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Exklusives Metier

Thorsten Jochim ©
„Gemeinsam stark“ – Korbinian Fridrich, Wilhelm Fridrich, Leopold Lindner und Stephan Lindner (v.l.)

Der Münchner Juwelier Fridrich ist seit 160 Jahren ein Familienbetrieb. Wie das Unternehmen Kontinuität und Modernisierung zusammenbringt.

Von Sebastian Schulke, IHK-Magazin 09/2024

Es herrscht eine sehr angenehme Ruhe. Keine Hektik, kein Stress, kein Spektakel – bei der J.B. Fridrich GmbH & Co. KG bewegt sich alles in sehr klaren und ruhigen Bahnen. Dabei zieht draußen vor den Schaufenstern in der Münchner Innenstadt ein nicht enden wollender Strom an Passanten vorbei, Autos holpern über das Kopfsteinpflaster und der Lärm einer entfernten Baustelle dröhnt durch die Luft. Hinter den großen Fensterfronten bekommt man davon jedoch nichts mit.

„Wer in unseren Laden kommt, bringt Zeit mit und will sich nicht hetzen lassen“, sagt Korbinian Fridrich. Der 39-Jährige führt zusammen mit Stephan Lindner (65) die Geschäfte des 160 Jahre alten Familienunternehmens. „Unsere wertvollen Uhren, Ringe und Schmuckstücke sind kein schnelles Schnäppchen, sondern etwas Besonderes, Einzigartiges und sehr Nachhaltiges.“ Lindner ergänzt: „Ob es nun ein individuell angefertigter Ehering ist oder ein hochwertiger Chronometer – diese Schmuckstücke trägt man oft sein Leben lang, darin stecken mit der Zeit ganz besondere Gefühle und Geschichten.“ Und genau dafür brauche es einen entsprechenden Ort.

Wohlfühlatmosphäre im Verkaufskaufraum

Im Erdgeschoss glitzern und funkeln Eheringe und Ketten sowie die Schmuckstücke von „Atelier Fridrich“ – das ist die hauseigene Kollektion, die Korbinian Fridrich zusammen mit seinem Team entwirft und gestaltet. Er kümmert sich um die Werkstätten. Stephan Lindner ist für die Finanzen und das Personal zuständig. Außerdem sind beide Diamantgutachter und regeln gemeinsam den Einkauf von Edelsteinen und Perlen.

Der helle, offene Verkaufsraum in der 1. Etage ist wie ein Wohnzimmer aufgemacht. Auf einem edlen Teppichboden stehen Sessel und Stühle mit kleinen Tischen. „Hier können sich die Kunden zurücklehnen, eine Uhr oder ein Schmuckstück anschauen und anprobieren – und sich nach Wunsch entsprechend von uns beraten lassen“, erklärt Lindner.

Handwerk trifft Technologie

In den Werkstätten in der 2. Etage arbeiten die Gesellen Annalena Faller und Mehmet Ali Erdogan sowie Meister Andreas Illitsch und die Auszubildende Paulina Schachler in der hauseigenen Goldschmiede. Faller sitzt gerade am Computer und bearbeitet einen neuen Entwurf für einen Ring. Eine große Walze, ein Amboss und die einzelnen Werktische mit lauter Zangen, Sägen und elektrischen Bohrern zum Polieren und Schleifen füllen den Raum. Ein Laser, 3-D-Drucker, eine pneumatische Graviermaschine und Galvanik gehören unter anderem zur Ausstattung. „Da befinden wir uns auf dem neuesten Stand der Technik“, meint Faller. „So können wir unsere Ideen bestens umsetzen.“

Die Meisterwerkstatt der Uhrmacher ist direkt daneben. Susanne Seufert und Alexander Hetke sitzen dort und haben kleine Lupen vor den Augen. Maria Liedl, die 3. im Bunde des Uhrmacherteams, ist heute nicht da. „Hier wollen wir in Zukunft auch ausbilden“, erklärt Korbinian Fridrich. „Zu Zeiten des Fachkräftemangels wird eigener Nachwuchs immer wichtiger. Da stellen wir uns in beiden Bereichen, Uhren und Schmuck, nachhaltig auf.“

Haus der kurzen Wege

Uhrenbeweger, eine Zeitwaage, ein Mikroskop und ein Testgerät für Wasserdichtigkeit befinden sich in der Werkstatt und daneben hängen alte Wanduhren. „In unserem Haus spielt alles zusammen – vom Verkauf über Reparaturen bis hin zu individuellen Kundenwünschen“, so Fridrich. „Wir haben extrem kurze und direkte Wege, das ist für unsere Kunden und Mitarbeiter sehr angenehm und praktisch – und das ist auch eines unserer wichtigsten Alleinstellungsmerkmale.“ Stephan Lindner ergänzt: „Ganz nach unserem Familienmotto: Gemeinsam sind wir stark.“

Ein Motto, das seit 1864 Bestand hat. In jenem Jahr eröffnete Johann Baptist Fridrich eine Uhrmacherei in der Sendlinger Gasse. In München lebten damals knapp 170.000 Menschen, die Stadt wuchs und wuchs. König Ludwig II. von Bayern trat seine Regentschaft an Aus dem kleinen Uhrenladen wurde schnell ein angesehenes Fachgeschäft. 1902 übernahmen Adolf und Wilhelm die Uhrmacherei ihres Vaters. 1914 kauften sie das Haus in der Sendlinger Gasse. 1937 starb Adolf Fridrich, sein Bruder Wilhelm wurde 3 Jahre später zum Kriegsdienst eingezogen. Die Geschäftsleitung übergab er an seine bereits verheiratete Tochter Philomena Lindner und seinen Sohn Wilhelm.

„Fridrich-Uhr“ und Moriskentänzer

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs musste das Geschäft wieder aufgebaut werden. Bombenangriffe und Plünderungen hatten viel zerstört. 1947 eröffnete das Unternehmen seine Geschäftsräume wieder. 1951 wurde die bekannte „Fridrich-Uhr“ an der Fassade angebracht. 1964 kam die erste Etage als Verkaufsfläche dazu. Zudem stand ein Generationswechsel an. 1967 übernahm Philomenas Sohn Wilhelm, ein Uhrmachermeister und Diamantgutachter, die kaufmännischen Belange und die Öffentlichkeitsarbeit. Wilhelm Fridrich junior trat 1970 als Goldschmiedemeister und Uhrmacher in die Geschäftsführung ein. Das Sortiment wuchs um Trauringe und Schmuck. Zu den Olympischen Spielen 1972 ließ das Unternehmen ein Glockenspiel mit einem aus Holz geschnitzten und vergoldeten Moriskentänzer an der Hauswand anbringen, der zu jeder Stunde zu einer wechselnden Melodie tanzt.

Die 5. Generation stieg 1998 in die Geschäftsleitung ein. Wilhelm Lindner übergab seine Anteile an seinen Sohn Stephan, der sich als gelernter Bank- und studierter Diplomkaufmann bestens mit Finanzen auskennt. Korbinian Fridrich machte eine Ausbildung zum Goldschmied und wurde Meister, studierte Betriebswirtschaftslehre und trat 2015 die Nachfolge seines Vaters Wilhelm (81) an, der bis heute im Geschäftsalltag beratend tätig ist.

Familiennachfolge gesichert

Vor 8 Jahren startete auch die 6. Generation im Unternehmen. Stephan Lindners ältester Sohn Leopold (26) war während seines BWL-Studiums als Werkstudent bei Juwelier Fridrich tätig und schloss die Ausbildung zum Diamantgutachter ab. Seit 2020 gehört er fest zum Familienunternehmen.

Familiennachfolge gesichert

Vor 8 Jahren startete auch die 6. Generation im Unternehmen. Stephan Lindners ältester Sohn Leopold (26) war während seines BWL-Studiums als Werkstudent bei Juwelier Fridrich tätig und schloss die Ausbildung zum Diamantgutachter ab. Seit 2020 gehört er fest zum Familienunternehmen.

„Auch wenn es in der heutigen Zeit nicht mehr selbstverständlich ist, dass die eigenen Kinder das elterliche Geschäft übernehmen, so läuft das doch bei uns ganz gut“, findet Stephan Lindner. „Mein Sohn wird uns noch weiter in das digitale Zeitalter bringen.“ Soll heißen: mehr Präsenz im Internet, vor allem in sozialen Kanälen. „Dadurch werden wir allerdings nicht unseren Kundenservice vernachlässigen“, betont Korbinian Fridrich. „Der direkte Kontakt ist und bleibt in unserer Branche sehr wichtig. Das Internet ist ein sehr gutes Schaufenster. Da gehen wir natürlich mit der Zeit.“

„Nur gemeinsam sind wir stark“

Ein weiteres Thema ist die wachsende Konkurrenz – in Form von Juwelieren mit bundesweiten Filialen sowie Flagshipstores und dem direkten Vertrieb. Diese Entwicklung habe laut Leopold Lindner die Juwelier-Einzelhändler in den vergangenen 10 Jahren stark schrumpfen lassen. Das Münchner Familienunternehmen steuert gegen. Es ist Teil eines Verbunds von 30 Juwelieren aus Deutschland, England, Holland und der Schweiz. „Nur gemeinsam sind wir stark“, sagt Korbinian Fridrich, „das ist unser Motto seit über 160 Jahren. Und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“

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