vor Ort beim Kunden, in Produktions- und Logistikhallen ebenso wie in Bürogebäuden, um die betrieblichen Energieflüsse und den Verbrauch im Detail zu verstehen, und schlagen darauf basierend individuelle Maßnahmen vor wie zum Beispiel zunehmend technische Energiemanagementsysteme«, erklärt der Berater. Damit seien die Last und der Verbrauch einzelner Abnehmer gezielt steuerbar. Arnold: »Letztlich spüren wir Sparpotenziale in nahezu jedem Unternehmen auf.«
 

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