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Nachfolgelösung – Stephanie Moßbacher (l.) führt die Geschäfte mit Andrea Sonnberger, die sich Ende des Jahres zurückzieht

Bis die endgültige Entscheidung feststand, vergingen einige Jahre – doch seither läuft der Generationswechsel bei der Byodo Naturkost GmbH rasch und nahezu reibungslos ab. Für familieninterne Klarheit sorgte ein Business Coaching. 

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 03/21

Unternehmertochter, perfekt passende Studiengänge und Praktika: Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als hätte sich Stephanie Moßbacher zielstrebig darauf vorbereitet, die Nachfolge ihres Vaters anzutreten. Doch selbst als die junge Frau nach ihrem Masterstudium ein Trainee-Programm im Familienunternehmen absolvierte, stand für sie noch nicht fest, dass sie die Byodo Naturkost GmbH übernehmen würde. »Mir war es bis zuletzt wichtig, mich erst dann zu entscheiden, wenn ich bereit dafür bin«, sagt die heute 30-Jährige. Insbesondere die Verantwortung für die rund 100 Mitarbeiter, die das Mühldorfer Bio-Unternehmen mittlerweile beschäftigt, empfand sie als große Herausforderung. »Ich wollte auf keinen Fall gleich nach dem Studium als Juniorchefin einsteigen, sondern erst einmal herausfinden, ob ich das will und kann«, erklärt Moßbacher.

Die Rahmenbedingungen waren also klar und die Familie fand einen Weg, den Einstieg der Nachfolgerin ins Unternehmen entsprechend zu gestalten. Um die Übergabe optimal zu begleiten, holte sie sich außerdem professionelle Unterstützung von außen.

Vom kleinen Tofuproduzenten zum Hersteller von Bio-Feinkost

Stephanie Moßbachers Vater Michael zählt zu den Pionieren der Bio-Lebensmittelszene. 1985 gründete er Byodo, um mit biologisch erzeugten Produkten einen kleinen Beitrag zum Erhalt unserer Erde zu leisten. Das Unternehmen entwickelte sich schnell. Gemeinsam mit seiner Lebenspartnerin und Co-Geschäftsführerin Andrea Sonnberger, die Anfang der 1990er-Jahre ins Unternehmen eingestiegen war, baute Michael Moßbacher Byodo vom kleinen Tofuproduzenten zu einem namhaften Hersteller von Bio-Feinkost aus.

Das umfangreiche Sortiment umfasst heute unter anderem Essig und Öl, Senf, Dressings, Pesto, Nudeln, Tomatenprodukte, Reiswaffeln und Zubereitungen für Süßspeisen. Die Produkte werden ausschließlich aus biologisch erzeugten Zutaten hergestellt und über den Naturkostfachhandel vertrieben. Seit 2001 gibt es zudem die Byodo CateringLine mit Bio-Produkten für Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung und Weiterverarbeiter. Das Geschäft hat mittlerweile eine beachtliche Größe erreicht: Insgesamt setzte das Unternehmen 2020 etwa 31,7 Millionen Euro um.

Die Vorbereitung der Nachfolge

Frei aus dem Japanischen übersetzt, bedeutet Byodo »der gemeinsame Weg«. Um herauszufinden, ob dieser Weg auch für sie der richtige ist, startete Stephanie Moßbacher 2016 nach ihrem Bachelor-Studium »Produktmarketing und Projektmanagement für biologische Lebensmittel« und dem Master-Studiengang »Sustainable Marketing und Leadership« im Unternehmen ihres Vaters. Während ihres Studiums hatte sie Praktika in Marketing, Public Relations und Markenmanagement absolviert.

Bei Byodo stieg Moßbacher daher als stellvertretende Marketingleiterin ein und absolvierte anschließend ein internes Management-Trainee-Programm, das ihr Einblick in alle Unternehmensbereiche gab. Anschließend führte Stephanie Moßbacher das Produktmanagement und schließlich den gesamten Bereich Marketing und Produktmanagement. Nach und nach kristallisierte sich für sie heraus, dass ihre berufliche Zukunft bei Byodo liegt.

Übergabe, schrittweise

Im Herbst 2018 übertrug Michael Moßbacher seiner Tochter einen Teil seiner Gesellschaftsanteile; zu seinem 65. Geburtstag Mitte 2019 zog er sich aus der Geschäftsführung in die Rolle des aktiven Gesellschafters zurück. Seit September 2020 ist Stephanie Moßbacher nun offiziell Geschäftsführerin für die Bereiche Einkauf, Marketing/PR, Produkt- und Nachhaltigkeitsmanagement.

Andrea Sonnberger verantwortet den kaufmännischen Bereich, den Vertrieb sowie das Qualitätsmanagement. »Als Nachfolgerin war Steffi schon immer unsere Wunschkandidatin. Dass sie die Idealbesetzung ist, war ihrem Vater und mir vielleicht sogar schon früher bewusst als ihr selbst«, sagt Sonnberger. »Wie in jeder Familie gab es natürlich auch bei uns Diskussionen. Aber unser gemeinsamer Blick auf Byodo ist gleich.« Die unternehmerische Verantwortung mit Stephanie zu teilen, sei ihr nicht schwer gefallen. »Und neuer Input ist immer erfrischend.«

Die Unterstützung von außen

Allerdings veränderte der Eintritt der nächsten Generation in die Führungsverantwortung das bisherige Rollenverständnis der Beteiligten. Die Begleitung des Nachfolgeprozesses durch einen Business Coach, der Erfahrung mit Leadership und Change Management mitbrachte, fand Sonnberger daher sehr hilfreich. Zwei- bis dreimal jährlich beschäftigten sich die drei jeweils zwei Tage lang unter Moderation des Coachs mit Fragen rund um die aktuelle und zukünftige Zusammenarbeit. »Uns war klar, dass wir im Grunde alle das Gleiche wollen«, betont Nachfolgerin Stephanie Moßbacher. »Doch über das Wie gab es durchaus unterschiedliche Meinungen.«

Eine Art Abnabelung

Ihr half das Coaching dabei, weniger emotional zu diskutieren und Verständnis für andere Standpunkte zu entwickeln. »Allerdings war es angesichts der langjährigen Erfahrungen der anderen beiden manchmal schon schwierig für mich, für meine Ideen zu werben.« Der gesamte Prozess der Unternehmensnachfolge sei letztlich auch eine Art Abnabelung gewesen.

Sehr viel Zeit, sich an ihre Rolle als Co-Geschäftsführerin zu gewöhnen, hat die Nachfolgerin allerdings nicht: Andrea Sonnberger plant, Ende 2021 auszuscheiden. Stephanie Moßbacher traut sich längst zu, die Geschäfte allein zu leiten – unterstützt von einem starken Team aus vier Bereichsleitern. Als strategische Sparringspartner stehen ihr Vater und Andrea Sonnberger bereit. »Wir sind schließlich beide nicht aus der Welt«, sagt Sonnberger. »Wenn wir gebraucht werden, sind wir da.«

IHK-Service: Tipps zur Nachfolge-Planung

Die Firmenübergabe ist eine hochkomplexe Aufgabe, mit der sich Unternehmer auseinandersetzen müssen. Am Anfang stehen persönliche und grundsätzliche Überlegungen,um wichtige Eckpunkte der Übergabe festzulegen. Dabei können die folgenden Fragen helfen. Sie sind ein Auszug aus dem IHK-Merkblatt »Unternehmensführung – Checkliste für Übergeber«. Weitere Tipps und Checklisten ebenfalls auf der Website.

  • Seit wann und aus welchem Grund beschäftigen Sie sich mit der Unternehmensübergabe?
  • Soll der Betrieb erhalten und langfristig gesichert werden?
  • Kommt eine Nachfolge innerhalb der Familie infrage?
  • Soll die Übergabe in Form eines Share-Deals (Verkauf der Gesellschaftsanteile) oder eines Asset-Deals (Verkauf der Wirtschaftsgüter) erfolgen?
  • Ziehen Sie eine Fremdgeschäftsführung in Erwägung und möchten Sie (zunächst) die Firmenanteile behalten?
  • Besteht die Möglichkeit, die Unternehmensnachfolge innerhalb der Belegschaft zu klären?
  • Welche Pläne haben Sie für die Zeit nach der Übergabe?
  • Haben Sie einen Notfallplan für den Fall der unvorhergesehenen Unternehmensübertragung oder eines vorübergehenden Ausfalls?

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