Das große Beben

Die Energiekrise verändert die Wirtschaft massiv. Wie ernst die Lage ist, welche Fortschritte es gibt und wo es hakt – eine Reise durch ein Land im Umbruch.
Von Martin Armbruster, IHK-Magazin 03/2023
Burghausen, Hotel Post. Krise? Wutwinter? Davon ist hier nichts zu sehen. Wer durch die Gasse In den Grüben schlendert, versteht, warum „Der Spiegel“ von dieser „malerischen Stadt unter grandioser Burganlage“ schwärmt. In der „Street of Fame“ sind die Namen der Jazzmusiker verewigt, die in Burghausen gespielt haben. Der US-Reporter der Website „All About Jazz“ fragte sich, wie es diese 19.000-Einwohner-Stadt schafft, ein Festival von Weltrang auf die Beine zu stellen.
Christine Christ kennt die Antwort gut. Nicht nur ihr Geschäft lebt von der Chemieindustrie. Christ betreibt in Burghausen drei Hotels und den legendär schönen Klostergasthof Raitenhaslach. Ihr Hotel Post liegt im Herzen der Altstadt. Hier gibt es den Krustenbraten vom Strohschwein noch für 13,90 Euro. „Das Geschäft läuft hervorragend. Das hat uns freudig überrascht“, berichtet Christ.
Schmerzhaft hoher Gaspreis
Nur der steigende Gaspreis tut ihr weh. Auf der österreichischen Seite, in ihrem Hotel Burgblick, ist es nicht besser: ein Preissprung von zwei auf 16 Cent pro Kilowattstunde (kWh). „Das ist brutal“, stöhnt die Hotelchefin. Ihr Blockheizkraftwerk im Hotel Post kann sie nur mit Gas befeuern. In ihrem Keller hat sie keinen Platz für einen Öltank oder Holzpellets. Solarmodule auf dem Dach wären ideal. „Ich könnte so viel Strom produzieren, ich könnte andere noch mitversorgen“, sagt Christ.
Leider scheitert das am Denkmalschutz. Die Auflagen sind streng, sie haben selbst Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) daran gehindert, sein Ministerium mit einer Solaranlage zu bestücken.
Bürokratie bremst günstigere erneuerbare Energien aus
Hotelchefin Christ fragt sich, wie man es mit so kleinkarierter Bürokratie schaffen will, bis 2030 wie geplant mindestens 80 Prozent des Stroms aus Erneuerbaren zu erzeugen. Und sie fragt sich, was jetzt aus der Industrie in ihrer Heimat wird. Käme der Chemiestandort ins Wanken, wäre Schluss mit der Jazzwoche in Burghausen.
Burghausen, Wacker Chemie. Der Werkleiter bei der Wacker Chemie AG, Peter von Zumbusch, formuliert mit Bedacht. Der Standort Deutschland stünde nicht zur Debatte. „Aber natürlich müssen wir uns als Konzern fragen, wo wir künftig investieren“, schiebt von Zumbusch nach. Wacker ist auch in China und in den USA aktiv. Wer auf GlobalPetrolPrices.com den Strompreis für die Industrie vergleicht, gerät in Atemnot. 46 US-Cent pro kWh in Deutschland versus neun US-Cent in China und knapp 14 Cent in den USA.
Produktionsverlagerung und Investitionsstopp als Ausweg?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) – mit allen ist Wacker im Gespräch. Die Politik weiß also gut, was die Wacker-Werke in den nächsten fünf bis zehn Jahren brauchen: zwei 380-kV-Starkstromleitungen und die Anbindung an den Europäischen Wasserstoff Backbone (EHB), ein Wasserstofftransportnetz aus bestehenden und neuen Leitungen. Aiwanger befürwortet das ebenso wie die Spitzen der Kommunalpolitik. Was die Zusagen wert sind, müsse sich aber erst noch zeigen, meint von Zumbusch. Als unverzichtbar nennt er den Ausbau der Bahnstrecke ABS 38 München–Mühldorf–Freilassing, auf den die Region seit 30 Jahren wartet. Die Standortmängel haben erste Folgen: Wacker hat Projekte verschoben oder in sein Werk im sächsischen Nünchritz verlagert.
Die Lage ist ernst, das sieht man auch im nahen Gendorf so.
Gendorf, Chemiepark. Von der Politik fordert Dominik Gschwendtner vor allem eines: Tempo. Gschwendtner ist kaufmännischer Geschäftsleiter von InfraServ Gendorf, dem Betreiber des Chemieparks Gendorf. Er hält es für alarmierend, wie die Unternehmen auf die Krise reagieren: Produktion werde zurückgefahren, Investitionen verschoben. „Das könnte zu einem Dauerzustand werden“, warnt Gschwendtner.
»Alles, was Energie liefern kann, muss ans Netz«
Er hält es für richtig, dass die Bundesregierung Firmen in Not mit Preisbremsen hilft. Er sagt aber auch: Mit den dafür vorgesehenen 200 Milliarden Euro werde nicht ein Kilowatt mehr Strom erzeugt. „Alles, was Energie liefern kann, muss ans Netz“, fordert der Geschäftsleiter. Und neue Stromleitungen müssten her. Der Strombedarf des Chemiedreiecks werde bis 2030 um 200 bis 300 Prozent steigen. Ohne einen „Planungsturbo“ im Netzausbau sei der Standort akut gefährdet.
Mit dem Standort hadert in der Region nicht nur die energieintensive Chemieindustrie, sondern auch der Mittelstand – zum Beispiel im gut 50 Kilometer weit entfernten Haag.
Haag in Oberbayern, Milchwerk Jäger. Er ist der Chef der ältesten Privatmolkerei Deutschlands, der Milchwerk Jäger GmbH - Hermann Jäger. Eine Inflation von gut acht Prozent wie im Dezember 2022? Darüber könne er nur lachen, sagt Jäger. Man solle sich mal die Preise bei Aldi oder Lidl anschauen, da gebe es Sprünge von 50 bis 100 Prozent. Auch Jägers Produkte haben sich verteuert. Allein der Strom kostet ihn derzeit 200.000 Euro mehr im Monat als vor der Energiekrise.
Nur beim Gas tat sich bisher nichts. Das bekommt Jäger zu einem langfristig garantierten Fixpreis. Könnte aber sein, sagt Jäger, dass seinem Versorger das Gas ausgeht. Dann stünde das Werk still, die Bauern, die ihm zuliefern, müssten ihre Milch in den Gully schütten.
Weiter geht es Richtung Tegernsee, wo die Krise ebenfalls deutliche Spuren hinterlässt.
Gmund, Büttenpapierfabrik. Die Büttenpapierfabrik Gmund GmbH & Co. KG leidet schwer unter den hohen Strompreisen. Geschäftsführer Florian Kohler gibt das offen zu. Die gestiegenen Kosten könne er nur teilweise auf seine Kunden abwälzen. Von den Strompreisbremsen hält er nichts. Die drohten den Staat zu ruinieren und die Inflation anzuheizen. Was Kohler fordert: Atomkraftwerke zwei Jahre lang weiterlaufen lassen.
Etwa 60 Kilometer nördlich geht ein Landwirt das Thema regional an – mit erneuerbarer Energie.
Erneuerbare contra Natur? Kritiker formieren sich
Dorfen, Hof von Georg Brandl. Bayern braucht mehr grünen Strom. Den will Landwirt Georg Brandl liefern. Er plant eine 18 Hektar große Freiflächenanlage für Photovoltaik. Die könnte 4.000 Haushalte, also die halbe Stadt Dorfen, versorgen. Der Stadtrat sagte schon Ja. Nur gibt es kein Netz, in das Brandl seinen Strom einspeisen könnte. Ohne Netz keine Genehmigung. Alles steht »on hold«. Inzwischen formieren sich die Kritiker. Die Landschaft würde verschandelt, Tiere geblendet.
Was also geht voran im Kampf gegen die Energiekrise? Ein Blick auf die Politik in Bayern und im Bund.
München/Berlin. Schlag auf Schlag ging es kurz vor dem Jahresende 2022. In der Woche vor dem vierten Advent starteten die deutschen IHKs ihre Kampagne #WirtschaftBrauchtEnergie; der Bayerische Landtag beschloss das neue Klimaschutzgesetz; Bundestag und Bundesrat verabschiedeten die Gas- und Strompreisbremse, die Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der bayerischen IHKs (BIHK), als schlecht umgesetzt kritisiert. Gute Ziele, schöne Ideen und am Ende ein absurd kompliziertes Regelwerk, bilanziert er.
Was Gößl stört, sind vor allem die planwirtschaftlichen Elemente der Preisbremsen. Wer viel Geld vom Bund bekommt, unterliegt einem Dividenden- und Boniverbot oder muss sich an eine Standortgarantie halten. Die Wirkung hält der IHK-Hauptgeschäftsführer für demotivierend. Das könne dazu führen, dass das Land noch mehr Produktion verliert.
Manche Firmen reagieren mit Verlagerungen ins Ausland. Doch wie kommt ein Betrieb zurecht, der an den Standort gebunden ist? Ein Abstecher nach Erding.
Energieunabhängigkeit sichern
Erding, Therme. Der Geschäftsführer der Therme Erding, Jörg Wund rechnet damit, dass der Spaß für seine jährlich 1.650.000 Gäste ungetrübt weitergeht. Er hat trotz Mehrkosten von 150.000 Euro (Strom) pro Monat die Preise nicht erhöht. Mit „intelligenter Zeitregelung“ für Saunen, Rutschen und Duschen wird Energie gespart. Im Thermenkeller wurde ein Öltank eingebaut, Gas hat er rechtzeitig bis 2024 zum Fixpreis eingekauft. Das Ziel heißt Energieautarkie.
Wund klagt hier über ein jahrelanges Genehmigungsverfahren. Erst kurz vor Weihnachten wurden auf dem Dach des Hotels Victory Solarmodule installiert. Im Endausbau sollen dann über 10.000 Quadratmeter Photovoltaik bis zu 75 Prozent des eigenen Energiebedarfs decken. Was Unternehmer Wund von der Politik fordert: Der Ausbau der erneuerbaren Energien müsse viel schneller und einfacher gehen.
Während die Therme an ihrer Energieunabhängigkeit arbeitet, wird im Erdinger Moos, der nächsten Station, gespart.
Energiesparmaßnahmen und Klimaneutralität forcieren
München, Flughafen. Pressesprecher Edgar Engert macht klar, was die Flughafen München GmbH von der Politik erwartet: „Für uns hat die Versorgungssicherheit oberste Priorität.“ Dies gelte vor allem für die Versorgung mit Erdgas. Laut Engert hat die Fluggesellschaft schon im Juli 2022 einen Sonderstab Energie eingesetzt. Rund 40 Energiesparmaßnahmen wurden umgesetzt – bei Raumheizung, Klimatisierung und Beleuchtung.
Seit 2016 arbeitet das Unternehmen für das Ziel, den Airport von 2030 an klimaneutral zu betreiben. Seit 1. Juni 2021 haben daher die Fluggesellschaften am Münchner Flughafen die Möglichkeit, „grünes Kerosin“ einzusetzen: Nachhaltige Kraftstoffe, Sustainable Aviation Fuels (SAF), können angeliefert, eingelagert und vertankt werden.
Vom Flugverkehr zurück auf die Straße – in die Autostadt Ingolstadt.
Kommunen entwickeln eigene Strategien
Ingolstadt, Rathaus. Der Stadt geht es erfreulich gut. Wirtschaftsreferent Georg Rosenfeld meldet nur einige Schichtausfälle bei Audi wegen Problemen in der Lieferkette. Ein Krisenstab aus Vertretern von Stadt, Energieversorgern und Wirtschaft arbeitet daran, Ingolstadt sicher durch den Winter zu bringen. Auch auf politischer Ebene ist die Stadt aktiv. Sie fordert vor allem vom Bund eine bessere Unterstützung ihrer kleinen und mittleren Unternehmen. „Wir begrüßen die Gas- und Strompreisbremse. Wir haben nur die Sorge, dass das zu bürokratisch ausgestaltet wird und die Hilfen für viele Betriebe zu spät kommen“, erklärt Rosenfeld.
Künftig setzt Ingolstadt ganz auf Wasserstoff. Mithilfe von Bundesmitteln hat man ein Wasserstoffnetzwerk aufgebaut. Die Raffinerien starteten erste Pilotprojekte. Stadtwerke und die Gemeinde Karlshuld planen großflächige Photovoltaik, um grünen Wasserstoff herzustellen. Erstes Einsatzgebiet: Ingolstadts öffentlicher Nahverkehr und Nutzfahrzeuge.
Weiter geht es nach Landshut, wo einmal der Strom aus den Windparks im Nordosten Deutschlands ankommen soll.
»Netzausbau ist das A und O«
Landshut, SuedOstLink. Nach Ansicht von Ina-Isabelle Haffke hilft Bayerns Wirtschaft jetzt nur eines: „Der Netzausbau ist das A und O“, betont die Sprecherin des Netzbetreibers TenneT TSO GmbH. Aber genau das hält Ludwig Hartmann, grüner Oppositionsführer im Bayerischen Landtag, für den wunden Punkt des Systems. Von den bundesweit benötigten 12.000 Kilometern an neuen Stromleitungen sind erst 2.000 gebaut.
Laut Hartmann zeigen sich die Folgen in den Berichten der Bundesnetzagentur. „Die letzten Winter waren alle auf Kante genäht“, kritisiert der Grüne. Die Misere gehe auf das Konto der Bayerischen Staatsregierung. Die habe den Netzausbau völlig verbockt. Detlef Fischer, Chef des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft e.V. (VBEW), sieht das ähnlich. Aber letztlich, sagt Fischer, hätten alle immer nur „stressfreie Lösungen“ verlangt.
Umso größer ist heute der Stress im Netz. Die neuen Gleichstrom-Autobahnen SuedOstLink, SuedOstLink+ und SuedLink, die Bayern mit Windstrom fluten sollen, kommen um Jahre zu spät. „Engpassmanagement“ gehört zur Tagesroutine der Netzbetreiber. TenneT-Sprecherin Haffke erklärt, worum es da geht: Windräder abregeln, wenn es im Norden zu viel Strom gibt; Kraftwerke aus der Reserve hochfahren, wenn im Süden Heizungen und Produktion glühen; Strom beschaffen, um die „Verlustenergie“ auszugleichen. Jeder dieser Schritte kostet Geld. Haffke findet es daher richtig, dass Berlin auch die Netzentgelte mit einem Zuschuss dämpfen will.
Zu wenig Personal für die Energiewende
Die Wende kommt frühestens 2027. Dann wird mit SuedOstLink die erste 2-Gigawatt-Leitung bis Landshut stehen. Als Lichtblick wertet Haffke zudem, dass Bayern 40 neue Stellen in seinen Genehmigungsbehörden schaffen will. Damit wird aber der von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigte „Bayern-Turbo“ kaum zünden. Laut einer Studie der Umweltministerkonferenz bräuchte es für eine schnellere Planung bundesweit 16.200 neue Stellen in Behörden und Gerichten.
Wie rasch es gehen kann, wenn richtig Druck hinter einem Projekt ist, lässt sich an der Nordsee besichtigen.
German Speed beim Flüssiggas
Wilhelmshaven, LNG-Terminal. IHK-Präsident Klaus Josef Lutz lobt den „New German Speed“: Deutschland hat es geschafft, in nur fünf Monaten in Wilhelmshaven ein Flüssiggasterminal zu errichten. Dafür arbeiteten Beamte am Wochenende, dafür gingen Firmen ins Risiko. Das „Yes, we can“, so Lutz, müsse die neue Grundhaltung in unserem Land werden.
Was außerdem noch notwendig ist, um die Energiekrise zu bewältigen, untersucht man in Potsdam.
Potsdam, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Die Ursache der Krise sei eben nicht nur fehlendes Gas, erklärt Michael Pahle am Telefon. Pahle leitet am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) die Arbeitsgruppe Klima- und Energiepolitik. Sein Befund ist sehr klar: zu viel Regulierung, zu wenig Markt. „Gäbe es den CO2-Preis schon, hätten wir die Krise nicht“, betont Pahle. Ihm macht Hoffnung, was im Vorweihnachtsrummel unterging: EU- Parlament und Mitgliedsstaaten einigten sich mitten in der Krise, den Emissionshandel auszuweiten und zu verteuern. „Das ist das Preissignal, das wir für eine europäische Energiewende brauchen“, sagt Pahle.
Und wie kommt Berlin in Sachen Energiewende voran?
Berlin, Bundeswirtschaftsministerium. Telefonat mit dem Haus, das auch für Bayern die großen Weichen stellt. Kein anderes Bundesministerium hat so viele neue Gesetze und Verordnungen geschrieben wie das von Wirtschaftsminister Habeck. Es geht um viel. Nach dem Ausstieg aus Kernkraft und Kohle muss das Land nun auch russisches Gas ersetzen.
Habecks Sprecherin listet Erfolge auf: Gasspeicher im Advent zu fast 100 Prozent gefüllt; mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz den schnellen Bau von Flüssiggasterminals ermöglicht; die EEG-Reform („die größte Reform seit Jahrzehnten“) soll dazu beitragen, das Ausbautempo der Erneuerbaren zu verdreifachen. Der entscheidende Punkt: Die EEG-Umlage wurde gekippt, weil sie dafür sorgte, dass mit neuen Solarmodulen und Windrädern die Stromrechnung der Deutschen immer höher wurde.
Für die Verwaltung gilt der neue Grundsatz, dass es ein »überragendes öffentliches Interesse« an den Erneuerbaren gibt. Der Bau neuer Windräder soll künftig auch ohne Einzelfallprüfung möglich sein. Und es lohnt sich wieder, eine Solaranlage aufs Hausdach zu setzen (höhere Vergütung, Steuerbefreiung). Habecks Sprecherin sieht ein »Zwischenziel« erreicht: „Fast die Hälfte der Strommenge kommt schon aus erneuerbaren Energien.“
Zum Abschluss geht es zurück nach Bayern, wo die Pläne der Staatsregierung ambitioniert sind.
München, Staatskanzlei. Klimaneutral bis 2040 – in Bayern ist das nun Staatsziel. Wirklich überraschend ist, dass Ministerpräsident Söder das auch mit einem abrupten Kurswechsel bei der Windkraft erreichen will. Noch 2021 wollte er den Freistaat vor dem „Spargel-Schock“ bewahren. Jetzt soll ein Windpark in Oberfranken die Glasindustrie retten und ein zweiter Windpark den Chemiestandort Burghausen sichern.
Ende des energiepolitischen Paradieses in Sicht
Ein typischer Söder-Move, jubelt die „Bild“ am Kiosk: „Söder wird Windmeister“. VBEW-Geschäftsführer Fischer äußert sich skeptischer: „Unsere Branche kann nicht auf Knopfdruck Ergebnisse liefern. Unser Geschäft ist ein Langfristgeschäft.“ Das Timing für Bayerns Windwende könnte also besser sein. Die Windkraftfirmen klagen derzeit über hohe Rohstoffpreise, stockende Lieferketten, Fachkräftemangel, steigende Zinsen und geringes Interesse der Investoren. Die CSU im Landtag wischt solche Bedenken weg. Man gebe schließlich bis 2040 gut 22 Milliarden Euro für den Klimaschutz aus. Laut einer Prognos-Studie sind allerdings 167 Milliarden Euro nötig.
Harald Kunstmann, Klimaforscher an der Uni Augsburg, erklärt, Bayerns Gemeinden hätten nicht einmal das Personal, um Klimaschutz wirklich umzusetzen. VBEW-Chef Fischer sagt, trotz aller Versäumnisse sei Klimaneutralität bis 2040 möglich. Aber das werde ein harter Ritt. „Dann ist Schluss mit SUV-Spazierenfahren, auf die Malediven fliegen und das Wohnzimmer auf 29 Grad heizen.“ Es sei normal, dass sich die Leute nach seinen Vorträgen betrinken wollten, so Fischer. Wir Boomer seien die letzte Generation, die das erleben durfte: das energiepolitische Paradies.
IHK-Service zur Energiepolitik
- Informationen zur IHK-Kampagne #WirtschaftBrauchtEnergie.
- IHK-Ratgeber Klimaschutz & Energiewende - Chancen und Herausforderungen.