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Ruhe im Schrank – und bei der Nachfolge

MAWA ©
In der Übergangsphase – Michaela Schenk und ihr Sohn Sebastian teilen sich die Geschäftsführung

Mutter und Sohn geben sich 4 Jahre Zeit, die Nachfolge des Kleiderbügelherstellers MAWA abzuschließen. In dieser Zeit setzen sie als Team bereits ehrgeizige Pläne um.  

Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 03/2025

Jeder hat sie zu Hause – in verschiedenen Versionen, Größen und Farben. Rund 100 Kleiderbügel hängen im Schnitt in einem Ein-Personen-Kleiderschrank. Da kommt bei einer 4-köpfigen Familie einiges zusammen. Fraglich ist nur, ob dort die schicken Modelle in der Farbe „Latte macchiato“ mit leichtem Glitzereffekt hängen. Aber dieses Design ist ja auch noch recht neu im Programm des Kleiderbügelherstellers MAWA GmbH aus Pfaffenhofen an der Ilm.

Wer Kleiderbügel als einen nicht zu beachtenden, schlicht notwendigen Alltagsgegenstand betrachtet, sollte sich mit den beiden Geschäftsführern Michaela und Sebastian Schenk unterhalten. Sie klären über die verschiedenen Breiten bei Kleiderbügeln auf (für Damenkleidung am besten 41 Zentimeter, für Herrenkleidung 44 Zentimeter). Sie erläutern, warum einheitliche Kleiderbügel ihrer Firma platzsparend und eine Wohltat fürs Auge sind: „Egal welches Modell, welche Breite, welche Farbe, ob für Hosen oder Blusen: Alle unsere Kleiderbügel haben die gleiche Höhe. Somit kommt Ruhe in den Kleiderschrank“, sagt Michaela Schenk.

Generationswechsel voll im Gange

Man könnte mit den beiden noch stundenlang über ihr Produkt reden. Doch mindestens genauso interessant ist die vorbildliche Nachfolgeregelung, die beide gefunden haben: Seit Oktober 2023 ist Michaela Schenks Sohn Sebastian 2. Geschäftsführer im Unternehmen. Bis dahin leitete Michaela Schenk (64) den Betrieb allein. Die Vorbereitungen für den Generationswechsel starteten lange vorher.

Der Unternehmerin war früh klar, dass sie „nicht bis 70 warten will“, um die Übergabe zu regeln. Somit beschäftigte sie sich schon seit Jahren mit der Frage, wer künftig für MAWA verantwortlich sein soll. Ihr Sohn Sebastian (30), studierter Produktmanager und einige Jahre in der Beratung tätig, überlegte lange, ob er wirklich in die Fußstapfen der Mutter treten wollte. Er entschied sich schließlich dafür.

Klare Aufgabenteilung

Seit fast anderthalb Jahren sind Mutter und Sohn nun gleichberechtigt in der Geschäftsführung. Sie teilen sich die Aufgabengebiete. Michaela Schenk ist für Marketing, Vertrieb und Personal verantwortlich. Ihr Sohn leitet Produktion, Finanzen und Controlling. Vom ersten Tag an habe die Zusammenarbeit sehr gut funktioniert, bestätigen beide unisono. Einen Streit habe es noch nie gegeben. „Wir diskutieren ab und zu – und dann setzt sich derjenige mit den besseren Argumenten durch“, sagt Michaela Schenk. „Ich lerne von meinem Sohn, der mit seinem jungen Alter frische Ideen einbringt.“

„Und ich lerne von den Erfahrungen meiner Mutter“, ergänzt Sebastian Schenk. Im Betrieb ist die Anrede „Mama“ im Übrigen tabu. „Im Unternehmen sprechen wir uns mit Vornamen an, Mama bin ich nur privat am Wochenende“, sagt Michaela Schenk. Die Trennung zwischen Firma und privat sei heilig.

Externer Berater, fester Übergabetermin

Disziplin ist beiden in die Wiege gelegt, wie es scheint. Das hilft sicher bei der Nachfolge. Darüber hinaus engagierten sie einen externen Berater, um Konflikte gar nicht erst aufkommen zu lassen und den Übergabeprozess bestmöglich zu gestalten. Bis Ende 2028 solle dieser laufen, vereinbarten sie gemeinsam. Danach will die langjährige Chefin in den Beirat wechseln.

Der Prozess ist variabel geplant. Denn offen ist noch, ob ihr jüngerer Sohn (27) ebenfalls in Kürze ins Unternehmen eintritt. „Sobald das geklärt ist, wissen wir, ob Plan A oder Plan B in Kraft tritt“, sagt Michaela Schenk. Das aktuelle Geschäftsführer-Duo käme mit beiden Optionen klar. Es wird, je nach Lage, die Weichen entsprechend stellen.

Genau das hatten der Unternehmensgründer Martin Wagner (seine Initialen gaben der Firma MAWA den Namen) beziehungsweise seine Witwe, die das Unternehmen nach seinem Tod fortführte, nicht frühzeitig genug getan. So kam es zur Insolvenz, aus der heraus Michaela Schenk das Unternehmen 2007 kaufte.

Unternehmen mit solider Basis

Die Betriebswirtin, die im Medienbereich tätig war, wollte sich selbstständig machen – „mit einem richtigen Produkt“, wie sie sagt. Die MAWA-Bügel passten somit in ihr „Beuteschema“. Zudem kannte sich Michaela Schenk mit Restrukturierungen aus. Sie übernahm zwar ein krankes Unternehmen, aber eines mit einer guten Basis und langjähriger Tradition seit 1948.

„Die Produkte waren bewährt und nachgefragt“, sagt die Unternehmerin. Es gab patentierte Hänger wie den Hosenspanner und eine Klammer für Röcke sowie antirutschbeschichtete Bügel. Schenk baute auf Bestehendes auf und erschloss neue Märkte von Osteuropa über Asien bis in die USA. Sie entwickelte die Produktpalette weiter und setzte auf Nachhaltigkeit in der Fertigung.

Fossilfreier Upcycling-Kleiderbügel

2015 gründete MAWA die Initiativen „ECO friendly“ und „SKIN friendly“. Für die Holzkleiderbügel wird seither nur noch FSC-zertifiziertes Holz aus Europa eingesetzt. 6 Jahre später brachte die Firma die nach eigenen Angaben ersten Upcycling-Kleiderbügel heraus – komplett fossilfrei, mit einem vollständig geschlossenen CO2-Kreislauf.
 
Als Sebastian Schenk im Herbst 2023 ins Unternehmen einstieg, beschäftigte der Mittelständler rund 80 Mitarbeiter, alle in Pfaffenhofen, wo die Metallkleiderbügel hergestellt werden. Die Holzbügel werden in Polen gefertigt, diverse Bügel aus China bezogen. 20 Millionen Bügel produziert MAWA pro Jahr. Die Produkte gehen in 86 Länder.

Privatkunden, Hotels sowie die Modeindustrie sind die Abnehmer. Mehr als 80 Prozent des Umsatzes macht MAWA im Ausland – nicht ohne Grund erhielt das Unternehmen bereits den Exportpreis Bayern.

Verändern, ohne disruptiv zu sein

Zusammen expandieren Mutter und Sohn weiter. Jedes Jahr sollen 2 bis 3 neue Märkte erschlossen oder ausgebaut werden. Als neues Zielland steht zum Beispiel Indien an. Sebastian Schenk treibt die Digitalisierung voran, geht die Herausforderungen immer kürzerer Produktionslaufzeiten und kleinerer Losgrößen an. „Ich versuche, die Balance zu wahren“, sagt er: „Ich möchte Veränderungen einführen, ohne zu disruptiv zu sein, ich will die Mitarbeiter mitnehmen.“

Eigenverantwortlich – und doch Hand in Hand

Seine Mutter kümmert sich darum, die Markenbekanntheit weiter zu erhöhen, entwickelt ein neues Corporate Design, baut die Sales-Kanäle aus. Beides läuft eigenverantwortlich und doch Hand in Hand. Jeder hat sein eigenes Büro, meist steht es für den anderen offen. Mindestens einmal in der Woche treffen sich beide zum Jour fixe – und hin und wieder am Wochenende auch mal privat zum Kaffee: bei Sebastian in München oder bei Michaela im Umland.

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