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Ausländische Fachkräfte: Perfektes Match – online

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Fachkraft gefunden – Hotels rekrutieren häufig im Ausland

Um Fachkräfte zu gewinnen, können Unternehmen auch Bewerber aus dem Ausland rekrutieren. Das Projekt „Hand in Hand for International Talents“ hilft ihnen dabei.

Von Monique Opetz, IHK-Magazin 10/2024

Es war im Frühsommer dieses Jahres, als sich Yvonne-Susanne Omlor-Breiling von der CAD Service B&H GmbH & Co. KG in einer Speeddating-Veranstaltung wiederfand. Kurzgespräche in separaten Räumen und im 15-Minuten-Takt standen auf der Agenda. Die Business Development Managerin traf sich mit vielversprechenden Kandidaten – für ihren Arbeitgeber. Der Dienstleister für Leiterplatten in Allershausen sucht Elektroniker im Bereich Geräte und Systeme.

Die Online-Speeddating-Veranstaltung gehört zu den Recruiting Days von „Hand in Hand for International Talents“ – einem Pilotprojekt der DIHK Service GmbH, der Industrie- und Handelskammern, der Auslandshandelskammern und der Bundesagentur für Arbeit. Das Ziel: IHK-Unternehmen mit internationalen Fachkräften aus Brasilien, Indien, Vietnam und künftig auch von den Philippinen zusammenzubringen. Dabei will das Projekt vor allem kleine und mittlere Unternehmen ansprechen und für sie Hindernisse aus dem Weg räumen.

„Wir haben Fachkräftemangel. Aus diesem Grund sind wir offen für solch ein Projekt“, sagt Omlor-Breiling, die über einen IHK-Newsletter von dem Programm erfahren hat. „Fachkräfte aus dem Ausland können unser sehr bodenständiges Unternehmen bereichern.“

IHK-Veranstaltungstipp:

Recruiting Days 19.-21.11.2024 – kostenfrei anmelden, internationale Fachkräfte kennenlernen

Gleich anmelden zum virtuellen Speed-Dating-Format, um sich beiderseitig ohne großen Aufwand kennenzulernen. Die Recruiting Days vom 19. bis 21.11.2024 werden online kostenfrei für Firmen und internationale Jobbewerber angeboten.

Anmeldeschluss für interessierte Firmenvertreter ist am 12.11.2024 um 18:00 Uhr.

Ein Kandidatenpool pro Berufsgruppe

In dem Programm „Hand in Hand for International Talents" können interessierte Unternehmen vorab Profile von Fachkräften auswählen, die sie virtuell treffen möchten. Omlor-Breiling entschied sich für 4 Personen aus dem Kandidatenpool Elektroberufe. Für Fachinformatik, Metall und Mechatronik oder Hotellerie und Gastronomie gibt es eigene Pools.

Während des Online-Speeddatings mit den Kandidaten wurde der Managerin jedoch schnell klar: 3 der ausgesuchten Projektteilnehmenden kamen nicht infrage, weil sie einen Dolmetscher hinzuziehen mussten. „Das war für mich leider ein Ausschlusskriterium“, berichtet Omlor-Breiling. Da das Unternehmen möglichst schnell 2 Stellen besetzen wollte, konnte es nicht noch 1 Jahr warten, bis die Bewerber einen Deutschkurs absolviert hatten. Das Unternehmen sei zwar recht international ausgerichtet, habe sich jedoch auf Deutsch als Firmensprache geeinigt. Hinzu kommt: Die Anforderungen an die Stelle sind hoch – spezielles Technikwissen und der Austausch darüber sind wesentlich.

Sprachniveau variiert

Diese Hürde kennt Marcel Fernandes, Projektreferent bei „Hand in Hand for International Talents“, gut: „Im Elektrobereich haben die Fachkräfte bei uns B1-Deutschkenntnisse nach europäischem Referenzrahmen – das ist nicht fließend.“ Doch mit Kandidaten aus Brasilien machte Omlor-Breiling positive Erfahrungen: „Sie waren sehr gut ausgebildet und sprachen bereits gut Deutsch.“

Es seien sogar Gespräche auf Fachebene möglich gewesen. Nach den 15-minütigen Kurzgesprächen, die von Projektmitarbeitenden moderiert wurden, entschied sich die Managerin, 2 Kandidaten näher kennenzulernen. Es folgten 1-stündige Bewerbungsgespräche.

Seit Beginn des Projekts 2020 konnten 103 Personen aus den Kandidatenpools in Unternehmen vermittelt werden. Anfangs schränkte die Coronapandemie die Vermittlung ein, weil Einreisen nicht möglich waren. Das Fazit bisher: Insbesondere Gastronomieunternehmen nutzen das Projekt. Die meisten Vermittlungen liefen über die IHK Rostock in der Hotellerie und Gastronomie. In diesen Bereichen sei es am einfachsten, weil die Berufsbilder wesentlich homogener seien als in vielen hoch spezialisierten Jobs, erklärt Projektreferent Fernandes.

Kurzprofile für ersten Überblick

Das Projekt wendet sich insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen. Viele von ihnen hätten keine Erfahrung mit ausländischen Fachkräften und könnten es sich nur schwer vorstellen, aus dem Ausland zu rekrutieren. „Ihnen versuchen wir durch unser rundum begleitetes Projekt den Weg aufzuzeigen und zu erleichtern“, so Fernandes.

Der Pool an Fachkräften aus den verschiedenen Fachbereichen ist online zu finden. Anonymisierte Kurzprofile liefern einen ersten Überblick. Wer wie die CAD Service B&H an den Recruiting Days teilnimmt, kann dort die ausgewählten Fachkräfte kennenlernen. Dafür benötigen die Unternehmen noch keinen Dienstleistungsvertrag mit „Hand in Hand for International Talents“.

Erst wenn eine Bewerberin oder ein Bewerber in einem Unternehmen anfängt, wird eine Pauschale fällig. Diese richtet sich nach der Firmengröße: Kleinunternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten zahlen 2.900 Euro, mittelgroße Firmen (50 bis 249 Mitarbeitende) 3.400 Euro, Großunternehmen 4.400 Euro (250 bis 999 Mitarbeitende) beziehungsweise 5.400 Euro (ab 1.000 Mitarbeitende).

Unternehmen erhalten Rundumpaket

Omlor-Breiling ist begeistert von dem Rundumpaket: „Ich schätze es sehr, dass wir als Unternehmen mit dem Verfahren zur Aufenthaltsgenehmigung oder der Anerkennung der Abschlüsse nichts zu tun haben. Wir müssen uns im Grunde nur um eine Unterkunft kümmern.“

Ob die lokalen Abschlüsse anerkannt werden können, recherchieren die Auslandshandelskammern.. Die sprachlichen Fähigkeiten der Bewerber hat das Projekt ebenfalls im Blick: Sind Unternehmen interessiert, die Deutschkenntnisse aber noch nicht ausreichend, erhalten die Projektteilnehmenden Unterricht.

Ausschlaggebend dafür, welche Berufe aktuell in den verschiedenen Pools zu finden sind, ist der Fachkräftemangel: „Wir konzentrieren uns auf Berufe, die gefragt sind und bei denen das inländische Potenzial gering ist. Das hängt mit der Statistik der Bundesagentur für Arbeit zusammen“, so Fernandes.

Erkenntnisprojekt, keine Vermittlungsagentur

In der kommenden Projektphase soll die Zahl der Vermittlungen noch steigen. Dabei ist das Projekt keine Vermittlungsagentur oder Personaldienstleister. „Wir sind ein Erkenntnisprojekt. Wir testen, wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (siehe Kasten unten) in der Praxis funktioniert und wo nachgesteuert werden muss“, betont Fernandes.

Gesucht, gefunden

Womöglich wird in der Bilanz bald eine weitere Vermittlung hinzukommen: Omlor-Breiling möchte einem der Kandidaten der Recruiting Days ein Angebot machen. Und vielleicht bereichert er schon bald die mittelständische Firma im oberbayerischen Allershausen.

IHK-Info zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz und zu „Hand in Hand for International Talents“

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