Standortpolitik

Der Pakt wächst

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Umwelt- und Klimaschutz – viele Betriebe engagieren sich

Seit 1995 kooperieren Staatsregierung und regionale Wirtschaft im Umweltpakt Bayern. Jetzt wurde er langfristig um eine Klimakomponente erweitert.

Eva Müller-Tauber, Ausgabe 12/20

Wer seine Kräfte bündelt, kann in der Regel mehr erreichen. Das gilt gerade für solch übergeordneten Ziele wie den Umweltschutz. Vor 25 Jahren haben daher die Bayerische Staatsregierung, das Bayerische Umweltwie Wirtschaftsministerium, der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK), die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw) und der Bayerische Handwerkstag (BHT) den Umweltpakt Bayern initiiert. In diesem verpflichten sich die teilnehmenden Unternehmen zu freiwilligen Umweltschutzaktivitäten über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus. Der Staat wiederum unterstützt die Firmen mit Fördermitteln, Fachinformationen, Publikationen und werbewirksamen Maßnahmen.

»Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammenbringen«

Am 1. Oktober 2020 haben die Projektpartner nun ihre Umweltpartnerschaft, die nach einer fünfjährigen Projektphase ausgelaufen ist, erneut bekräftigt und zudem novelliert. Diese rückt als Umwelt- und Klimapakt jetzt das Thema Klima verstärkt in den Mittelpunkt. »Er bringt Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammen und macht deutlich: Der Wirtschaftsstandort Bayern ist auch der Umweltstandort Bayern«, sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) bei der Unterzeichnung der Kooperation in München, an der die Vorsitzenden der Spitzenverbände der bayerischen Wirtschaft wie auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) teilnahmen.

»Trotz Corona Schutz von Umwelt und Klima nicht vernachlässigen«

Der neue Pakt sei ein Motor für Kreativität und Partnerschaft, so Glauber. »Wir wollen bei den großen Themen der Zukunft gemeinsam vorankommen.« Eine neue Auszeichnung für herausragende Projekte soll zusätzlich für den Schutz von Umwelt und Klima motivieren. »Corona hat auf den ersten Blick die Prioritäten verschoben. Viele Unternehmen sorgen sich um ihre bloße Existenz«, sagte BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl bei der Unterzeichnung. »Dennoch dürfen wir wichtige Zukunftsthemen wie den Schutz von Umwelt und Klima jetzt nicht vernachlässigen.«

Die bayerischen IHKs bauten seit jeher auf Freiwilligkeit und Eigenverantwortung. Ihre Mitverantwortung und das Engagement im Umwelt- und Klimaschutz seien daher selbstverständlich. »Wir freuen uns auf die weitere Fortführung in einem ausgewogenen Pakt – einem Pakt, der Umwelt und Klimaschutz hohe Priorität einräumt und im Sinne eines echten Bündnisses Lösungen gemeinsam mit den Unternehmen umsetzt, ohne ihr Wirtschaften mit neuen Anforderungen und Bürokratie zu erschweren«, so Gößl. Ziel sei es, die erfolgreiche Kooperation und den Dialog zu Themen des betrieblichen Umwelt- und Klimaschutzes dauerhaft zu vertiefen, wichtige Zukunftsfragen gemeinsam anzugehen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Umwelt- und Klimaschutz nachhaltig voranzubringen.

Die Neuerungen

Der neue Umwelt- und Klimapakt knüpft an bewährte Elemente seiner Vorgänger an, unterscheidet sich aber auch deutlich von ihnen. Neben der erweiterten inhaltlichen Ausrichtung ist eine wesentliche Neuerung, dass er jetzt nicht mehr alle fünf Jahre neu bestätigt wird, sondern eine zeitlich unbefristete Partnerschaft ist. »Der neue Pakt ist also eine auf Dauer angelegte Rahmenvereinbarung, in der sich Staatsregierung und Wirtschaft verpflichten, im stetigen Austausch miteinander Umwelt- und Klimathemen gemeinsam zu gestalten«, sagt Sabrina Schröpfer, Umweltreferentin bei der IHK für München und Oberbayern. Künftig werde er alle zwei Jahre evaluiert, gegebenenfalls würden Ziele angepasst.

Zudem gibt es themenspezifische, ergebnisorientierte und zeitlich begrenzte Arbeitsgruppen anstelle von Fünf-Jahres-Arbeitsforen. Damit lassen sich aktuelle Themen des betrieblichen Umwelt- und Klimaschutzes, die Staatsregierung, Verbände sowie Unternehmen einbringen, flexibler und schneller aufgreifen und Lösungsansätze erarbeiten. Zentraler Bestandteil der Umwelt- und Klimapartnerschaft ist ein neuer Internetauftritt, der die Informations- und Beratungsangebote sowie Ideen für die Unternehmen bündeln soll. Eine Best-Practice-Plattform liefert Praxisbeispiele nach Branchen. Diese vermitteln sowohl Hilfestellung als auch Ansprechpartner für Nachahmer.

Thematisch besonders im Fokus stehen Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie Entsorgung und Recycling, der Umgang mit Kunststoff, Flächeninanspruchnahme, Biodiversität und Artenschutz, Umwelttechnologie und Gewässernutzung.

Die Vorteile für Unternehmen jeder Größe

»Durch die Freiwilligkeit kann jeder Teilnehmer selbst entscheiden, wie er das Plus über den gesetzlichen Umweltschutz hinaus realisiert«, nennt IHK-Expertin Schröpfer einen Grund, warum es für Firmen jeder Größe sinnvoll sein kann, sich am Pakt zu beteiligen. Firmen könnten nicht nur mit Umweltpaktlogo, -urkunde und dem Eintrag in der zugehörigen App ihren Einsatz für den Umwelt- und Klimaschutz nach außen hin dokumentieren und so ihr Image und ihre Attraktivität als Arbeitgeber verbessern, »sie profitieren durch die Maßnahmen ganz direkt, etwa durch Kosteneinsparungen im Rahmen von Ressourceneinsparungen«.

Ein Beispiel aus der Praxis: Biodiversitätsprojekt

So wie beispielsweise die Bauer Unternehmensgruppe GmbH & Co. KG in Weilheim. »Indem wir unsere Beleuchtung und Heizung in der gesamten Firmengruppe optimiert und eine Photovoltaikanlage eingebaut haben, konnten wir deutlich Energie einsparen. Heute verbrauchen wir 40 Prozent weniger Gesamtenergie als noch vor zehn Jahren, sodass wir unsere Energiekosten trotz steigender Preise stabil halten können«, erläutert Robert Wittig (39), Leiter Qualitäts-, Energie- und Umweltmanagementsysteme bei der Bauer Unternehmensgruppe.

»Die Selbstverpflichtung hilft dranzubleiben«

Seit 2005 ist das oberbayerische Unternehmen, das 250 Mitarbeiter beschäftigt, beim Umweltpakt Bayern dabei und will auch künftig teilnehmen. »Die Selbstverpflichtung innerhalb des Pakts hilft, am Thema dranzubleiben, und erinnert daran, dass die Unternehmenswerte nicht nur wachstumsgeprägt sind und wir so umweltverträglich wie nur möglich agieren sollten«, so Wittig. Dass Wirtschaftsunternehmen einen großen Einfluss auf die Umweltbelastung haben, lasse sich nicht verleugnen und auch nicht gänzlich verhindern, aber zumindest reduzieren. Wittig: »Ökonomie und Ökologie müssen kein Gegensatz sein.« 

Neue Lackieranlage plus Bienenweide

Das zeigt etwa das Beispiel des Biodiversitätsprojekts, das die Bauer Unternehmensgruppe 2017 auf Vorschlag von Mitarbeitern mit ihren Azubis durchgeführt hat. Den Bau einer neuen Lackieranlage verband sie mit dem Anlegen einer Bienenweide. Dafür nutzte das Unternehmen den Aushub des Baus, um unebene Flächen auf dem Firmengelände auszugleichen. In den torffreien Humus säten die Auszubildenden eine Blumenmischung mit mehrjährige heimischen Blumenarten aus. Das Ergebnis: 600 Quadratmeter leicht zu pflegende Blumenwiese als neuer Lebensraum für Bienen und Insekten, mit der zugleich die Optik des Firmengeländes aufgewertet wurde.

Nebeneffekt: Mitarbeiter sensibilisieren

»Und indirekt haben wir durch diese sichtbare Maßnahme auch unsere Mitarbeiter weiter für das Thema Naturschutz sensibilisiert«, sagt Wittig. Das sei sehr wichtig, so der Experte, »ebenso wie jemand im Unternehmen, der das Thema stetig vorantreibt«. Er hofft, dass Themen wie Biodiversität noch stärker Beachtung finden. »Vielleicht haben wir dann in ein paar Jahren sogar einen Pakt für Nachhaltigkeit in Bayern«, so seine Vision.

Stichwort: Umwelt- und Klimapakt Bayern

Seit 1995 besiegelten die Staatsregierung und die bayerische Wirtschaft erstmals den Umwelt- und Klimapakt. Bis heute wurden in dieser Partnerschaft mehr als 700 Projekte angeschoben
und realisiert, die die unternehmerische Eigenverantwortung stärken und die Umwelt entlasten.
Firmen können durch die Teilnahme mit eigenen Umweltleistungen innerhalb des Pakts sowohl Kosten einsparen als auch ihr Engagement für den Umweltschutz öffentlichkeitswirksam
präsentieren. Sie erhalten Hilfestellungen und Tipps für die Umsetzung von Umweltmaßnahmen in Form von Leitfäden, Checklisten und Praxisbeispielen sowie Fachinformationen über das Infozentrum UmweltWirtschaft (IZU).

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