Standortpolitik

Coronahilfen – Zwischenbilanz mit Ausblick (Juni 2022)

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Im Lockdown – Coronahilfen retteten viele Gastronomiebetriebe

Mehr als zehn Milliarden Euro an Coronahilfen sind bislang in die bayerische Wirtschaft geflossen. Wer hat besonders profitiert? Wo lagen die Herausforderungen? Und wie funktioniert die Schlussabrechnung? Eine Zwischenbilanz mit Ausblick.

EVA MÜLLER-TAUBER, Ausgabe 06/2022

Dreizehn Hilfsprogramme, mehr als 400.000 eingereichte Anträge, über zehn Milliarden Euro ausgezahlte Gelder, allein über fünf Milliarden davon im Rahmen der Überbrückungshilfe III – die Verteilung der staatlichen Finanzhilfen, um die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise zu dämpfen, ist eine Herausforderung. Was mit den Hilfen bisher bewirkt werden konnte, zeigte eine vorläufige Bilanz Anfang Mai.

»Leben gerettet und Wirtschaft am Leben gehalten«

»Wir haben in zwei Jahren Pandemiebekämpfung Leben gerettet und die Wirtschaft am Leben gehalten«, stellte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fest. Die Summe von zehn Milliarden Euro, ergänzte IHK-Präsident Klaus Josef Lutz, habe die Folgen der Coronakrise in den besonders betroffenen Branchen wirksam gedämpft, »und dadurch eine breite Insolvenzwelle verhindert«.

In Branchen, in denen Unternehmen zeitweise wegen der Lockdowns und Beschränkungen gar keine oder nur wenige Einnahmen verzeichneten, haben die Wirtschaftshilfen Existenzen gesichert.

Die IHK setzte sich außerdem für eine Sonderhilfe für Soloselbstständige ein, die zu Recht beklagten, dass die Logik der Überbrückungshilfen für sie nicht passt, weil sie typischerweise keine oder nur geringe betriebliche Fixkosten haben, die bezuschusst werden können. Der Bund führte daher die Neustarthilfen ein.

Fast 100.000 Anträge von Soloselbständigen

Seither haben Soloselbstständige in Bayern fast 100.000 Anträge gestellt, rund 430 Millionen Euro Zuschüsse gingen bisher an diese Gruppe. Betrachtet man die Verteilung der Hilfen nach Branchen, so flossen insgesamt knapp 70 Prozent der in Bayern bisher bewilligten Gelder an Hotellerie und Gastronomie, Handel sowie Unternehmen aus dem Bereich Unterhaltung, Kultur und Erholung.

Bayernweite Bewilligungsstelle für die Coronawirtschaftshilfen ist seit Juni 2020 die IHK für München und Oberbayern im Auftrag des Bayerischen Wirtschaftsministeriums. Ein Einsatz, den Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) ausdrücklich anerkennt: »Mein großes Dankeschön geht an die Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer, die von heute auf morgen plötzlich zu den entscheidenden Koordinierungsstellen der Staatshilfen wurden.«

400 Vollzeitkapazitäten für hohe Erledigungsquote

Zeitweise wurden bis zu 400 Vollzeitkapazitäten dafür eingesetzt, die zahlreichen Anträge abzuwickeln, davon die Hälfte von der IHK. Ihre bisherige Bilanz: Fünf der dreizehn Hilfsprogramme – Überbrückungshilfe I und II, Bayerische Oktoberhilfe, Novemberhilfe, Dezemberhilfe – sind abschließend bearbeitet. Bei den meisten anderen liegt die Erledigungsquote zwischen 92 und 98 Prozent. Zumal die IHK als Bewilligungsstelle des Freistaats oftmals schneller agierte als ihre Pendants aus anderen Bundesländern.

Aktuelle Förderprogramme deutlich komplexer

Dennoch gab und gibt es einige Herausforderungen. So sind die Förderrichtlinien der Überbrückungshilfe III, III Plus und IV – die wie die Neustarthilfe 2022 noch bis Mitte Juni dieses Jahres beantragt werden kann – im Vergleich zu den Vorgängerprogrammen deutlich komplexer und die Prüfvorgaben des Bundes umfangreicher. »Das zog und zieht spürbar mehr Einzelfallbearbeitungen und zusätzliche Rückfrageschleifen gerade mit den derzeit ebenfalls stark beanspruchten prüfenden Dritten nach sich, was natürlich den gesamten Antrags- und Bearbeitungsprozess verzögert«, sagt Martin Drognitz, Abteilungsleiter Wirtschaftshilfen bei der IHK. Auch komme es immer wieder zu Bearbeitungsspitzen, weil viele Firmen die Hilfen erst sehr spät beantragten.

40 Prozent der Anträge kurz vor vor Antragsfrist

So gingen etwa bei der Überbrückungshilfe III rund 22 Prozent – und damit über 20.000 Anträge – erst in den zwei Wochen vor Fristende am 2. November 2021 ein. »Dabei war es bereits seit dem 10. Februar 2021 möglich, diese Hilfe zu beantragen«, so Drognitz. In der Überbrückungshilfe III Plus waren es bereits 40 Prozent aller Anträge, die in den letzten beiden Wochen vor Fristende am 31. März 2022 eingingen – wobei die Beantragung seit Juli 2021 möglich war.

Weitere Hürde: Zahlreiche Anträge gerade bei den komplexeren Programmen waren unvollständig oder wurden nicht gemäß den Förderbedingungen des Bundes gestellt. »So waren wir als Bewilligungsstelle bei vielen Anträgen gezwungen, Teilablehnungen zu veranlassen, was wiederum zahlreiche manuelle Zusatzschritte erforderte«, so Drognitz.

Endabrechnungen bis mindestens Mitte 2024

Nun steht für die IHK die Überprüfung der Schlussabrechnungen beziehungsweise Endabrechnungen an, die sie noch bis mindestens Mitte 2024 beschäftigen dürfte. »Häufig haben wir die Anträge auf Überbrückungshilfen sowie November- und Dezemberhilfen, die über prüfende Dritte eingereicht wurden, auf Basis von Umsatzprognosen und prognostizierten Kosten bewilligt«, erklärt der IHK-Experte. »Jetzt muss jedes Unternehmen, das Coronahilfen dieser Art erhalten hat, über seinen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt bis zum 31. Dezember 2022 eine Schlussabrechnung auf Grundlage der tatsächlichen Umsatzzahlen und Fixkosten bei uns einreichen.« Nachdem die IHK als Bewilligungsstelle diese geprüft hat, erstellt sie jeweils einen Schlussbescheid mit der endgültigen Förderhöhe.

Nach- oder Rückzahlung 

»Das kann je nach gewähltem Programm dazu führen, dass ein Unternehmen einen Teil der Hilfen zurückzahlen muss oder aber im besten Fall eine Nachzahlung erhält, je nachdem, wie pessimistisch oder optimistisch seine Prognosen ausgefallen sind«, so Drognitz.

Ähnliches gilt bei der Neustarthilfe 2022, dem Nachfolgeprogramm der Neustarthilfe/Neustarthilfe Plus: Nach Ablauf des Förderzeitraums sind Direktantragstellende, die bereits eine Bewilligung oder Teilbewilligung erhalten haben, dazu verpflichtet, bis spätestens 30. September 2022 eine Endabrechnung zu erstellen und online abzugeben. Über die Fristen der jeweiligen Programme informiert der Bund auf seiner Webseite.

Fristen einhalten 

»Wichtig ist, dass wirklich alle Unternehmen, die gemäß den Förderbedingungen eine Schluss- beziehungsweise Endabrechnung erstellen müssen, diese fristgerecht einreichen«, sagt IHK-Experte Drognitz. »Wer sich nicht daran hält, riskiert, dass er die gesamte Förderungssumme zurückzahlen muss.«

»Zweiter Teil der Herkulesaufgabe«

Der Blick in die Zukunft ist trotz aktuell vieler Unwägbarkeiten optimistisch: Mit dem Aufheben der Beschränkungen können Unternehmen unabhängig von staatlichen Unterstützungsleistungen wirtschaften, was in ihrem ureigenen Interesse liegt. »Diesen zweiten Teil der Herkulesaufgabe werden wir abermals gut zu Ende bringen«, ist sich Drognitz sicher, »mit weiterhin großem Engagement der Mitarbeiter und der tatkräftigen Unterstützung der Bayerischen Staatsregierung, insbesondere mit dem Bayerischen Wirtschaftsministerium hat sich eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit entwickelt.«

IHK-Service zu den Wirtschaftshilfen

Weitere umfassende Infos auf den IHK-Ratgeberseiten zur Überbrückungshilfe, den Corona-Wirtschaftshilfen und der Schlussabrechnung der Coronahilfen.

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