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Backen in bester Lage

Rischart ©
Bleibt in der Stadt – Magnus Müller-Rischart, Geschäftsführer Max Rischart’s Backhaus

Wer in eine neue Produktion investiert, wechselt oft an den Stadtrand oder ins Umland. Warum Magnus Müller-Rischart mitten in München gebaut hat.

Von Stefan Bottler, IHK-Magazin 09/2025

An den Außenwänden sind Glasfassaden mit integrierten Photovoltaikmodulen montiert. Im Erdgeschoss ist eine Konditorei mit Café. Auf dem Dach bietet eine großflächige Terrasse einen grandiosen Rundumblick auf München. Die im November 2024 eröffnete Unternehmenszentrale der Max Rischart’s Backhaus KG auf der Theresienhöhe fällt sofort ins Auge.

Der Bau wird vielfältig genutzt. Auf 3 Stockwerken arbeiten rund 180 Beschäftigte, davon mehr als 10 Prozent Azubis, in Produktion, Logistik und Verwaltung. Im obersten Geschoss stehen 100 voll möblierte 1-Zimmer-Appartements als Werkswohnungen zur Verfügung. Außerdem gibt es ein Hotel der Münchner Kette Cocoon. „Mit dem neuen Standort sind wir als Münchner Familienunternehmen mit rund 550 Vollzeitstellen in der Zentrale und den Filialen weiterhin mitten in der Stadt präsent“, freut sich Geschäftsführer Magnus Müller-Rischart.

Vom Gärtnerplatzviertel auf die Theresienhöhe

Der Vorlauf war beträchtlich. Seit 2017 arbeitete der Familienunternehmer in 5. Generation an einem Ersatz für den zu klein gewordenen Standort im Gärtnerplatzviertel. Im Gegensatz zu vielen anderen Münchner Unternehmen zog er dabei einen Wechsel in ein Gewerbegebiet am Stadtrand oder im Umland nie in Betracht.

Er begründet dies mit der gewachsenen Struktur des 1883 gegründeten Unternehmens. Die 20 Filialen und 3 Cafés befinden sich fast ausnahmslos in der Münchner Innenstadt und in angrenzenden Stadtteilen. 9 leichte Lkws mit jeweils 5,5 Tonnen Gesamtgewicht fahren die Filialen mehrmals am Tag an. Die Besucherzahlen sind mit insgesamt 8 Millionen Kunden jährlich an allen Standorten hoch.

Kurze Wege und gläserne Produktion

Müller-Rischart: „Die neue Zentrale stellt kurze Lieferwege sicher.“ Die weiteste Strecke müssen die Fahrzeuge zu den knapp 13 Kilometer entfernten Riem Arcaden zurücklegen. Auch die Versorgung der Produktion mit Rohstoffen und Zutaten funktioniere wegen der guten Verkehrsanbindungen einwandfrei. Täglich treffen Lkws aus München und Umgebung über den Mittleren Ring und andere Ausfallstraßen ein.

Vor allem aber eröffnet der neue Standort Chancen für eine intensive Kundenkommunikation. Bei der Konzeption des Gebäudes hat sich Müller-Rischart von den „gläsernen Manufakturen“ großer Industrieunternehmen anregen lassen. „Die Glasfassaden an der Außenwand erlauben einen Blick in Konditorei und Backstube“, sagt der Unternehmer. „Wir machen so unsere Arbeit für die Münchnerinnen und Münchner sichtbar.“

Mehr Platz auch für Events

Der Mittelständler lädt außerdem zu Koch- und Backkursen sowie Betriebsbesichtigungen ein. Auch Ausstellungen, Geburtstagsfeiern und andere Events können demnächst hier stattfinden. Im Erdgeschoss soll hinter dem Café ein Veranstaltungsraum eingerichtet werden.

Solche Angebote waren am alten Standort nahe dem Gärtnerplatz wegen der beengten Verhältnisse kaum möglich. Aber auch am neuen Standort muss jeder Quadratmeter gut genutzt werden. Die technische Planung des Gebäudes musste die Münchner Kiessler Architekten GmbH auf unterirdische Infrastruktur aus vergangenen Zeiten sowie die Bahntrasse auf der Südseite abstimmen. Der Rischart-Bau befindet sich am Südrand des ehemaligen Messegeländes direkt über dessen früherer Tiefgaragenzufahrt.

Produktion auf 9.000 Quadratmetern

Das Gebäude selbst besteht aus 3 oberirdischen und 2 unterirdischen Doppelgeschossen. In den Untergeschossen ist außer einer Tiefgarage die komplette Logistik inklusive der teilweise temperaturgeführten Lager untergebracht. In 2 Obergeschossen werden auf 9.000 Quadratmetern alle Backwaren und Konditoreiartikel produziert.

Müller-Rischart nutzte den Standortwechsel für eine umfassende Modernisierung der Fertigung. Wo es möglich war, investierte er in automatische Technologien, zum Beispiel für die Rohstoffzufuhr oder die Warenkorbreinigung. „Trotzdem werden die meisten Arbeiten weiterhin manuell ausgeführt“, sagt der Unternehmer.

Das gilt für die Herstellung von Teigen ebenso wie für das Formen von Brezen und weiteren Backwaren, die Zubereitung von Kuchen, Torten und süßen Schnitten oder die Produktion von Pralinen. Allenfalls Feinbackprodukte wie Croissants werden automatisiert gefertigt.

Werkswohnungen für Frühschichtler

Als Konsequenz müssen Rischart-Mitarbeiter, die frische Backwaren herstellen, weiterhin früh aufstehen. „Die erste Arbeitsschicht beginnt um Mitternacht“, sagt Müller-Rischart. Dann startet die Teigproduktion. Wer in einer Werkswohnung lebt, profitiert immerhin von einem besonders kurzen Weg zum Arbeitsplatz.

Ansonsten fertigt Rischart wie andere Backunternehmen auch zahlreiche saisonale Waren. Auf die Krapfen im Fasching und die Fladen an Ostern folgen die Erdbeerschnitten im späten Frühjahr, Datschi im Sommer und Lebkuchen, Stollen und Plätzchen in der Weihnachtszeit. Hinzu kommt regelmäßig Neues wie Brezen-Croissants oder Sesam-Salzkrusten. Für die Kreation solcher Produktinnovationen bietet der neue Standort nun ausreichend Kapazitäten.

Nachhaltig bei Energie, Verpackung und Logistik

Für die Herstellung nutzt Rischart Strom, der aus den Photovoltaikanlagen hinter den Glasfassaden gewonnen wird. Für die Versorgung des Standorts mit Heizwärme und Warmwasser setzt das Unternehmen Abwärme ein, die während der Fertigungsprozesse entsteht.

Auch in der Logistik achtet das Backhaus auf Umweltschutz. Wenn möglich, lässt es Rohstoffe und Zutaten ohne Verpackung anliefern. Für die interne Logistik nutzt es Mehrwegbehälter, die nach jedem Einsatz gereinigt werden.

Der Fuhrpark wurde umgestellt. Die meisten Lkws werden mit Erdgas beziehungsweise Biogas betrieben. Weitere Maßnahmen sind schon angedacht. „Ich bin auch offen für E-Lkws“, sagt Müller-Rischart. „Die Infrastruktur für solche Fahrzeuge ist vorbereitet.“

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