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Ohne Moos nix los

ARNO Design ©
Prüften alle Angebote genau – Peter Haberlander (hinten), Claus Neuleib und Mirka Nassiri von ARNO Design

Von der Liquiditätssicherung über Innovationsprojekte bis hin zur Expansion – so stemmen Unternehmen die Finanzierung.

Von Eva Müller-Tauber, IHK-Magazin 09/2025

„Aus Sicht der Banken war ich bis vor kurzem ein eher schlechter Kunde“, sagt Markus Sieger, Inhaber der Kreativ-Dienstleistungsagentur sieger pr.marketing.events. in Hohenschäftlarn. „Bislang haben sie kaum an mir verdient, weil ich mein Business immer von innen heraus, aus eigenen Mitteln finanzieren konnte.“

Doch um sein Herzensprojekt zu realisieren, nimmt der erfahrene Kommunikations- und Eventprofi jetzt erstmals auch externe Finanzmittel in Anspruch. Schon 2014/2015 hatte der Unternehmer eine kleine Kulturbühne in München-Sendling geleitet. Nun will er den geschichtsträchtigen Veranstaltungssaal des „Gasthaus zur Post“ in Ebenhausen, einem Ortsteil der Gemeinde Schäftlarn im Landkreis München, kulturell wiederbeleben.

Anfang November dieses Jahres soll das „Spektakel im Postsaal“ starten. Das Programm der Kulturbühne steht bis ins Frühjahr 2026 – darunter Comedy, Kabarett, aber auch Musikacts und Lesungen.

Wachstumskredit für Licht, Ton und Ticketing

Durch sein Netzwerk hat der 49-Jährige viele Aufgaben bereits an Kooperationspartner vergeben, etwa Catering, Reinigung und Versicherungsschutz. Um Marketing und Innenausstattung zu finanzieren sowie optimale technische Voraussetzungen zu schaffen, von der Licht- und Tontechnik bis zum Online-Ticketing-System, muss Sieger nun zusätzlich investieren. 80.000 Euro hat er inklusive eines kleinen Puffers dafür insgesamt veranschlagt.

Das Geld kann der Unternehmer nun fest einplanen. Denn der Antrag bei seiner Hausbank auf einen zinsgünstigen Wachstumskredit der LfA-Förderbank Bayern in dieser Höhe wurde bewilligt. „Dabei wurde ich wegen meiner langjährigen selbstständigen Tätigkeit nicht als Existenzgründer eingestuft, sondern als etablierter Unternehmer, was sich positiv auf die Kreditkonditionen auswirkte“, freut sich Sieger.

3 Finanzierungsvarianten

Ob bei Gründung, Expansion oder einer Neuausrichtung wie bei Agenturchef Sieger, für Investitionen in Waren oder Betriebsmittel, Internationalisierung, bei Innovationen oder um in schweren Zeiten wie zur Coronapandemie liquide zu bleiben: In jeder Geschäftsphase brauchen Unternehmen Finanzmittel, um sich zu entwickeln und langfristig am Markt behaupten zu können. Dabei stellt sich stets neu die Frage: Auf welche Weise decke ich meinen jeweiligen Kapitalbedarf?

Die Finanzierungsberatung der IHK für München und Oberbayern bietet Unternehmern eine erste neutrale Einschätzung, welche Finanzierungswege im jeweiligen Fall sinnvoll und möglich sind. „Grob gesagt, gibt es 3 Möglichkeiten mit mehreren Unterkategorien“, erläutert Wolfgang Wadlinger, betriebswirtschaftlicher Berater bei der IHK. „Fremdkapitalfinanzierungen, Eigenkapitalfinanzierungen und öffentliche Fördermittel, worunter Unternehmer in der Regel allerdings meist Zuschüsse verstehen.“ Jede Variante hat aus Sicht der Unternehmen eigene Vor- und Nachteile.

Fremdkapital verlangt Sicherheiten

„Bei der Fremdkapitalfinanzierung kann ich sowohl kurzfristig meine Betriebsmittel in einer Wachstumsphase als auch mittel- und langfristig meine Investitionen im Anlagevermögen finanzieren“, erklärt der Experte. Allerdings braucht es dafür in der Regel Sicherheiten und eine gute Bonität beziehungsweise ein gutes Rating. Zunehmend spielt auch Nachhaltigkeit eine Rolle, wenn es darum geht, ob beziehungsweise unter welchen Bedingungen ein Kredit vergeben wird. In manchen Branchen sei es zudem schwierig, überhaupt Kredite zu bekommen, so Wadlinger.

Unternehmen sollten sich auch bewusst sein, dass Kreditgeber „eine fristgerechte Rückzahlung erwarten – und Zinszahlungen belasten die Liquidität“. Häufig bewerteten Unternehmer ihren Umsatzverlauf nämlich zu positiv und damit auch ihren Gewinn, beobachtet der IHK-Experte. „Ist der Ertrag jedoch zu niedrig, wird es schwer, die Kreditraten pünktlich zu zahlen.“ So könne es bei finanziellen Engpässen sinnvoll sein, die Tilgung vorübergehend auszusetzen, „auch wenn dies die Kreditlaufzeit verlängert oder höhere Tilgungsraten bedeutet“.

KfW- und LfA-Mittel über Hausbank beantragen

Förderprogramme über KfW und LfA, die ebenfalls in die Kategorie Fremdkapital fallen, können eine Alternative zu einem gewöhnlichen Bankdarlehen sein. Denn sie bieten oft günstigere Konditionen. Firmen müssen die Anträge hierfür über die Hausbank stellen. Um das passende Programm zu finden, empfiehlt sich neben dem Blick in die Förderdatenbank der Förderinstitute eine individuelle Beratung.

Bei einer Finanzierung durch Eigenkapital gibt der Gesellschafter selbst Geld ins Unternehmen. Oder er holt sich einen oder mehrere Investoren an Bord. „Mehr Eigenkapital stärkt die Bilanzstruktur und ein Investor kann dem Unternehmen auch beratend zur Seite stehen“, nennt IHK-Berater Wadlinger die Vorteile.

Passende Partner rar gesät

Allerdings erwerben neue Eigenkapitalgeber neben Unternehmensanteilen gleichzeitig ein Mitspracherecht. „Sie können und werden in der Regel die Ausrichtung des Unternehmens beeinflussen.“ Außerdem müssen Firmen auch erst einen passenden Partner finden.

Variante 3, Förderungen im Sinne von Zuschüssen, steht bei vielen Unternehmen ganz oben auf der Wunschliste, weil es sich um nicht rückzahlbare finanzielle Zuwendungen von staatlichen Stellen oder anderen Organisationen handelt. „Sie sind also on top und damit keine zusätzliche finanzielle Belastung“, so Wadlinger.

Dafür muss das beantragende Unternehmen bestimmte Kriterien erfüllen und im Dschungel der Möglichkeiten braucht es Experten, um den Überblick zu behalten. Auch gibt es nicht für jede Investition das passende Programm. Die Höhe entspricht zudem nicht immer den Vorstellungen der Unternehmen.

Wirtschaftliche Basis unabdingbar

„Ebenso sind natürlich Mischfinanzierungen möglich, also Geldmittel aus mehreren Quellen, um eine Investition zu tätigen“, erklärt der IHK-Berater. Beispielsweise eine stille Beteiligung, ergänzend zu einem Innovationsdarlehen. Leasing oder Factoring bieten sich ebenfalls als Alternativen an.

„Wenn die wirtschaftliche Basis beim Betrieb vorhanden ist und der Unternehmer gut vorbereitet an das Thema herangeht, gibt es für jeden Finanzierungsbedarf passende Lösungen“, ist Wadlinger überzeugt. Das heißt im Klartext: Unternehmen müssen eine vorausschauende Finanzplanung, detailliert aufbereitete Zahlen unter anderem über den Kapitalbedarf, einen nachvollziehbaren Geschäftsplan, eine aktuelle betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), eine Ertragsplanung, eine Liquiditätsplanung und bei Bedarf weitere Informationen vorlegen können.

Kapitalbedarf verständlich begründen

Agenturinhaber Sieger sieht eine gründliche Vorbereitung ebenfalls als klaren Erfolgsfaktor: „Ich will die bestmögliche Beratung bekommen und möglichst gute Konditionen. Dafür muss ich im Gegenzug mein Unternehmen, meine finanzielle Ausgangssituation und mein Vorhaben ansprechend präsentieren und meinem Gegenüber in aller Kürze nachvollziehbar vermitteln können, warum ich wofür gerade jetzt wie viel Kapital brauche.“ Der persönliche Kontakt sei bei Finanzierungsfragen unersetzlich, so seine Erfahrung.

„Bei meinem Gespräch mit der LfA Förderbank Bayern, das mir mein IHK-Berater empfohlen hatte, kristallisierte sich schnell heraus, was für mich die sinnvollste Lösung ist“, sagt Sieger. Auch der Termin mit der Hausbank lief gut. Zeitnah beantragte der Unternehmer dort seinen LfA-Kredit und nach nur 3 Monaten war alles genehmigt. „Die IHK als Unterstützer war dabei eine große Hilfe.“

Finanziell flexibel bleiben

So schnell und reibungslos wie bei Sieger geht es nicht immer. Manchmal braucht es einen längeren Atem, um zum Ziel zu kommen. Das wissen Mirka Nassiri (63), Geschäftsführerin der ARNO Design GmbH in München, und ihre Mitgesellschafter nur zu gut. Seit mehr als 30 Jahren konzipiert, gestaltet und realisiert die Firma Messestände, Markenpräsentationsflächen, real wie virtuell, und plant sogenannte hybride pre-built Hallenkonzepte. Die Familiennachfolge ist angestoßen: 2 der 3 Gesellschafter haben Kinder, die bereits in verschiedenen Positionen im Unternehmen arbeiten.

Um der Firma in der nächsten Generation mit allen gesellschaftlichen Änderungen finanzielle Flexibilität zu ermöglichen und langfristig angelegte interne Entwicklungsprojekte anzusteuern, wollten die Seniorunternehmer 500.000 Euro Betriebskapital beschaffen. Auch der Bau einer eigenen Lagerhalle am Standort Düsseldorf war in Planung.

Digitalisiert – und doch im Nachteil

Nassiri besuchte die Erstberatung bei der IHK und prüfte daraufhin verschiedene Varianten der Fremdmittelfinanzierung. Doch das Unternehmen, das rund 25 Mitarbeiter beschäftigt, verfügt kaum über Sicherheiten wie Maschinen oder Immobilien, ist zudem sehr digitalisiert. Was sonst eher von Vorteil ist, wurde hier zum Nachteil. „Viele verstehen unser Business offensichtlich nicht“, stellte Nassiri fest. Die meisten Angebote sahen vor, dass bei Unternehmen ohne entsprechende Sicherheiten die Gesellschafter zur Absicherung eines Kreditausfalls zu 100 Prozent haften.

„Da gab es gar keinen Spielraum“, berichtet die Unternehmerin. „Das hätte eine starke finanzielle Be- statt Entlastung unserer Nachfolger bedeutet und damit unser eigentliches Ziel konterkariert. Wo liegt in so einer Lösung denn der Vorteil für uns?“

Alternative Möglichkeiten durchgespielt

Staatliche Förderprogramme von KfW und LfA sowie zwei Bankenangebote kamen für das Führungsteam wegen der 100-prozentigen Haftung von vornherein nicht infrage. Eine Bank, mit der die Firma lange zusammengearbeitet hatte, konnte die Pläne aus Regionalschutzgründen nicht realisieren. Mezzanine-Kapital als Mischform aus Fremd- und Eigenkapitalfinanzierung durch einen stillen Mitgesellschafter schien den Messeexperten angesichts der hohen Zinsen von zehn Prozent ebenfalls nicht die optimale Lösung zu sein. Kurzzeitig dachten die Unternehmer daran, selbst als private Kreditgeber zu fungieren oder aber die geplanten Projekte ganz zurückzustellen.

Persönlicher Kontakt führt zum Abschluss

Letztendlich legten sie sich doch auf eine Finanzierung über Fremdmittel fest. Von 3 Kreditangeboten kamen 2 in die engere Wahl. „Entschieden haben wir uns für das Angebot der Bank, die sich persönlich ein Bild von uns und unserer Firma gemacht hat und neben unseren Lagerbeständen in Düsseldorf unsere erfolgreiche 30-jährige Tätigkeit sowie unsere digitale Transformation durch angemessene Konditionen würdigt“, erläutert Nassiri.

Und noch etwas haben die Unternehmer angestoßen: „Da die ursprünglich erhofften staatlichen Förderprogramme in der Realität für uns einfach nicht umsetzbar sind, haben wir aufgrund dieser Erfahrung langfristig eigene private Finanzierungsprogramme entwickelt.“

IHK-Info: Finanzierung – IHK hilft bei erster Orientierung

Welche Arten von Krediten gibt es? Welche Fördermittel kommen für welche Investitionen infrage? Welche Formen von Beteiligungskapital sind in welcher Phase sinnvoll und möglich? Erste Antworten auf diese und ähnliche Fragen erhalten Unternehmen auf der IHK-Website Finanzierung und Förderung und durch die betriebswirtschaftlichen Berater.

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