Ein klares Nein

Eine kommunale Verpackungssteuer belastet Unternehmen und schützt die Umwelt nicht, warnt die Wirtschaft. Auch die Bayerische Staatsregierung sieht das so und greift jetzt ein.
Von Gabriele Lüke, IHK-Magazin 09/2025
Auf dem Weg zum Bahnhof noch einen Pappbecher mit Kaffee aus der Bäckerei, mittags einen Salat zum Mitnehmen aus dem Wirtshaus nebenan: Take-away-Getränke und -Speisen sind bei Verbrauchern beliebt und verschaffen der Gastronomie zusätzliche Umsätze. Doch zugleich sorgen To-go-Verpackungen auch für mehr Müll im öffentlichen Raum, da sie häufig Einwegverpackungen sind.
Einige Kommunen in Deutschland wollen solche Verpackungen zum Schutz der Umwelt daher mit einer kommunalen Verpackungssteuer belegen. Die Idee: Besteuerte und damit teurere Einwegverpackungen stärken die Nachfrage nach Mehrwegverpackungen und senken so Müllmenge und Entsorgungsaufwand.
BIHK fordert: Keine neuen Steuern!
Die neun bayerischen IHKs (BIHK) sehen eine solche Steuer kritisch. Sie hatten sich im Mai 2025 in einem gemeinsamen Positionspapier gegen neue Steuern und Abgaben ausgesprochen. Ihre Position deckt sich mit der Haltung anderer deutscher IHKs. BIHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl erläutert diese Position insbesondere aus Steuersicht. „Deutschland ist heute schon ein Höchststeuerland. Jede weitere Belastung bremst die so wichtigen Investitionen aus und verlängert die wirtschaftliche Dauerkrise im Land.“ Er betont: „Die überbordende Bürokratie ist das mit Abstand größte und schädlichste Hemmnis in Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb lehnen wir neue, kleinteilige und aufwendige Vorschriften und Steuern rundum ab.“
Auch für Martin Clemens, Referatsleiter Steuern und Finanzen der IHK für München und Oberbayern, stellt eine Verpackungssteuer eine Über- und Mikroregulierung dar. „Es ist mit einem enormen Erklärungsbedarf bei der Erhebung, Berechnung und Abführung zu rechnen“, sagt er. „Zudem führen kommunale Verpackungssteuern zu einem unübersichtlichen Flickenteppich aus kommunal unterschiedlichen Regelungen.“ Eine besondere Beeinträchtigung würde sie Betrieben bringen, die in verschiedenen Städten Filialen betreiben.
Bayern gegen Verpackungssteuer
Auslöser für die Diskussion um kommunale Verpackungssteuern ist das baden-württembergische Tübingen. Es erhebt seit 2022 auf Einwegverpackungen und -geschirr 50 Cent netto, für Einwegbesteck 20 Cent netto als Steuerbetrag. Zahlen müssen die Verkaufsstellen. Flankiert wird die Steuer durch ein städtisches Förderprogramm für die Anschaffung von Mehrweggeschirr oder gewerbliche Spülmaschinen. Andere Kommunen – in Bayern etwa Regensburg, Ingolstadt, München, Passau, Rosenheim, Starnberg und Augsburg – diskutierten bereits über diese Steuer.
Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration will den bayerischen Gemeinden eine Verpackungssteuer nun verbieten. Eine Verpackungssteuer fällt in die Kategorie „örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuer“. Diese liegt in der Hoheit der Kommunen und ist in den Kommunalabgabengesetzen der Bundesländer geregelt.
Explizites Verbot geplant
Während die einen Länder Städten und Gemeinden freie Hand lassen, solche Steuern zu erheben, müssen in anderen zum Beispiel Rechtsaufsichtsbehörden oder Ministerien zustimmen. Auch in Bayern muss eine neue, bis dahin noch nicht erhobene Verbrauchsteuer wie die Verpackungssteuer vom Innenministerium genehmigt werden (Artikel 2 Absatz 3 Kommunalabgabengesetz).
Das Innenministerium handelt nun: Der Bayerische Ministerrat hat Ende Juni einen Entwurf zur Änderung des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes beschlossen, wonach eine kommunale Verpackungssteuer im Freistaat künftig explizit verboten sein wird. Jetzt geht der Entwurf in die Verbandsanhörung, danach muss der Landtag die Änderung beschließen.
Für Umweltschutz ist gesorgt
Und der Umweltschutz? „Eine Verbrauchssteuer wie die Verpackungssteuer ist grundsätzlich nicht zweckgebunden, die Einnahmen aus diesen Steuern fließen zunächst dem allgemeinen Haushalt zu – also gar nicht automatisch in den Umweltschutz“, erläutert IHK-Experte Clemens. „Außerdem gibt es mehr als genug Regelungen zur Verpackungsvermeidung, sodass die Nachhaltigkeitsziele auch anders erreicht werden können.“
Zu diesen Vorgaben gehören vor allem die Systembeteiligungspflicht, das Einwegkunststofffondsgesetz und die Mehrwegangebotspflicht. „Diese 3 einschlägigen Regelungen nehmen bereits für die Verpackungsmüllreduktion wesentliche Akteure in die Pflicht“, sagt IHK-Umweltexpertin Sabrina Schröpfer.
Altbekanntes Duales System
Schon lange müssen sich gewerbliche Inverkehrbringer von Verpackungen bei einem dualen System anmelden und angeben, wie viele Verpackungen sie in Umlauf bringen. Dazu gehören auch Serviceverpackungen, die an der Theke zur Mitnahme von Lebensmitteln verwendet werden. Mit dem für die Verpackungen erhobenen Lizenzentgelt sorgt der Systemanbieter dafür, dass diese Verpackungen entsorgt oder recycelt werden.
Noch neu: Einwegkunststofffonds
Noch neu ist, dass Hersteller bestimmter Einwegkunststoffprodukte – auch von Behältern für Lebensmittel zum Direktverzehr – in der Pflicht sind. Sie müssen seit diesem Jahr in den Einwegkunststofffonds zahlen. Aus dem Fonds erhalten die Kommunen dann Geld, um die in den Straßen oder Parks weggeworfenen Behältnisse wieder einzusammeln und zu entsorgen.
Gastronomiebetriebe müssen, wenn sie mehr als fünf Personen beschäftigen und mehr als 80 Quadratmeter Verkaufsfläche aufweisen, ihren Kunden bei Bestellungen zum Mitnehmen immer eine Mehrwegverpackung als Alternative zu einer Einwegkunststoffverpackung anbieten.
Weitere EU-Regelungen erwartet
„Wir haben noch weitere Regelungen zu erwarten“, sagt Schröpfer. „Die EU will mit der neuen Verpackungsverordnung Verpackungen weiter reduzieren und etwa durch den Einsatz von mehr Rezyklaten die Nachhaltigkeit steigern.“ Kommunen sollten prüfen, welche Gelder ihnen aus dem Einwegkunststofffonds zufließen, und zudem eine ausreichende Zahl von Abfallsammelbehältnissen – auch spezifische für To-go-Verpackungen – aufstellen, Mehrwegsysteme durch Anreize und Infrastruktur gezielt fördern sowie Bürger stärker sensibilisieren.
Erhebliche Zusatzlasten vermeiden
„Eine Verpackungssteuer wäre in jedem Fall kein geeignetes Mittel, den gewünschten Umwelteffekt sicherzustellen oder die kommunalen Kassen aufzufüllen“, fasst Clemens zusammen. „Sie würde lediglich erhebliche Zusatzlasten für die Wirtschaft nach sich ziehen.“
Mehr Infos zur Verpackungssteuer und zur Position der bayerischen IHKs gibt es auf der IHK-Website.