Betrieb + Praxis

Unterstützung für gute Ideen

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Wie wird aus innovativen Einfällen ein marktreifes Produkt?

Forschung und Innovation als Basis für internationalen Erfolg: Mit kostenfreien Dienstleistungen hilft die Bayerische Forschungs- und Innovationsagentur Unternehmen, Förderprogramme zu erschließen und ihr Netzwerk zu erweitern.

Mechthilde Gruber, Ausgabe 03/21

Allein – ohne die Hochschule München und ihre Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen und ohne das Engagement von Bundes- und Landeskriminalämtern – hätten wir das nicht geschafft«, sagt Johann Schleißheimer (65), Geschäftsführer der Schleißheimer Gerätebau GmbH in Gröbenzell.

Das kleine Familienunternehmen hätte weder die notwendigen Geldmittel noch das umfassende Expertenwissen aufbringen können, um das hochgesteckte Forschungsziel zu erreichen: ein innovatives Verfahren für die Forensik zu entwickeln, das es der Polizei ermöglicht, selbst unter schwierigen Einsatzbedingungen mit einem Roboter Fingerabdrücke und DNA-Spuren kontaktlos zu sichern und zu übermitteln.

Förderung für Verbund- und Anschlussprojekt

Die Bayerische Forschungsstiftung förderte das Verbundprojekt mit rund 330.000 Euro, die Schleißheimer Gerätebau GmbH war als Industriepartner mit an Bord. In enger Zusammenarbeit mit den Forschern und Kriminalexperten wurde die Idee bis zum fertigen Demonstrator entwickelt. Eine ebenfalls von Betriebswirtschaftlern der Hochschule durchgeführte Marktanalyse verspricht gute Absatzmöglichkeiten. Für das Anschlussprojekt – die Entwicklung eines Prototyps – stellte das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie im Rahmen des Bayerischen Technologieförderungs-Programms (BayTP) eine weitere Fördersumme von 118.000 Euro zur Verfügung. »Damit konnten wir unser Produkt bis zur Serienreife realisieren«, so der Geschäftsführer.

Wenn beide Seiten profitieren

Mit Testgeräten erproben derzeit bundesweit Spurensicherer der Landeskriminalämter den Einsatz in der Praxis. »Wir haben jetzt ein Hightech-Produkt, von dem die Forensiker begeistert sind und das wir verkaufen können«, sagt Schleißheimer. Für ihn ist die enge Zusammenarbeit zwischen Hochschule und Unternehmen die Basis des Erfolgs – eine Verbindung, von der Wissenschaft wie Wirtschaft profitieren.

BayFIA: rasche und unbürokratische Unterstützung

Um innovative Projekte wie dieses möglichst rasch und unbürokratisch auf Erfolgskurs zu bringen, wurde vor zehn Jahren die Bayerische Forschungs- und Innovationsagentur (BayFIA) gegründet. Sie besteht aus den vier Partnerorganisationen Bayerische Forschungsallianz, Bayerische Forschungsstiftung, Bayerische Patentallianz und Bayern Innovativ.

»Die BayFIA ist der zentrale Ansprechpartner für alle bayerischen Unternehmen, Hochschulen und anderen Akteure bei der Frage: Wie kann ich für mein Forschungs- und Innovationsvorhaben finanzielle Unterstützung bekommen, welche Fördermittel gibt es für mein Vorhaben?«, sagt BayFIA-Sprecher Martin Reichel. Von der ersten Projektidee bis zur industriellen Umsetzung bietet die BayFIA mit größtenteils kostenlosen Dienstleistungen einen umfassenden Service.

Neben der Unterstützung bei der Suche nach dem passenden Technologieförderprogramm ist für Unternehmen auch die Vernetzung mit geeigneten Partnern besonders nützlich. Jede der vier BayFIA-Organisationen leistet dabei ihren spezifischen Beitrag. Sie ergänzen einander, tauschen sich aus und kooperieren. »Wir wollen immer das Optimale für den Kunden erreichen«, betont Reichel.

Wer macht was?

Bayern Innovativ ist zum einen selbst Projektträger mehrerer bayerischer Förderprogramme. Die Mitarbeiter betreuen innovative Vorhaben von der Antragstellung bis zum erfolgreichen Abschluss und der Vermarktung. Zum anderen verknüpfen die von Bayern Innovativ gestalteten Netzwerke und Cluster Wissenschaftler und Unternehmen beispielsweise bei branchenspezifischen Kooperationsveranstaltungen oder Messeauftritten.

Die Bayerische Forschungsallianz (BayFOR) fungiert als EU-Beratungszentrum und unterstützt und berät große Forschungsverbundprojekte in Bayern und auf europäischer Ebene. Sie bietet als Partner im Enterprise Europe Network (EEN) gezielte Beratung und Unterstützung für bayerische Unternehmen, die sich für EU-Projekte interessieren und bewerben.

Die Bayerische Forschungsstiftung verfügt selbst über Fördermittel. Jährlich werden rund 15 Millionen Euro für anwendungsnahe Verbundprojekte von Wirtschaft und Wissenschaft im Hightech-Bereich zur Verfügung gestellt.

Die Bayerische Patentallianz (BayPAT) kommt ins Spiel, wenn Forschungsprojekte zur Produktreife gediehen sind. Sie evaluiert und vermarktet Erfindungen von Wissenschaftlern an bayerischen Universitäten und Hochschulen, unterstützt aber auch kleine und mittlere Unternehmen bei der schutzrechtlichen Sicherung und Vermarktung ihrer Erfindungen.

Beratung durch Experten: »Für Kunden ein entscheidender Vorteil«

Unter den rund 200 Mitarbeitern der BayFIA sind Spezialisten aus vielen Forschungs- und Innovationsbereichen. »Wir sind thematisch breit aufgestellt und können so die Projekte unserer Kunden auch verstehen«, betont BayFIA-Sprecher Reichel. »Das ist unser Alleinstellungsmerkmal – hier in Deutschland und in ganz Europa.« Bei jeder Antragstellung für Fördermittel müssen sowohl formale als auch inhaltliche Kriterien erfüllt werden. Dafür ist es wichtig, die entsprechenden Hintergrundpapiere der Fördermittelgeber wie beispielsweise des Bundes, der EU oder der Stiftungen zu kennen. »Unsere Experten beschäftigen sich tagtäglich damit – für unsere Kunden ein entscheidender Vorteil«, sagt Reichel.

Kein Elfenbeinturm, sondern Lösungen für die Gesellschaft

Eine ebenso wichtige Dienstleistung der BayFIA ist es, die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu verstärken. Die BayFIA sieht sich hier als eine Art Partnervermittlung. Sie bietet dafür verschiedenste Formate, zum Beispiel die von Bayern Innovativ regelmäßig organisierten »Brokerage Events«, auf denen sich potenzielle Partner über ihre Spezialthemen austauschen können. Davon profitieren beide Seiten, betont BayFIA-Sprecher Reichel: »Unternehmer bekommen Zugang zur Wissenschaft, Forscher den Zugang zur Praxis. Letztere können so beweisen, dass sie nicht in ihrem Elfenbeinturm leben, sondern tragfähige Lösungen für die Gesellschaft entwickeln.«

Auch die Smart4Diagnostics GmbH aus München hat von den Dienstleistungen der BayFIA profitiert. Das Start-up aus der Medizintechnik konnte mit seinem weltweit ersten digitalen Fingerabdruck für Humanblutproben die Europäische Kommission und die Europäische Investitionsbank überzeugen: Im Rahmen der Ausschreibung des neuen EU-Förderinstruments »EIC Accelerator Pilot« erreichte es unter knapp 2.000 Teilnehmern aus ganz Europa als bestplatziertes deutsches Unternehmen den dritten Platz.

Das Programm unterstützt kleine und mittelständische Firmen mit Wachstumspotenzial dabei, konkrete und hochriskante Innovationen zur Marktreife zu entwickeln. Die zugesagte Förderung von 2,5 Millionen Euro setzt das Start-up entsprechend ein. »Wir sehen unser Unternehmen als einen wichtigen Innovationswegbereiter in einem sich, verstärkt durch die Coronapandemie, extrem wandelnden Umfeld«, sagt Hans Maria Heyn (39), Geschäftsführer des Start-ups. »Unser Ziel ist es, unseren ›Digital Human Sample Fingerprint‹ als neuen Qualitätsstandard in der medizinischen Diagnostik zu etablieren.«

Hilfe im Antragsdschungel

Bei der Antragstellung zum EU-Förderprogramm wurde Smart4Diagnostics von der Bayerischen Forschungsallianz (BayFOR) beratend unterstützt. »Bei jeder Förderung muss man durch einen Antragsdschungel, der extrem verästelt ist«, sagt Heyn. »Die BayFOR-Experten wissen genau, welche Prozesse dabei ablaufen, welche Schritte eingehalten und welche Aspekte beachtet werden müssen. Ebenso erkennen sie, was innovativ ist, und sie wissen, was hier von EU-Seite verlangt wird.« Die Zusammenarbeit mit BayFOR hat dem Unternehmen aber nicht nur finanzielle Förderung gebracht, betont der Geschäftsführer.

Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit

So sei BayFOR ein wichtiger Ansprechpartner, der sich beispielsweise auch um Öffentlichkeitsarbeit kümmere. »Besondere Vorteile bringt für uns als junges, innovatives Unternehmen jedoch der Zugang zu den weltweiten Netzwerken der Forschungsallianz«, sagt Heyn. Über das Enterprise Europe Network ist die BayFIA mittlerweile mit über 600 Organisationen in 60 Ländern international vernetzt.

Stichwort: BayFIA: Von der Produktidee zur Innovation

Die von der bayerischen Staatsregierung initiierte Bayerische Forschungs- und Innovationsagentur (BayFIA) bietet kleinen und mittleren Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Bayern als zentrale Anlaufstelle umfassende Unterstützung bei der Umsetzung ihrer Projekte.

Die BayFIA bringt Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, organisiert Netzwerke, berät alle Beteiligten und hilft bei der Gewinnung von Fördergeldern des Freistaats, des Bundes und der EU.

Alle Details unter www.forschung-innovation-bayern.de und Servicetelefon: 0800 / 0268724.

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