Elektrogeräte - nur mit CE-Zeichen: Wichtige News zur RoHS-Richtlinie
Die RoHS-Richtlinie betrifft Elektro- und Elektronikgeräte jeglicher Art – und damit viel mehr Betriebe als zuvor. Alles Wissenswerte zum CE-Zeichen hier.
Eva Müller-Tauber, Ausgabe 10/20
Gut ein Jahr ist die Schonfrist bereits vorbei. Seit dem 21. Juli 2019 müssen Unternehmen die Vorgaben aus der RoHS-Richtlinie (2011/65/EU, umgangssprachlich »RoHS 2«) umsetzen. Doch noch immer herrscht Unsicherheit. Manche Firmen wissen nicht einmal, dass sie von dieser Richtlinie betroffen sind. »Unklarheit besteht zudem häufig hinsichtlich Aktualität und Umfang der Stoffangaben. Unternehmen fürchten, eine unzureichende Dokumentation ihrer Lieferanten könne ihr Qualitätsmanagement negativ beeinflussen«, sagt Sabrina Schröpfer, Umweltreferentin bei der IHK für München und Oberbayern. »Im Gegenzug dazu finden viele Händler oder Hersteller, dass ihre Lieferanten unnötigerweise übermäßig viele Informationen einfordern«. Um Klarheit zu schaffen, hier eine Übersicht der zentralen Punkte rund um RoHS:
Was soll die RoHS-Richtlinie bewirken?
RoHS steht für »Restriction of Hazardous Substances« – »Beschränkung der Verwendung gefährlicher Stoffe«. Ziel ist es, durch Höchstwertgrenzen den Anteil besonders gefährlicher Stoffe wie Schwermetalle (etwa Blei oder Chrom (VI)) und von Substanzen wie bestimmten Weichmachern, in Elektro- und Elektronikgeräten weitmöglichst zu verringern. »Dabei geht es weniger um die direkte Gefahr für die Verbraucher – die ist kaum gegeben –, sondern darum, die Umwelt durch die Entsorgung sowie die Beschäftigten in den Abfallbehandlungs- und Recyclingbetrieben möglichst wenig mit diesen Substanzen zu belasten«, erläutert Frank Vilsmeier vom Gewerbeaufsichtsamt der Regierung Niederbayern, die für den Vollzug von RoHS in ganz Bayern zuständig ist.
Die Richtlinie, die in Deutschland mit der ElektroStoffVerordnung (ElektroStoffV) umgesetzt wurde, soll zudem fairen Wettbewerb herstellen. Es gelte, nichtkonforme Billigprodukte aus dem Verkehr zu ziehen, die nach kurzer Lebenszeit im nächsten Mülleimer und damit auf dem falschen Abfallweg landen, was zu diffusem Stoffeintrag in die Umwelt führen kann, so Vilsmeier.
Welche Produkte umfasst RoHS?
Während die alte RoHS-Richtlinie (2002/95/ EG) nur bestimmte Geräte betraf, bezieht sich die Nachfolgerichtlinie bis auf wenige Ausnahmen auf alle Elektro- und Elektronikgeräte. Darunter fällt jedes Gerät, das mindestens in einer seiner Funktionen von elektrischem Strom oder elektrischen Feldern abhängig ist. »Das gilt auch dann, wenn elektrischer Strom nicht die Hauptenergiequelle des Geräts ist, also nicht nur für Haushaltsgeräte, IT-Geräte, Beleuchtungskörper und so weiter, sondern auch etwa für einen Gasherd mit elektrischer Uhr, für Schuhe mit Lichteffekten, für E-Zigaretten oder einfache Verlängerungskabel«, betont Vilsmeier.
Was hat es mit der CE-Kennzeichnung auf sich und wer muss sie vornehmen?
Damit die festgelegten Grenzwerte erreicht werden können, nimmt die ElektroStoffV vor allem Hersteller von Elektro- und Elektronikgeräten im gesamten Produktionsprozess bei der Produktverantwortung in die Pflicht. So müssen diese jedes fertige Gerät mit dem CE-Zeichen versehen. Damit erklären sie, dass das Produkt mit den Anforderungen der RoHS-Richtlinie übereinstimmt. Sie müssen in diesem Zusammenhang vorher zumindest
- ein Konformitätsbewertungsverfahren durchführen (mindestens nach Modul A gemäß Beschluss Nr. 768/2008/EG interne Fertigungskontrolle),
- technische Unterlagen erstellen (hilfreich ist hierbei die harmonisierte Norm DIN EN ISO 50581 oder EN IEC 63000)
- und eine EU-Konformitätserklärung ausstellen.
Zudem müssen Hersteller die technischen Unterlagen sowie die EU-Konformitätserklärung zehn Jahre ab dem Inverkehrbringen des letzten Produkts aufbewahren und für Behörden bereithalten. Ihre Produkte müssen durch eine Typen-, Chargen-, Seriennummer oder ein anderes Kennzeichen eindeutig identifizierbar sein.
Was bedeutet »fertiges Gerät«?
»Es handelt sich um ein Gerät, das in der abschließenden Form an den Endnutzer geht. Das kann auch ein Bestandteil mit eigener Funktion sein, etwa LED-Lampen oder eine Platine, die im Geschäft an Verbraucher vertrieben wird, die selbst an ihren Computern herumschrauben«, erklärt Vilsmeier. Auch diese Geräte müssen CE-gekennzeichnet werden. Produzenten einzelner Komponenten, die in der Form nicht beim Endnutzer landen, sondern verbaut werden, brauchen keine Konformitätserklärung zu verfassen.
Wann muss ein Vorlieferant Angaben zur Einhaltung der Stoffbeschränkungen nach RoHS machen?
Wenn ein Vorlieferant keine Endprodukte liefert, braucht er dem Kunden – in diesem Fall dem Hersteller – nur auf Nachfrage Auskunft zu geben. »Dieser muss sich als Verantwortlicher die Informationen von seinen Zulieferern holen«, erläutert Vilsmeier. In der Praxis ist der Hersteller darauf angewiesen: Er kann nicht für jedes verwendete homogene Material – also jedes einzelne Material eines Produkts, das sich nicht weiter mechanisch von anderen Materialien trennen und in weitere einzelne Werkstoffe zerlegen lässt – eigene Materialprüfungen durchführen. »Daher muss er die Konformität der verwendeten Materialien in Zusammenarbeit mit den Zulieferern sicherstellen«, so Vilsmeier.
Wie sollten Hersteller und Lieferanten vorgehen, um die Konformität zu belegen?
Ein solches Verfahren wird in der Norm DIN EN ISO 50581 oder deren Nachfolgenorm DIN EN IEC 63000 beschrieben. Im Ergebnis kommt es auf die Verlässlichkeit des Zulieferers und die Wahrscheinlichkeit an, dass sich in dem jeweils bezogenen Produkt Gefahrstoffe befinden könnten. Werden Produkte mit geringem Materialrisiko von einem als zuverlässig bekannten Lieferanten bezogen, genügt eine sogenannte einfache Zulieferererklärung, mit der dieser bestätigt, dass er die Grenzwerte der RoHS-Richtlinie einhält. Ebenso ist es möglich, sich als Hersteller vertraglich abzusichern, etwa über die Angabe in der Bestellung und die entsprechende Bestätigung in der Auftragsbestätigung.
Bei weniger zuverlässigen oder bekannten Zulieferern kann eine tiefer gehende Dokumentation der RoHS-Konformität erforderlich werden, konkret in Form einer Materialdeklaration, also einer Aufstellung aller in einem Material verwendeten chemischen Verbindungen, oder in Form von laboranalytischen Testergebnissen.
Was können Unternehmen tun, wenn ihre Lieferanten keine oder unzureichende Angaben machen?
Ein Hersteller muss sich vergewissern, dass RoHS eingehalten wird. Er trägt bei Verstößen die Folgen, zahlt Bußgelder und muss unter Umständen Produkte zurückrufen. Vilsmeier: »Falls Zulieferer nicht kooperativ oder zuverlässig sind, sollte der Hersteller erwägen, seine Komponenten bei anderen Partnern zu kaufen.«
Was sollte ein Hersteller unternehmen, wenn er merkt, dass RoHS-Vorgaben in der Lieferkette nicht eingehalten wurden?
Er muss angemessene Maßnahmen ergreifen, also etwa die jeweils zuständigen Behörden informieren. Hat er nicht nur in Bayern seine Produkte in Verkehr gebracht, sondern beispielsweise auch in Hessen, dann ist die dortige Behörde ebenfalls zu informieren. Gegebenenfalls gilt es, Produkte zurückzurufen beziehungsweise die Produktion zu unterbrechen, bis die RoHS-Konformität hergestellt und belegt ist. »Ist der Hersteller seinen Pflichten intensiv genug nachgekommen, wird auch nicht zwingend ein Bußgeld fällig. Uns geht es insbesondere darum, die Marktteilnehmer zu rechtskonformem Verhalten zu bewegen«, so Vilsmeier.
Was ist zu tun, wenn der Vertreiber, in der Regel der Händler, einen Verstoß bemerkt?
In diesem Fall darf er die Produkte nicht mehr verkaufen und muss die zuständige Behörde, den Hersteller oder gegebenenfalls den Importeur informieren. Denn auch der Händler darf Elektro- und Elektronikgeräte erst abgeben, wenn er sich vergewissert hat, dass der Hersteller die CE-Kennzeichnung und seine weiteren Kennzeichnungs- und Dokumentationspflichten bezüglich RoHS erfüllt hat. »Wenn wir beim Händler nicht nach RoHS gekennzeichnete Produkte finden, nehmen wir nicht gleich alles vom Markt, das wäre unverhältnismäßig«, betont Vilsmeier. »Wir gehen zunächst auf den Ersten in der Lieferkette in Europa zu, um das Problem anzugehen, gegebenenfalls lassen wir das Produkt auch analysieren.«
Wie kann sich ein Importeur und damit Erstinverkehrbringer eines Produkts in Europa absichern?
Der Importeur muss sich vergewissern, dass der Hersteller ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt hat. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob der Hersteller die technischen Unterlagen erstellt und das Elektro- und Elektronikgerät entsprechend RoHS gekennzeichnet hat. Eigene Materialprüfungen können zusätzlich zur Qualitätssicherung dienen. »Eine 100-prozentige Kontrolle aller einzelnen Produkte ist nicht erforderlich«, so Vilsmeier. Der Zoll schaut sich bei der Einfuhr solche Produkte an. Hat er eine starke Vermutung, dass ein Gerät nicht konform ist, weil es etwa keine CE-Kennzeichnung trägt, gibt er es dem Importeur nicht frei.
Was ist mit den zeitlich befristeten Ausnahmen für die Anwendung beschränkter Stoffe nach Anhang III und IV?
Oft ist nicht klar, ob diese zeitlichen Befristungen verlängert werden oder nicht. Unter Umständen kommt auch der Hinweis zu Änderungen sehr spät. Das erschwert Herstellern die Planung des Produktionsprozesses. Vilsmeier rät daher, sich regelmäßig auf der Website der EU zu informieren. Die aktuelle Liste der Ausnahmen einschließlich ihrer Gültigkeit und etwaiger Verlängerungsanträge ist hier abrufbar.
Ausnahmen, für die eine Verlängerung beantragt wurde, bleiben gültig, bis hierüber entschieden wurde. Wird die Ausnahme nicht verlängert, läuft sie erst zwölf bis 18 Monate nach der Entscheidung aus. Ohne rechtzeitigen Verlängerungsantrag endet sie mit Ablaufdatum. Wichtig: Will ein Hersteller eine solche Ausnahme nutzen, muss er dies in seiner technischen Dokumentation darlegen und begründen.