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Dein Beruf? Unternehmerin!

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Chefinnen von morgen? Die IHK-Aktion bietet Einblicke in den Berufsalltag

Die IHK organisiert im Rahmen des bundesweiten Girls’ Day die Aktion: »Ich werde Chefin«. Role Models laden Schülerinnen zu sich ein und bringen ihnen die Selbstständigkeit als berufliche Option näher.

Eva Müller-Tauber, Ausgabe 02/2022

An diesem Tag hat Unternehmerin Dagmar Schuller ungewöhnlich viel weiblichen Besuch. 14 Mädchen, allesamt Gymnasiastinnen oder Realschülerinnen im Alter von 11 bis 17 Jahren, sind ins oberbayerische Gilching zur audEERING GmbH gekommen. Eine Teilnehmerin ist für diesen Vormittag sogar extra aus Hannover angereist.

Sie alle wollen mehr über künstliche Intelligenz (KI) erfahren und darüber, wie es ist, als Frau ein IT-Unternehmen zu führen. Die Firma, die Schuller mitgegründet hat und zusammen mit Florian Eyben und Björn Schuller leitet, gehört zu den führenden Innovatoren bei KI-basierter Sprachanalyse. Ihre Technologie kann Emotionen anhand der Stimme erkennen.

KI-Expertin mit Fragen gelöchert

Nach einem Praxisworkshop dürfen sich die Mädchen an ihr eigenes KI-Modell wagen. Interessiert löchern sie die Firmenchefin zwischendurch mit Fragen: Was muss ich für einen Job in diesem Bereich können? Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es? Und was gehört zu den Must-haves, um Unternehmerin zu werden?

»Eine Vision. Mut, auch Sachen zu machen, die es noch nicht gibt. Bereitschaft, Dinge zu hinterfragen und eine eigene Meinung zu vertreten. Und die Fähigkeit, Infos kritisch zu bewerten«, zählt Schuller einige wichtige Voraussetzungen auf. Zudem müsse man Empathie für die Mitarbeiter und Verständnis für seine Zielgruppe aufbringen und entscheidungsfreudig sein.

Von der Dekorateurin zur Kommunikatorin

Etwa zeitgleich in den Räumlichkeiten von VISION HOCH DREI in Bad Tölz: Drei Mädchen sitzen bei Firmenchefin Beate Mader (54) und führen ein Interview mit der Social-Media- und Kommunikationsspezialistin. Was brachte die gelernte Dekorateurin dazu, sich Richtung Unternehmensberatung zu entwickeln? Welche Kompetenzen waren dabei hilfreich? Wie funktioniert Networking? Im Lauf des Vormittags erfahren die Schülerinnen viel über den Alltag einer Unternehmerin und gestalten daraus eine Story, die die Firmenchefin anschließend auf ihrer Instagram-Seite veröffentlicht.

Beide Szenen stammen aus dem März 2019, dem ersten Jahr der IHK-Aktion »Ich werde Chefin«. Sie zeigen, wie Unternehmerinnen es schaffen können, Mädchen die Selbstständigkeit als berufliche Option näherzubringen. Bei der Aktion gewähren die Chefinnen den Jugendlichen einen Vormittag lang Einblicke in ihren geschäftlichen Alltag und versuchen so, sie für den Beruf der Unternehmerin zu begeistern.

»Noch ordentlich Luft nach oben«

»2020 wurde die Aktion zum Teil digital umgesetzt, 2021 musste sie coronabedingt ganz entfallen, aber dieses Jahr wollen wir wieder voll durchstarten«, sagt Elfriede Kerschl, IHK-Referatsleiterin Fachkräfte, Weiterbildung, Frauen in der Wirtschaft. Sie ist überzeugt davon, dass dieser intensive Austausch beiden Seiten dient und hilft, Berührungsängste abzubauen. Vor drei Jahren nahmen rund 50 Firmen und 200 Schülerinnen teil – »hier ist noch ordentlich Luft nach oben«, so Kerschl. Nach wie vor gebe es mehr Männer als Frauen, die Unternehmen führen. »Deshalb wollen wir Mädchen verstärkt dafür sensibilisieren, dass es eine Option sein kann, sich selbstständig zu machen«, erklärt Kerschl.

Anderer Führungsstil

»Mädchen sehen in der Praxis, dass Frauen in Führungspositionen genauso Gehör finden wie ihre männlichen Kollegen – das ist wichtig, denn das Land braucht mehr Unternehmerinnen«, betont Ingrid Obermeier-Osl, CEO der Franz Obermeier GmbH in Schwindegg, IHK-Vizepräsidentin und Vorsitzende des IHK-Ausschusses Unternehmerinnen.

»An meinem Beispiel als geschäftsführende Gesellschafterin in einem mittelständischen Holzwerk sieht man, dass Frauen auch in Männerdomänen Anerkennung finden können. Sie verschaffen sich durch einen anderen Führungsstil – zum Beispiel durch mehr Zuhören und Verständnis von sozialen Aspekten, aber auch unternehmerische Härte im richtigen Moment – entsprechendes Gehör und finden dabei Anerkennung in unserer Gesellschaft sowie Zufriedenheit und Kraft für positives Handeln!«, so Obermeier-Osl, die an der IHK-Aktion von Beginn an teilnimmt.

Freude an der Selbstständigkeit

Günes Seyfahrt, Inhaberin des Unternehmens Die MacGyvers – Problemlöser und Neudenker in München, stellt sich dieses Jahr erstmals als Role Model zur Verfügung. Die 41-Jährige bietet Business-Coaching für junge Firmen, gründet gern selbst welche und investiert in Start-ups. »Ich fühle mich grundsätzlich als Vorbild, will zeigen, dass man auch als Mutter von drei Kindern erfolgreiche Unternehmerin sein kann. Gleichzeitig möchte ich mehr Mädchen dazu motivieren, sich selbstständig zu machen. Warum? Weil es Spaß macht und man tagtäglich daran wächst.«

Eine Erfahrung, die sie mit anderen Unternehmerinnen teilt. »Bei der IHK-Aktion kann ich zum einen aufzeigen, dass nicht nur die Top-5-Ausbildungsberufe sexy sind, und zum anderen, dass es Freude macht, selbstständig zu sein – es gibt so viele innovative Dinge umzusetzen«, sagt Unternehmerin Mader.

Man müsse auch als Chefin nicht überall Expertin sein, sondern Vertrauen in die kompetenten Kollegen haben, mit denen man zusammenarbeitet, macht audEERING-Chefin Schuller interessierten Mädchen Mut. Die 46-Jährige wird angesichts des positiven Feedbacks von 2019 und bei der digitalen Variante 2020 auch dieses Jahr wieder Gastgeberin bei der IHK-Aktion sein.

»Ich werde Chefin«: Role Models gesucht!

Beim Girls’ Day, der am 28. April 2022 stattfindet, können Mädchen in naturwissenschaftliche und technische Berufe hineinschnuppern, ihr Berufswahlspektrum erweitern und ihre individuellen Stärken kennenlernen.

Die IHK dreht diese Idee weiter: Bei ihrer Aktion »Ich werde Chefin« begegnen Schülerinnen vor Ort weiblichen Vorbildern und Frauen in Führungspositionen – das begeistert und motiviert. Dafür braucht es möglichst viele Unternehmerinnen, die am Girls’ Day als Role Models und Gastgeberinnen auftreten. Sie werden außerdem in Kurzporträts auf der IHK-Website vorgestellt.

Firmenchefinnen, die als Role Models an der IHK-Aktion teilnehmen möchten, wenden sich an:
deborah.zelmat(at)muenchen.ihk.de

Weitere Informationen zur IHK-Aktion »Ich werde Chefin« gibt es unter:
www.ihk-muenchen.de/girlsday2022

Informationen zum Girls’ Day:
www.girls-day.de

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