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Für die Firma auf Tour

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Geschäftsreisen – auch in Coronazeiten notwendig

Mitarbeiter sind auch in der Coronapandemie für ihre Unternehmen unterwegs. Die sehr unterschiedlichen, sich rasch ändernden Vorgaben erfordern viel Organisation. Wie gehen Firmen bei Auslandsreisen jetzt am besten vor?

Sabine Hölper, Ausgabe 04/2021

Sascha Babel ist Modelscout für die Münchner Agentur vivienne model management. Bis vor gut einem Jahr war es üblich, Models rund um den Globus zu Fotoaufnahmen fliegen zu lassen. Ebenso reisten Models aus der ganzen Welt nach Deutschland. Doch seit Corona die Welt in Atem hält, haben der 45-Jährige und seine Kollegen mehr mit dem Ausfüllen von Formularen und mit dem Einholen von Informationen zu tun als mit den Shootings: Wie sollen die Fotomodelle von A nach B kommen, wenn Flüge gestrichen werden oder Einreisebeschränkungen existieren? Die Organisation kostet viel Zeit und Nerven – und dennoch müssen immer wieder Aufträge abgesagt werden. Rund 20 Prozent Einbußen hat die Firma aktuell zu verkraften, sagt Babel.

Die Agentur vivienne ist kein Einzelfall. Ein Großteil der Unternehmen in Oberbayern kämpft mit den pandemiebedingten Reiserestriktionen. »Innerhalb Europas ist es meist noch irgendwie zu meistern«, sagt Gabriele Vetter, stellvertretende Bereichsleiterin International bei der IHK für München und Oberbayern. Aber wer in Drittstaaten reisen muss, hat oft große Schwierigkeiten, sein Ziel zu erreichen. Afrika sei sehr problematisch, so Vetter, aber auch die USA verlangten einreisewilligen Mitarbeitern einiges ab.

Intensive Verhandlungen am Computerbildschirm?

Der mittelständische Unternehmer Falk Berger (Name von der Redaktion geändert) aus München, der häufig nach Kalifornien fliegt, bestätigt das. Geschäftsreisen im gewohnten Umfang seien nicht mehr möglich: »Vor Corona war ich zwei Tage pro Woche in der Luft, mittlerweile nur noch einmal alle zwei Wochen.« Er ist überzeugt, dass das seinen Geschäften erheblich schadet. Keine digitale Konferenz könne eine echte ersetzen. »Zoom-Meetings sind reduziert. Für intensive Verhandlungen reicht der Computerbildschirm nicht aus.« Sein Fazit: Am persönlichen Gespräch geht kein Weg vorbei. Geschäftsreisen müssen auch in Ausnahmezeiten möglich sein.

IHK-Infos telefonisch und online

Das sind sie auch. Man muss nur wissen, wie. Über die aktuellen Fakten informieren zahlreiche Anlaufstellen im Internet. Vor allem lohnt es sich, die IHK und die Außenhandelskammern zu kontaktieren. »Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bereich International sind laufend dabei, aktuelle Informationen zu Reisebeschränkungen beziehungsweise -möglichkeiten zu recherchieren und sofort ins Netz zu stellen«, sagt IHK-Expertin Vetter. Darüber hinaus informiere und berate man die Firmen telefonisch.

Die IHK für München und Oberbayern verfüge über hervorragende Informationen, bestätigt Modelscout Babel: »Ich war häufig mit den Mitarbeitern im Gespräch, sie haben mir alle wichtigen Neuigkeiten mitgeteilt. Es ändert sich ja dauernd etwas. Aber durch den ständigen Draht zur IHK wussten wir immer, was gerade Sache ist.«

Sogar Sonderflüge organisiert

Manchmal geht die Unterstützung auch weit über Informationen hinaus. So organisierte die IHK gemeinsam mit den AHKs zum Beispiel Sonderflüge nach China und Russland. Denn vor allem Konzerne wie BMW standen vor dem Problem, dass sie Mitarbeiter pandemiebedingt aus Risikogebieten ausgeflogen hatten, die Know-how-Träger nach einigen Monaten jedoch dringend wieder an den ausländischen Standorten brauchten. Die IHK unterstützte bestmöglich, damit diese Mitarbeiter in die wichtigen Zielgebiete fliegen konnten.

Mittelständler Berger hat zwar kein Sonderflugzeug bestiegen. Dennoch konnte auch er mithilfe der IHK für München und Oberbayern in die USA reisen: Durch den Austausch und die aktuellen Informationen auf der Webseite wusste er zum Beispiel, dass er die Voraussetzungen für Ausnahmeregelungen aufgrund nationaler Interessen (National Interest Exceptions – NIEs) erfüllen – und die Einreise beantragen muss, bevor er zu seinen Geschäftspartnern in Kalifornien fliegen kann. »Ich muss vor jedem Abflug schlüssig darlegen, dass mein Aufenthalt im wirtschaftlichen Interesse des Landes ist«, sagt er. Das sei aufwendig, einige Zeilen müsse man schon schreiben und per E-Mail versenden.

Sofern ein positiver Bescheid eintrifft, ist dieser auszudrucken; er wird sowohl beim Abflug als auch bei der Landung überprüft. Weitere Hürden, so der Unternehmer, habe es nicht gegeben: »Die Behörden in den USA waren bislang sehr pragmatisch, die Antwort war stets positiv.«

Infos rund um Geschäftsreisen

Zu Bedingungen für Auslandsreisen gibt es diese Anlaufstellen:

Wenn Mitarbeiter reisen sollen

Firmen haben ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter zu Kunden oder Geschäftspartnern reisen. Allerdings steht aktuell die Sicherheit der Angestellten an erster Stelle. Das heißt:

  • Während der Pandemie sollten Unternehmen Dienstreisen möglichst reduzieren und stattdessen technische Alternativen zur Verfügung stellen.
  • Aber: Sofern Reisen, auch ins Ausland, zum Arbeitsgebiet von Beschäftigten gehören, die Einreise vom Zielort nicht verboten wurde (das gilt selbst für Risikogebiete) und eine Präsenz dort notwendig ist, müssen die Mitarbeiter reisen.
  • Eine Gefährdungsbeurteilung muss darlegen, ob die Reise ins Ausland tatsächlich notwendig ist und in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken steht. Vor allem spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Mitarbeiter müssen berücksichtigt werden. Das heißt: Insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen sollten derzeit besser zu Hause bleiben.
  • Ist die Reise notwendig, darf der Arbeitgeber das Reisemittel bestimmen. Er kann also auf Flug oder Bahnfahrt bestehen, selbst wenn Mitarbeiter lieber das Auto nehmen möchten. Da Wegezeit bezahlte Arbeitszeit ist, müssen Arbeitnehmer die Vorgaben hinnehmen.
  • Der Arbeitgeber sollte außerdem im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zur Sicherheit der Reisenden beitragen, etwa mit der Bereitstellung von Schutzmasken und Tests vorab.

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