Edler Käse, neue Konzepte

Der Olchinger Käsespezialist Heiderbeck setzt konsequent auf Digitalisierung – und verbindet so Tradition und Moderne.
SABINE HÖLPER, Ausgabe 10/2022
Peter Steding ist ausgewiesener Käseexperte. Der Geschäftsführer der Heiderbeck GmbH leitet die Vertriebs- und Marketinggesellschaft für hochwertige Käsespezialitäten und Feinkostprodukte in dritter Generation. 53 Jahre ist er alt und damit alles andere als ein Digital Native.
»Kreativer Zerstörer«
Doch seine Bestrebungen, den Betrieb in Olching bei München in die digitale Zukunft zu führen, sind groß: »Es ist besser, die Welle vorne zu surfen, als hinten unterzugehen«, erklärt er und nennt sich einen »kreativen Zerstörer nach Schumpeter«. Der Ökonom Joseph Schumpeter sah die Zerstörung als notwendig – und nicht etwa als Systemfehler –, damit Neuordnung stattfinden kann.
Vierfache Lagekapazität dank »AutoStore«
Seit Jahren treibt der Geschäftsführer digitale Neuerungen in dem 85 Jahre alten Unternehmen voran. Erst in diesem Frühjahr ließ er ein neues, hochmodernes robotergestütztes Lagersystem einrichten. »AutoStore« konnte die Lagerkapazität vervierfachen. »Wir sind in puncto Innovationskraft ganz weit vorne«, sagt Steding selbstbewusst und meint: »Kaum ein Mittelständler kann da mithalten.«
25 Kilogramm Käse verzehren die Deutschen im Schnitt pro Jahr – und Heiderbeck sorgt mit dafür, dass die unterschiedlichsten Sorten den Weg zu ihnen finden. In allen europäischen Ländern kauft das Unternehmen, das rund 90 Mitarbeiter beschäftigt, Käse und andere Feinkostprodukte wie Antipasti oder Senfaufstriche ein, vor allem in Frankreich, Italien, Spanien, Österreich und der Schweiz. Käse macht den mit Abstand größten Anteil am Umsatz aus.
Sorten mit Charakter
Seine Produkte vertreibt das Unternehmen in Lebensmittelgeschäften in ganz Deutschland, vor allem in Supermärkten, Biomärkten und Discountern, außerdem in einigen Ketten in Österreich, im eigenen Outlet-Store sowie online zum Beispiel über Amazon. Etwa 4.000 verschiedene Artikel hat Heiderbeck im Sortiment, Verpackungs- und andere Variationen eingerechnet.
Die Produkte sind vorwiegend höherwertig. Heiderbeck bietet vor allem Produkte für den speziellen Genuss – Sorten mit besonderem Charakter aus Rohmilch, Kuh-, Ziegen-, Schaf- und Büffelmilch, laktosefreien Käse, Heumilchkäse, affinierter sprich veredelten Käse, etwa mit Spargel, Wasabi oder Weißbier, vegane Spezialitäten sowie Trendprodukte wie Burrata oder Scamorza. Die Oberbayern beziehen den Käse von etwa 300 Lieferanten, bündeln die Ware, kommissionieren sie – und liefern sie tagesaktuell an die Zentrallager der Abnehmer. Von dort aus gelangt sie in die Frischkäsetheken und Selbstbedienungsregale der Läden.
Ausgeklügelte SupplyChain-Konzepte
Gemeinsam mit Handelsketten wie Rewe oder Edeka wurden ausgeklügelte SupplyChain-Konzepte entwickelt. Denn die zentralen Lager der großen Einzelhändler decken nur rund 75 Prozent des Käsesortiments ab, den Rest liefern andere zu – wie zum Beispiel Heiderbeck. Die Olchinger sind oft der einzige Zulieferer, aber mit Produkten von etlichen Erzeugern.
Für Verbraucher ist nicht zu erkennen, in welchem, sagen wir Südtiroler, Bergdorf der Käse hergestellt wurde. Die Kunden kaufen die ihnen vertrauten Marken, etwa »Purist« oder »Bergdiamant«. Sechs Produktlinien, sogenannte Selected Brands, hat das Unternehmen im Portfolio, zudem die Eigenmarke »Casa di Pietro«. Heiderbeck sieht sich als Bindeglied zwischen Produzenten und Markt. Es vertreibt nicht nur Spezialitäten, sondern entwickelt auch gemeinsam mit Handelspartnern neue Trends.
»Lager-Revolution« auf 5.000 Quadratmetern
Die setzt das Unternehmen auch im Betrieb selbst. Die »Lager-Revolution« ist nur ein Beispiel dafür. Ohne das neue System hätten die 5.000 Quadratmeter Lager bald nicht mehr ausgereicht, das Unternehmen hätte anbauen müssen. Das ist nun wegen des optimierten Arbeitsflusses nicht mehr notwendig.
Im Sommer 2021 wurde die Website modernisiert. Das Unternehmen ist auf allen erdenklichen Social-Media-Plattformen aktiv, von Facebook über Instagram bis hin zu Pinterest. Es verschickt Newsletter, Heiderbeck-TV sendet Einblicke in die Welt des Heiderbeck-Käses.
Aktuell bauen IT-Spezialisten weitere Webshops auf: für Endverbraucher und für Geschäftskunden. »Wir wollen europaweit die Märkte angehen«, sagt Steding.
Mit eigener Akademie
Fortschrittlich sind die Olchinger auch in Sachen Nachhaltigkeit. 2016 erhielt die Firma für ihren photovoltaisch angetriebenen Kaltsoleerzeuger den »Deutschen Kältepreis«. Der Kaltsoleerzeuger kühlt das Lager mit dem natürlichen Kältemittel Propen. Im Winter werden mit der Abwärme der Anlage die Firmengebäude geheizt.
Für Steding sind die Auszeichnungen nicht elementar. Seine Ziele sind klar definiert: Er will »die Verbreitung und den Erhalt von landestypischen Käsekulturen fördern«. Deshalb hat er auch eine hauseigene Akademie gegründet, die Wissen ebenso weitergibt wie ins Haus holt, etwa in Form von Diskussionsforen mit Branchenexperten.
Außerdem möchte der Unternehmer die Firma erfolgreich in die nächste Generation führen. Ob eines seiner drei Kinder einmal übernimmt oder jemand anderes, ist derzeit offen und für Steding auch gar nicht so entscheidend. Wichtig sei, dass die Firma in beste Hände kommt, findet er. Wie das gelingen kann, bespricht er mit einem neu geschaffenen Beirat.