Klimaschutz | Betrieb + Praxis
Findiger Nachwuchs

Effizienter heizen, CO2 -Ausstoß reduzieren, Stromverbrauch optimieren wenn Unternehmen ihre Auszubildenden zu Energie-Scouts weiterbilden lassen, profitieren sie gleich mehrfach.
JOSEF STELZER, Ausgabe 10/2022
Wie lassen sich betriebliche Energieeffizienz verbessern und Einsparpotenziale besser ausschöpfen? Ideen rund um solche Fragen kommen von Auszubildenden, die eine Zusatzqualifikation zum Energie-Scout absolviert haben.
Die Schattdecor AG, Thansau, hat im Vorjahr insgesamt neun Azubis einen Scout-Lehrgang an der Münchner IHK Akademie ermöglicht: Die Zusatzqualifikation umfasst zwei Workshop-Tage, eine dreimonatige Projektphase, in der drei Arbeitsgruppen ihre Vorschläge zum Energiesparen und für Effizienzverbesserungen im Betrieb ausgearbeitet haben, sowie die Dokumentation der Projektergebnisse. Zum Abschluss gab es ein Zertifikat.
»Hochinteressante Vorschläge«
Als Leiter Energiemanagement und Umweltbeauftragter bei Schattdecor, sagt Johann Osterhammer (45) begeistert: »Unser künftiger Fachkräftenachwuchs hat hochinteressante Vorschläge entwickelt, die wir auch umsetzen wollen.« Eines der drei Projektteams hat herausgefunden, wie sich die Photovoltaikanlagen (PV) des oberbayerischen Herstellers von Dekoroberflächen und Folien besser nutzen lassen.
Rund 400 Kilowattstunden Strom jedes Wochenende
»Weil die Einspeisevergütung für den von unseren PV-Anlagen erzeugten Strom relativ niedrig ist, erscheint es nur sinnvoll, dass wir am Wochenende die Energie selbst verwenden, statt sie abzugeben, etwa für die batteriebetriebenen Stapler am Wochenende.« Sie könnten außerhalb der üblichen Betriebszeiten mit selbsterzeugtem Solarstrom aufgeladen werden. Die Azubis haben ausgerechnet, dass durch die Photovoltaikmodule jedes Wochenende rund 400 Kilowattstunden Strom für den eigenen Verbrauch zur Verfügung stehen. Bisher sind zwei PV-Anlagen zur Stromerzeugung auf den Dächern der Firmengebäude montiert, in diesem Monat wird eine weitere in Betrieb genommen.
Anspruchsvolle Vorhaben
Mitgewirkt am Photovoltaikprojekt hat Jana Breu (19), inzwischen ausgebildete Industriekauffrau: »Wir haben viel gelernt zu Fragen rund um Energiesparen, Heizung und Kühlung.« So hat sich herausgestellt, dass die Getränke- und Snackautomaten während der Wintermonate eigentlich keine Kühlung und damit keinen Strom aus dem öffentlichen Netz benötigen. Auch dadurch lässt sich Energie einsparen, was letztlich bei der Energiewende hilft und zur Senkung der betrieblichen CO2 -Emissionen beiträgt.
Osterhammer ist sich sicher: »Die Energie-Scout-Zusatzqualifikation war ein voller Erfolg. Unseren Azubis werden wir eine Teilnahme auch künftig anbieten, egal, aus welcher Fachrichtung sie kommen.«
Besten-Ehrung »Energie-Scout 2022«
Für ihr Engagement und für die Projektdurchführung samt Dokumentation erhielten die Energie-Scouts des Unternehmens viel Anerkennung. Das Schattdecor-Scout-Team sowie weitere Projektgruppen aus Deutschland und Europa wurden Ende Juni im Rahmen der Besten-Ehrung »Energie-Scout 2022« gewürdigt.
Briefdigitalisierung spart 1.550 Euro Portokosten jährlich
Das zweite ausgezeichnete Team aus Oberbayern – ausgewählt von der IHK gemeinsam mit der Workshopleitung der IHK Akademie – kommt vom IT-Service-Unternehmen msg systems AG in Ismaning. Es hat die Briefdigitalisierung am msg-Standort Nürnberg unter die Lupe genommen und eine Vielzahl aufschlussreicher Resultate zutage gefördert. Demnach verursacht der klassische Briefversand mit durchschnittlich 3.400 verschickten Papierseiten pro Jahr Portokosten in Höhe von rund 1.550 Euro – Aufwendungen, die durch den Umstieg auf E-Mails vermeidbar wären.
Hinzu kommt, dass E-Mail-Versand und elektronische Archivierung eine Reduzierung der Aufwandskosten, zum Beispiel für Reisekostenabrechnungen, um etwa 2.400 Euro ermöglichen. Durch weniger Papierverbrauch und niedrigere CO2 -Emissionen könnte der Digitalversand zudem zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit beitragen. Dass beim elektronischen Versand die manuellen Unterschriften fehlen, stellt im Übrigen kein Hindernis dar. Die msg-Scouts heben in ihrer ausführlichen Projektpräsentation hervor, dass eine sogenannte fortgeschrittene elektronische Signatur in den meisten Fällen ausreicht.
Melanie Hiltl (30), die für den Fachkräftenachwuchs zuständig ist, freut sich sichtlich über den Erfolg des 2021 durchgeführten Projekts, an dem zwei Auszubildende und ein dual Studierender teilgenommen haben, alle aus dem Bereich Informatik: »Die Gruppe hat ganz hervorragend gearbeitet und den Nutzen der Briefdigitalisierung herausgestellt.«
Neuer Blick
Dies war eines von sechs Scout-Projekten bei msg. »Die Ergebnisse waren alle sehr spannend, weil Nachhaltigkeit für uns ohnehin mehr an Bedeutung gewinnt«, sagt die Personalexpertin. Sie ist von den Vorteilen des Projekts überzeugt: »Die Azubis bekommen einen ganz neuen Blick auf Energiethemen und lernen zugleich die Geschäftsprozesse im Unternehmen besser kennen.«
Begehrtes Wissen
Die Zusatzqualifikation für Auszubildende zum Energie-Scout hat die Mittelstandsinitiative Energiewende gemeinsam mit den Industrie- und Handelskammern bundesweit 2014 begonnen: Mehr als 10.000 Azubis verschiedener Fachrichtungen haben sich bisher beteiligt und tragen in ihren Ausbildungsbetrieben dazu bei, Energieeinspar- und Energieeffizienzpotentiale zu erkennen, zu dokumentieren und Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Energie-Scout-Projekte anzubieten, macht Unternehmen überdies für Jugendliche attraktiver, weil das Zukunftsthema Klimaschutz greifbar wird.
Der nächste Schulungstermin findet vom 27. bis 28. Oktober 2022 statt.
Weitere Infos und Anmeldung: www.akademie.muenchen.ihk.de – Suchbegriff: »Energie-Scouts«