Marion Vogel ©
Mit der Schwalbe ins Büro – GOVECS-Gründer Thomas Grübel

Europas führender Hersteller von Elektrorollern stammt aus München. Gründer und Geschäftsführer Thomas Grübel will mit der GOVECS AG den Wandel der Mobilität in den Städten vorantreiben.

Harriet Austen, Ausgabe 07/2021

Elektrisch unterwegs

Für Thomas Grübel gibt es nichts Schöneres, als in einem Café zu sitzen und einen seiner Roller vorbeifahren zu sehen. »Es sind die Kleinigkeiten, die einen antreiben«, meint der Gründer und Geschäftsführer der GOVECS AG, der nachhaltige Lösungen für die urbane Mikromobilität entwickeln will. Auf seinen Elektrorollern sind Sharing-Plattformen, Lieferdienste, Firmenmitarbeiter und zunehmend auch Privatleute in ganz Europa unterwegs.

Einer der erfolgreichsten Coups des 51-Jährigen war die Einführung des Kultrollers Schwalbe, mit dem er seit 2017 den Privatkundenmarkt aufrollt – ein Geschäftsbereich, der zunehmend an Akzeptanz gewinnt. »Hier spielen Emotionen eine große Rolle«, sagt Grübel. Er fährt selbst mit der Schwalbe ins Büro und kennt »die Lust, elektrisch unterwegs zu sein – ein unvergleichlicher Fahrspaß«.

Unternehmer von Anfang an

Grübel war immer schon Unternehmer: Mit 19 Jahren betrieb er ein Sportgeschäft in München. 1998 ging er nach Hongkong, wo er in den Lizenzrechtehandel für Spielzeug einstieg. Da er »nicht nein sagen kann«, wie er meint, nahm er nebenbei den Auftrag an, einen Tretroller zu elektrifizieren. Grübel fand, »da könnte ein Business draus werden«, und gründete die Firma e-max in Hongkong, mit der er Elektromotoren in Benzinroller einbaute. Auf Dauer wollte der Unternehmer aber nicht in Asien bleiben. Nach neun Jahren kehrte er nach München zurück und konzentrierte sich auf die Entwicklung und Produktion von Premium-E-Rollern für den europäischen Markt.

»15.000 Sharing-Roller in Europa unterwegs«

Seine Freunde würden ihn als verrückten Unternehmer sehen, der nicht aufgeben will, sagt Grübel. Er selbst bezeichnet sich lieber als unverbesserlichen Optimisten, den nur eines antreibt: Geld verdienen mit vernünftigen Mobilitätslösungen nach neuestem technologischem Standard. Weil es anfangs noch keinen Privatkundenmarkt für seine Produkte gab, startete Grübel mit dem Firmengeschäft (B2B) und vertrieb seine E-Roller, die er in einem Werk in Breslau produzieren lässt, an Sharing- und Lieferfirmen. »Derzeit sind über 15.000 Sharing-Roller von uns in Europa unterwegs«, sagt er stolz.

Die Schwalbe zieht

»Im Hinterkopf hatte ich immer das B2C-Geschäft«, sagt Grübel. Der Absatz beim Verkauf an Konsumenten sei auf lange Sicht stabiler. Den Markteintritt schaffte er mit einem geschickten Schachzug: Er suchte in Deutschland gezielt nach alten Marken mit positivem Image – und stieß auf die legendäre Schwalbe, ein Kleinkraftrad der DDR, das von Simson in Suhl bis in die 1980er-Jahre über 1,5 Millionen Mal produziert worden war. Mit einem langfristigen Vertrag sicherte er sich die Namensrechte. »Ohne Schwalbe hätte es uns im Privatkundengeschäft nicht gegeben«, meint Grübel.

Ein Viertel Privatkundengeschäft

Der charmante Roller findet immer mehr Fans. Trug das Konsumentengeschäft lange knapp zehn Prozent zum Umsatz bei, erreicht es nun bereits 20 bis 25 Prozent. Die Diskussion um Nachhaltigkeit und Klimawandel sowie die staatliche Förderung der E-Mobilität nutzen dem Münchner Mittelständler (230 Mitarbeiter, 25 Millionen Euro Umsatz 2019) und treiben die Nachfrage an. »Wir brauchen den Wechsel«, ist Grübel vom Sinn seiner Premiumroller überzeugt. Damit die Menschen die Möglichkeit haben, etwas zu verändern, »wollen wir ein besonderes, gutes und smartes Produkt anbieten, bei dem man nicht allein gelassen wird«.

GOVECS bezeichnet sich als einzigen E-Roller-Hersteller, der in Deutschland über ein eigenes Servicenetzwerk verfügt. Die Werkstätten stehen auch Kunden anderer Hersteller offen. Darüber hinaus betont Grübel immer wieder, »dass wir als Technologieunternehmen gesehen werden wollen«. Sämtliche Antriebskomponenten werden von eigenen Ingenieuren entwickelt, alle Modelle sollen Apps und eine Connectivity-Box bekommen und mit der Cloud verbunden werden. »Damit können wir auf Marktanforderungen besser reagieren.«

Umsatzflaute für Infrastrukturverbesserungen genutzt

Schwarze Zahlen schreibt das Unternehmen zwar noch nicht, dieses Ziel musste wegen Corona um zwei bis drei Jahre verschoben werden. Zum Glück spielten die Geldgeber mit: »Investoren mit Weitblick«, lobt Grübel. Der Umsatz ist 2020 um 70 bis 80 Prozent eingebrochen, vor allem wegen der Flottenstilllegungen auf dem Sharing-Markt. Doch der Unternehmer nutzte die Flaute: »Wir haben stark an unserer Infrastruktur gearbeitet, Mitarbeiter eingestellt und vieles schneller umgesetzt«, so Grübel. Dadurch sei es gelungen, »das Unternehmen auf stabilere Beine für die Zukunft zu stellen«.

Zur Person Thomas Grübel

Thomas Grübel, Jahrgang 1969, machte sich gleich nach seiner Ausbildung als Großhandelskaufmann im Sport- und Spielzeugbereich selbstständig. Während seiner Zeit in Hongkong beschäftigte er sich zum ersten Mal mit emissionsfreien Rollern.

Nach neun Jahren verkaufte er seine Firma e-max, kehrte nach München zurück und gründete 2009 GOVECS GmbH (seit 2018 AG), heute europaweiter Marktführer im E-Roller-Segment. Beliefert werden im B2B-Bereich vor allem Sharing-Plattformen und Delivery-Dienste; 2017 trat GOVECS mit dem E-Roller Schwalbe in das Privatkundengeschäft ein. Grübel ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Verwandte Themen