Klimaschutz | Standortpolitik

Die Klimaziele im Blick

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Energie- und Klimapolitik stellen Unternehmen vor große Herausforderungen

Klimaschutz und Energiewende bleiben für die bayerischen Unternehmen ein zentrales Anliegen. Wie sie die Folgen für ihre Betriebe beurteilen und wo sie besonderen politischen Handlungsbedarf sehen, zeigt das IHK-Energiewende-Barometer Bayern 2021.

Josef Stelzer, Ausgabe 11/2021

Bayerns Wirtschaft kämpft weiterhin mit altbekannten wie neuen Hürden im Zusammenhang mit der energie- und klimapolitischen Entwicklung. Hohe Energie- und Strompreise beeinträchtigen ihre Wettbewerbsfähigkeit, neue klimapolitische Instrumente, wie die nationale CO2-Bepreisung ab 2021, bringen zusätzliche Unsicherheiten mit sich. Im Durchschnitt aller Branchen und Unternehmensgrößen bewerten die Unternehmen 2021 die Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit daher auch mit einem negativen Barometerwert von minus 7,5; der bundesdeutsche Durchschnitt liegt bei minus 6,7.

Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse des IHK-Energiewende-Barometers 2021 in der Auswertung für Bayern. Die IHK stellt mit dem Barometer jährlich die Resultate einer Onlinebefragung unter IHK-Mitgliedsunternehmen vor.

Gefahr für die eigene Wettbewerbsfähigkeit

Knapp 30 Prozent aller befragten bayerischen Unternehmen erkennen in der Energiewende eine Gefahr für die eigene Wettbewerbsfähigkeit und schätzen die Auswirkungen »negativ« oder »sehr negativ« ein. Die meisten Sorgen zu negativen Wirkungen der Klima- und Energiepolitik machen sich Industriebetriebe, da ihre Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu anderen Branchen stark von den energie- und klimapolitischen Entwicklungen abhängig ist. Die vielen offenen Fragen rund um den neuen nationalen Emissionshandel sorgen hier ebenso für Unsicherheiten wie der geplante CO2-Grenzausgleich. Der Grenzausgleichsmechanismus soll Importprodukte, die im Ausland klimaschädlicher als in der EU produziert werden, teurer machen.

Rekordwerte

Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit entstehen nicht zuletzt durch die Strompreise. Gut 60 Prozent aller Befragten – so viele wie noch nie – stellten einen Anstieg ihrer Stromkosten fest. Knapp drei Viertel der Befragten registrierten höhere Energiepreise in den vorangegangenen zwölf Monaten. Ebenfalls ein Rekordwert, der sich in verschiedenen Faktoren, wie Aufholeffekten nach der Pandemie, klimatischen Ereignissen und dem neuen CO2-Preis auf Brennstoffe, begründet.

Obwohl der Preisdruck hoch ist, sind immer mehr bayerische Firmen bereit, für zertifizierten deutschen beziehungsweise regionalen Grünstrom mehr Geld zu bezahlen: Rund 50 beziehungsweise 60 Prozent der befragten Unternehmen machen diese Angabe.

Energieeffizienzmaßnahmen bei 8 von 10 Firmen

Trotz der zusätzlichen Kostenbelastungen und Unsicherheiten bleibt die bayerische Wirtschaft bei Klimaschutz und Energiewende weiterhin engagiert. Wie in den Vorjahren stehen Energieeffizienzmaßnahmen an erster Stelle. Im diesjährigen Barometer geben gut 79 Prozent der Befragten an, sich damit zu befassen oder entsprechende Maßnahmen bereits abgeschlossen zu haben.

In puncto Stromversorgung sind für deutlich mehr als die Hälfte der bayerischen Firmen inzwischen der Aufbau eigener erneuerbarer Versorgungskapazitäten so-wie der Bezug von Ökostrom relevant. Im Wärmesektor rüsten die Betriebe ebenfalls um. Rund 47 Prozent planen den Umstieg auf CO2-ärmere Wärmeerzeuger oder haben entsprechende Maßnahmen bereits umgesetzt. Fast ebenso viele schließen Kreisläufe durch Abwärmenutzung oder planen dies. Damit sind die bayerischen Unternehmen aktiver als vor der Krise und liegen auch im Deutschlandweiten Vergleich vorn.

CO2-Fußabdruck im Blick

Auf eher wenig Zustimmung stößt die neue Carbon-Leakage-Verordnung im Rahmen des nationalen Emissionshandels, durch die sich nur rund jedes zehnte Unternehmen in Bayern (eher) ausreichend entlastet sieht. Die Verordnung soll verhindern, dass für bestimmte Branchen wegen des CO2-Preises Wettbewerbsnachteile entstehen und sie deshalb womöglich ins Ausland abwandern.

Eigenen CO2-Fußabdruck kennen

Gleichwohl treibt die bayerische Wirtschaft ihre Aktivitäten rund um Energiewende und Klimaschutz voran. Dazu gehört die wachsende Ambition, sich mit dem eigenen CO2-Fußabdruck zu befassen und dabei Potenziale für betriebliche Energie- und Klimaschutzmaßnahmen, etwa im Fuhrpark oder bei der Strom- und Wärmeversorgung, zu identifizieren sowie Erfolge zu dokumentieren.

Ergebnis der aktuellen Befragung: Ein beachtlicher Anteil der Unternehmen kennt den eigenen Fußabdruck schon. Acht Prozent der Betriebe bilanzieren bereits auf Scope-3-Niveau, ein weiteres Fünftel hat dies vor. Zudem wollen 45 Prozent klimaneutral werden. Dabei sehen 60 Prozent den Zusatzaufwand, der mit der Anfertigung einer umfassenden Bilanz einhergeht, als größte Herausforderung. Gut die Hälfte der Befragten zögern, weil schlicht die nötigen finanziellen und personellen Ressourcen fehlen.

Stromnetzausbau elementar

An welchen Stellen sollte die Politik bei der Strom-, Wärme- und Verkehrswende in der Wirtschaft helfen? Wie schon in den vorangegangenen Jahren sehen die Unternehmen beim Stromnetzausbau die größten energiepolitischen Baustellen. Die weitaus meisten wünschen sich schnellere Genehmigungsverfahren beim Ausbau der Übertragungsnetze und allgemein ein stärkeres Einstehen der Politik für Beschlüsse zum Stromnetzausbau. Zwei Drittel sprechen sich gegen strengere gesetzliche Vorgaben in der Energieeinsparung aus, 60 Prozent sind gegen die verpflichtende Installation von Solaranlagen auf Dächern.

Beim Thema Verkehrs- und Wärmewende setzt eine klare Mehrheit auf Marktmechanismen, fast ebenso viele sind gegen Technologieverbote. Rund 64 Prozent lehnen eine Verpflichtung zur energetischen Sanierung bestehender Gebäude ab. Grundsätzlich sieht die bayerische Wirtschaft die Politik in der Pflicht, die Umsetzung der Klimaziele im Blick zu behalten. Drei Viertel der Betriebe wünschen sich von der neuen Bundesregierung in dieser Hinsicht jedenfalls mehr Einsatz.

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