Fachkräfte | Standortpolitik

Schneller zum Erfolg

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Gefragte Fachkraft – der Weg in den Job lässt sich beschleunigen

Qualifizierte Mitarbeiter aus dem Nicht-EU-Ausland können durch das Fachkräfte-Einwanderungsgesetz leichter nach Deutschland kommen. Unternehmen können das Verfahren deutlich verkürzen.

MECHTHILDE GRUBER, Ausgabe 04/2022

Zuerst war es sehr schwierig und es hat lange gedauert«, sagt Christine Rogall (58), kaufmännische Leiterin bei der Rogall Bedachungen GmbH. »Aber der Aufwand hat sich gelohnt.« Denn seit Oktober 2021 verstärkt nun ein gut qualifizierter junger Bosnier den Familienbetrieb in Grünwald. Bereits im Januar 2020 hatte er sich – als Einziger – auf eine Stellenanzeige des Unternehmens beworben. Alle seine Versuche, als Nicht-EU-Bürger ein Arbeitsvisum für die Einreise nach Deutschland zu bekommen, waren zunächst fehlgeschlagen.

Beschleunigtes Fachkräfteverfahren seit März 2020

Als dann im März 2020 mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz das beschleunigte Fachkräfteverfahren eingeführt wurde, konnte Rogall als künftige Arbeitgeberin die Initiative ergreifen: »Ich habe mich im Internet informiert, bei den unterschiedlichsten Stellen Unterstützung gesucht und dann im Dezember eine Vereinbarung mit der zuständigen Ausländerbehörde geschlossen.«

Dass es dann doch noch etwas dauerte, lag an der Menge der berufsrelevanten Fähigkeiten, die eingeordnet werden mussten. Dabei wurde Rogall unter anderem von der IHK beraten, sodass schließlich der für die Ausbildung des Bosniers passende deutsche Referenzberuf und die dafür zuständige Anerkennungsstelle gefunden wurden. Nachdem die notwendigen Dokumente abgegeben waren, ging alles sehr schnell. Innerhalb der vorgegebenen Frist wurde die Gleichwertigkeit des ausländischen Abschlusses anerkannt und auch das erforderliche Visum von der deutschen Auslandsvertretung in Bosnien ausgestellt. »Ich bin begeistert, dass das Verfahren so ein positives Ende gefunden hat, denn wir sind mit unserem neuen Mitarbeiter sehr zufrieden«, sagt Rogall.

Für 63 Prozent Fachkräftemangel größtes Geschäftsrisiko

Der zunehmende Fachkräftemangel ist eines der drängendsten Probleme, mit dem die Wirtschaft zu kämpfen hat. 63 Prozent aller bayerischen Unternehmen sehen im Fachkräftemangel ihr größtes Geschäftsrisiko, so die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage. Über alle Branchen hinweg geben mehr als 30 Prozent der Firmen an, dass sie deshalb im Ausland nach Mitarbeitern suchen.

Seit im März 2020 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft getreten ist, können qualifizierte Fachleute auch aus dem Nicht-EU-Ausland leichter immigrieren. »Mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren haben Unternehmen außerdem die Möglichkeit, den Zeitraum für die Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses und die Visumerteilung deutlich zu verkürzen«, sagt Elfriede Kerschl, Referatsleiterin Fachkräfte, Weiterbildung, Frauen in der Wirtschaft bei der IHK für München und Oberbayern.

Arbeitgeber muss beschleunigtes Verfahren anstoßen

Voraussetzung für ein solches Verfahren ist eine abgeschlossene Ausbildung des Bewerbers an einer im Ausland staatlich anerkannten Schule. Wichtig ist, dass der erlernte Beruf der Arbeitsstelle entspricht und ein konkretes Arbeitsangebot vorliegt. Der Arbeitgeber muss das beschleunigte Verfahren anstoßen: Mit einer Vollmacht der ausländischen Fachkraft schließt das Unternehmen dafür einen Vertrag entweder mit der lokalen Ausländerbehörde oder der Zentralen Stelle für Einwanderung von Fachkräften (ZSEF) in Nürnberg. Dafür wird eine Gebühr von 411 Euro fällig. Die Ausländerbehörde koordiniert dann den weiteren Ablauf des Verfahrens, das aus drei Teilen besteht:

  • dem Anerkennungsverfahren der ausländischen Qualifikation durch die IHK FOSA (Foreign Skills Aproval) (siehe Artikel Berufsanerkennung »Geprüft und anerkannt«),
  • dem Zustimmungsverfahren der Bundesagentur für Arbeit (BA) und
  • dem beschleunigten Visumverfahren durch die deutsche Auslandsvertretung.
Beratungsangebot der IHK nutzen

Zeit und Mühe können sich Unternehmen sparen, wenn sie bereits im Vorfeld das Beratungsangebot der IHK nutzen. »Von vielen Ausländerbehörden wird diese Beratung sehr gern gesehen und auch verlangt, weil die Behörden dadurch ihre Fristen leichter einhalten können«, sagt Viktoriia Shuliak, IHK-Fachberaterin Berufsanerkennung. So unterstützt die IHK die Unternehmen dabei, den richtigen Referenzberuf und die dafür zuständige Anerkennungsstelle auszuwählen sowie die vollständigen und formgerechten Unterlagen für das Anerkennungsverfahren zusammenzustellen.

Stark verkürzte Bearbeitungszeiten

»Den größten Vorteil haben die Unternehmen von den stark verkürzten Bearbeitungszeiten«, sagt IHK-Expertin Kerschl. So dauert das Anerkennungsverfahren zwei Monate, wenn alle Unterlagen vorliegen, die Zustimmung der Agentur für Arbeit nur eine Woche. Für viele Unternehmen zählt vor allem der Zeitgewinn bei der anschließenden Visumerteilung.

Visum oft schon nach sechs Wochen

Bereits nach maximal drei Wochen muss die deutsche Auslandsvertretung dafür einen Termin vergeben und innerhalb weiterer drei Wochen wird in der Regel das Visum erteilt. In manchen Ländern wie beispielsweise im Westbalkan dauert es sonst oft mehr als zwölf Monate, bis ein Visum ausgestellt wird. »Wenn der ausländische Abschluss einer Fachkraft bereits anerkannt ist, kann es deshalb durchaus sinnvoll sein, das Verfahren ganz gezielt allein wegen des Visumverfahrens einzusetzen«, sagt IHK-Fachberaterin Shuliak.

Auch Maria König (31) nutzt das beschleunigte Fachkräfteverfahren ausschließlich für ein schnelleres Visumverfahren. Die Spezialistin für Relocation und Immigration bei der Start-Up Services GmbH erhielt beispielsweise von einem Unternehmen den Auftrag, einen hochqualifizierten Mitarbeiter aus Serbien beim Antragsprozess für das Einreisevisum zu unterstützen. Ein Berufsanerkennungsverfahren war wegen seines Hochschulabschlusses dafür nicht notwendig.

Unternehmen brauchen Planungssicherheit

»Wir hatten in der Vergangenheit aber Probleme, weil die deutsche Botschaft in Serbien weder auf E-Mails antwortete noch telefonisch erreichbar war«, erklärt König. So sei kaum vorherzusagen, wann ein Termin zur Visumbeantragung zu bekommen sei und dann ein Visum erteilt werden könnte. »Unternehmen brauchen aber Planungssicherheit, zu welchem Zeitpunkt ihnen ein Mitarbeiter zur Verfügung stehen wird.« Mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren sei dies sichergestellt. Die ZSEF informiert Firmen, welche Dokumente notwendig sind. »Sobald diese abgegeben sind, laufen die Fristen«, sagt Immigration-Spezialistin König. »Vorab-Zustimmung, Terminvergabe und die Erteilung des Visums – alles läuft im vorgegebenen Rahmen.« Für die Unternehmen ist der Onboarding-Prozess damit gut planbar.

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