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Der Ausnahme-Hotelier

Schloss Elmau ©
Mit viel Freude am Ausprobieren und Verändern – Dietmar Müller-Elmau, Chef von Schloss Elmau

Nach einem Großbrand baute Dietmar Müller-Elmau das Schlosshotel Elmau zu einem Spitzenresort aus. Dabei setzt er auf viel Freiraum und Individualität – für Gäste und Mitarbeiter.

Harriet Austen, Ausgabe 02/2022

Drei Ländern fühlt sich Dietmar Müller-Elmau, Geschäftsführer der Schloss Elmau GmbH, besonders verbunden: Indien, Israel und Amerika. »Dort ist die Wertschätzung individueller Freiheit stark ausgeprägt«, erklärt er.

Das Streben nach Freiheit und Individualität zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben, ist Ziel und Maßstab für alles, was er anpackt. Auch im Fünf-Sterne-Superior-Hotel Schloss Elmau setzt der Unternehmer sein Ideal konsequent um: »Die Gäste werden nicht in ein Korsett gezwungen.« Vielmehr hätten sie auf dem großen Gelände und in den zwei stilistisch gegensätzlichen Hotelgebäuden zahlreiche Alternativen und Möglichkeiten, sich zurückzuziehen.

 »Jeder kann so sein, wie er ist«

Auch seinen 320 Mitarbeitern lässt der Unternehmer größtmöglichen Freiraum. »Jeder kann so sein, wie er ist«, ermutigt der Hotelchef seine Angestellten. Sie dürfen in ihrem Bereich selbst entscheiden, kreative Ideen einbringen, Fehler machen, daraus lernen.

Er selbst versteht sich als Coach und macht mit diesem Führungsstil gute Erfahrungen: »Wir wollen uns ja ständig verbessern und erneuern.« Nicht nur, weil Müller-Elmau sich von Wettbewerbern abgrenzen möchte, sondern vor allem, weil er selbst Freude am Ausprobieren und Verändern hat.

Einmaliges Resort vom »Anti-Hotelier«

Eigentlich hat der studierte Betriebswirt, Philosoph und Computerfachmann nach eigenen Aussagen keine Ahnung von Hotels, nennt sich sogar einen »Anti-Hotelier«. Dennoch gelang es ihm, ein einmaliges Resort zu schaffen, das Gäste aus aller Welt beherbergt, das Tagungsort des G-7-Gipfels war und bald wieder sein wird und mit jährlich über 200 Konzerten, Lesungen, politischen Debatten und Vorträgen prominente Künstler, Intellektuelle und Wissenschaftler anzieht. »Ein derart reichhaltiges Angebot gibt es nirgendwo sonst«, sagt Müller-Elmau und liefert den Grund gleich mit: »Man kann Individualität und Tradition nicht kopieren. Sie sind die DNA unserer Familie.«

Schloss Elmau gilt heute als kultureller Mittelpunkt zwischen Garmisch und Innsbruck. Der Weg dahin war lang und steinig. Müller-Elmau erinnert sich an eine bedrückende Kindheit in dem düsteren Schlosshotel, das zwar »für die Musik und Kultur gebaut worden war«, jedoch mit seiner weltentrückten Atmosphäre für den Jugendlichen eher Zwang und Druck bedeutete. Er nahm sich vor, niemals Hotelier zu werden, interessierte sich eher für Philosophie, lebte in Indien, Israel und New York, wo er seinen Master in Computer Science machte.

Software finanzierte den Neustart

Geldmangel trieb den damals dreifachen Vater schließlich dazu, sich mit Softwarelösungen selbstständig zu machen. Der Auftrag eines Schwarzwälder Hotels brachte den Durchbruch. Müller-Elmau entwickelte eine Hotelsoftware, die bald so gefragt war, dass er mit seiner Fidelio Software GmbH Weltmarktführer wurde. In den zehn Jahren als Softwareunternehmer war er mit 40 Tochtergesellschaften global erfolgreich, lernte das internationale Business kennen und nahm zuletzt durch den Verkauf der Firma 55 Millionen Mark ein, »die mir ermöglichten, Schloss Elmau zu übernehmen«.

Geplant war das nicht, doch sein Vater drängte ihn dazu. Die Lage war kritisch. Die Banken verweigerten neue Kredite, die Gäste blieben weg. Als neuer Geschäftsführer griff Müller-Elmau eisern durch, sanierte und modernisierte das Anwesen, schaffte zum Leidwesen der Stammgäste Morgentanz und Gemeinschaftszwang ab und etablierte ein weltoffenes, politisch engagiertes Hotel.

Im Grunde für sich selbst gebaut

»Das war aber immer noch nicht mein Elmau«, sagt der Unternehmer. Denkmalschutz und eine zerstrittene Familie engten ihn ein, bis ein Großbrand 2005 zwei Drittel aller Zimmer zerstörte. Müller-Elmau sah seine Chance gekommen: einen völligen Neubau nach seinen eigenen Vorstellungen. »Ich hatte alle Freiheiten«, freut er sich. Er ließ vor der spektakulären Kulisse des Wettersteingebirges ein sogenanntes Luxury Spa Retreat & Cultural Hideaway errichten: mit sechs Spas, fünf Pools, acht Restaurants, Buchhandlung, Bibliothek und einem legendären Konzertsaal. Ein wenig provokant meint der 67-Jährige: »Schloss Elmau habe ich nicht für die Gäste gebaut, sondern für mich. Ich bin Gast in meinem eigenen Hotel, ich lebe hier und muss mich hier wohlfühlen.«

Zu seinem Glück trifft er dabei den Geschmack seiner Gäste: Das vielfach ausgezeichnete Luxusresort ist derart begehrt, dass es fast immer ausgelastet ist.

Zur Person: Dietmar Müller-Elmau

Dietmar Müller-Elmau, Jahrgang 1954, studierte BWL, Philosophie und Theologie in München sowie Computer Science in den USA. 1986 gründete er die Fidelio Software GmbH in München, die sich auf Hotelsoftware spezialisierte. 1996 verkaufte er das Unternehmen an Micros Inc., übernahm auf Bitten seines Vaters das 1916 gegründete Hotel Schloss Elmau und sanierte es mit dem Verkaufserlös. Seitdem lebt und arbeitet Müller-Elmau dort als Mehrheitseigner und geschäftsführender Gesellschafter.

2005 zerstörte ein Großbrand die meisten Gebäude; zwei Jahre später konnte das fast vollständig neu gebaute Spitzenhotel wiedereröffnen (Umsatz 2019: 34 Millionen Euro). Dietmar Müller-Elmau ist verheiratet und hat sechs Kinder.

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