Mobilität | Standortpolitik

Auftrieb für alternative Antriebe

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Für lange Touren geeignet – Wasserstoff-Lkw

Mit einem großzügigen Förderprogramm unterstützt der Bund die Anschaffung von Elektro- und Brennstoffzellen-Lkw sowie den Aufbau von Ladeinfrastruktur. Für manche Unternehmen kann der Umstieg auf alternative Nutzfahrzeuge damit attraktiver werden.

Stefan Bottler, Ausgabe 11/2021

Bei der Adelholzener Alpenquellen GmbH hat Nachhaltigkeit Tradition. Weit früher als viele Wettbewerber hat der Mineralbrunnen ein umweltfreundliches Gebindekonzept entwickelt, das die Wiederverwendbarkeit von Mehrwegflaschen und das Recyclingpotenzial von Einwegflaschen optimal nutzt. Auch bei Geschäftspartnern sieht Adelholzener Nachhaltigkeit gern. Im Fokus stehen die rund 130 Lkw von Getränkegroßhändlern und anderen Distributionspartnern, die täglich am Werk im Chiemgau vorfahren.

Man könne sich für die Zukunft gut Anreize vorstellen, auf Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge umzusteigen, heißt es aus dem Unternehmen. Weil gewerbliche Verkehre vergleichsweise hohe Emissionen erzeugen, setze jeder Partner bereits dann ein Zeichen für mehr Nachhaltigkeit, wenn er lediglich einzelne Fahrzeuge austausche.

Förderprogramm »Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur« (KsNI)

Solche Überlegungen dürften derzeit Auftrieb erhalten durch das Förderprogramm »Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur« (KsNI) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Stichwort unten). Mit rund 1,6 Milliarden Euro will der Bund den Umstieg auf Nutzfahrzeuge, die mit Batterien oder Brennstoffzellen betrieben werden, bis 2024 unterstützen. Weitere fünf Milliarden Euro stehen für den Auf- und Ausbau der Tank- und Ladeinfrastruktur bereit. Das »Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz«, das der Bundestag im Juni 2021 beschlossen hat, bildet die gesetzliche Grundlage für das Förderprogramm. Die EU hat es bereits genehmigt.

Die Fördersätze von bis zu 80 Prozent für Investitionen in Tank- und Ladesäulen sowie für Mehrinvestitionen in Lkw sind bewusst großzügig kalkuliert. Wer heute auf alternative Antriebe umsteigen will, muss schließlich mit bis zu viermal höheren Anschaffungskosten kalkulieren als bei konventionellen Fahrzeugen. Ist keine standortnahe Infrastruktur vorhanden, fallen zusätzliche Ausgaben für Elektro- oder Wasserstoffladesäulen an. »Jeder Flottenbetreiber sollte prüfen, ob er dieses Programm für den Austausch seiner Nutzfahrzeuge in Anspruch nehmen möchte«, empfiehlt IHK-Referatsleiter Korbinian Leitner.

E-Lkw zumindest in Kleinserien

Auch im Nutzfahrzeugmarkt ist das Ende des Verbrennermotors eingeläutet. Voraussichtlich ab 2040 werden Daimler, MAN, Scania und andere Hersteller keine Diesel-Lkw mehr herstellen können, wenn sie 2050 wirklich klimaneutral sein wollen, wie es der Green Deal der EU vorsieht. Das Angebot an Trucks mit alternativen Antrieben ist entsprechend gewachsen.

Gegenwärtig dominieren zwar noch Newcomer wie die Framo GmbH den Markt; das thüringische Unternehmen rüstet konventionelle MAN-Lkw auf Elektroantrieb um. Mittlerweile fertigen aber auch alle europäischen Fahrzeughersteller E-Lkw zumindest in Kleinserien. So hat MAN eine elektrische Version des mittelschweren Klassikers TGM entwickelt. Spätestens 2024 will der Münchner Hersteller die Serienproduktion aufnehmen.

Die meisten Elektro-Lkw haben Reichweiten von bis zu 200 Kilometern und müssen bei leerem Akku mindestens eine Stunde lang für die Weiterfahrt geladen werden. Solche Fahrzeuge sind vor allem für regionale Verteiler- und Zustellverkehre mit festen Anfahrts- beziehungsweise Abfahrtsorten geeignet, an denen sie jede Nacht aufgeladen werden.

Nutzfahrzeug problemlos an öffentliche Ladestationen anschließbar

Mit einem derartigen Konzept hat die Augustiner-Bräu Wagner GmbH Erfolg. Das Münchner Traditionsunternehmen setzt einen Framo-Lkw für Verteilerverkehre zu Gastronomiebetrieben in der Landeshauptstadt ein. »Mit seinem lärmarmen Betrieb ist dieses Fahrzeug auch gut für Verkehre nach Feierabend oder am Wochenende geeignet«, sagt Gesamtlogistikleiter Peter Scholz (44). Als Vorteil wertet er auch, dass das Nutzfahrzeug problemlos an öffentliche Ladestationen angeschlossen werden kann. Allerdings müssten entsprechende Ladepausen in die Tourenplanung integriert werden, was nicht immer einfach sei. Andere Anwender setzen deshalb E-Trucks ausschließlich auf festen Routen zu Produktionsstandorten, Logistikzentren und Verladeterminals ein.

Ein Beispiel ist die BMW AG. Seit Ende 2017 fahren die Logistikunternehmen Scherm Gruppe aus Karlskron und ARS Altmann AG aus Wolnzach für den Autokonzern jeden Werktag per E-Lkw Rundläufe im Großraum München und sparen jährlich bis zu 82 Tonnen CO2 ein.

Brennstoffzellenantriebe: kaum öffentliche Infrastruktur für die Betankung

Gerne würden BMW und andere verladende Unternehmen auch auf Fernstrecken Projekte mit alternativen Antrieben starten. Für derartige Touren sind Brennstoffzellenantriebe, die elektrische Energie aus Wasserstoff erzeugen, nach einhelliger Meinung besser geeignet. Solche Lkw existieren in Europa erst als Prototypen und Testfahrzeuge. Die ersten Einzelfertigungen beziehungsweise Kleinserien beispielsweise von Framo sollen demnächst anlaufen. Allerdings ist bislang kaum öffentliche Infrastruktur für die Betankung vorhanden.

Georg Dettendorfer, Geschäftsführer des gleichnamigen Logistikunternehmens in Nußdorf am Inn, will dies ändern. In Zusammenarbeit mit der Tiroler Wasserkraft AG (TIWAG) plant er die Eröffnung von zwei Wasserstofftankstellen an den Stationen der unternehmenseigenen Inntaler Standorte sowie eine Wasserstoffverladestation für externe Tankstellen. Außerdem will er in einem Cluster Unternehmen zusammenführen, die in Brennstoffzellentechnologie investieren. »Wir planen mittelfristig mit mindestens fünf Jahren«, sagt der Unternehmer. Dann wollen auch die Lkw-Hersteller die Serienproduktion von Wasserstoff-Trucks aufnehmen.

IHK-Service: KsNI fördert bis zu 80 Prozent

Das Förderprogramm »Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur« (KsNI) übernimmt bis zu 80 Prozent der Mehrkosten, die beim Wechsel auf alternative Antriebe anfallen. Der Aufbau einer Tank- und Ladeinfrastruktur wird mit bis zu 80 Prozent unterstützt. Auch geleaste und gemietete Lkw können gefördert werden. Für saubere Busse gibt es ein eigenes Programm mit vergleichbaren Fördersätzen. Anträge nimmt das Bundesamt für Güterverkehr entgegen: www.bag.bund.de

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