Auf Augenhöhe begegnen
Wer jetzt noch Lehrstellen zu besetzen hat, muss sich sputen. Erfolgsversprechend ist die Azubisuche dort, wo sich Jugendliche vor allem aufhalten: in den Sozialen Medien und Schulen.
Von Sebastian Schulke, 09/2024
Die Zeit rennt: Das neue Ausbildungsjahr hat bereits begonnen, und noch immer sind viele Ausbildungsplätze in der Region nicht besetzt, wie die aktuellen Zahlen der Arbeitsagentur belegen. Sie sprechen eine klare Sprache: Ende August gab es in Oberbayern 8.812 unbesetzte Lehrstellen im gesamten Ausbildungsmarkt, der neben den IHK-Sektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen auch das Handwerk, die freien Berufe und den öffentlichen Dienst umfasst.
Diesem Angebot standen 2.815 als unversorgt gemeldete Ausbildungsplatzbewerber gegenüber. In der Region kommen damit rein rechnerisch aktuell auf jeden unversorgten Kandidaten 3,1 freie Lehrstellen. Immerhin: Im Bezirk der IHK für München und Oberbayern lag die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge Ende August 2024 um 1,5 Prozent höher als zum Vergleichszeitpunkt 2023.
Ausbildungsstart unterjährig möglich
Gleichwohl suchen viele Betriebe auch hier noch händeringend nach Azubis. „Seit einigen Jahren haben wir nun schon diese sehr angespannte Situation“, sagt Florian Kaiser. Er ist der Leiter der Abteilung Berufliche Ausbildung bei der IHK für München und Oberbayern und erklärt: „Die Berufsschulen haben darauf bereits reagiert. So kann man grundsätzlich auch nach dem klassischen Start im September jederzeit mit einer Ausbildung beginnen“, sagt Kaiser.
Denn: Es gebe genau für solche Situationen vereinzelt Berufsschulen, die noch im Februar mit einer eigenen Schulklasse starten. Wer im Oktober oder November mit einer Lehre beginnen würde, müsse die Lehrinhalte entsprechend nachholen. „Das ist auch machbar“, meint Kaiser, der aber betont: „Es sollte nicht zur Regel werden.“
Moderne Kanäle und IHK Bildungspartnerschaften
Jeder einzelne Betrieb sei aufgrund der anhaltenden Situation gefragt und gefordert, sich frühzeitig und mit Weitsicht um seine offenen Ausbildungsplätze zu kümmern – und sich dafür auch den neuen und modernen Gegebenheiten anzupassen. So sollte die Betriebe nicht nur bei Ausbildungsbörsen auf die Suche gehen, sondern gleichermaßen die modernen Kanäle und sozialen Medien nutzen wie TikTok oder Instagram. „Da bewegen sich die jungen Menschen, tauschen sich aus“, sagt Kaiser. Auch der direkte Kontakt zu Schulen sei hilfreich. „Die IHK Bildungspartnerschaften bringen Wirtschaft und Schule zusammen und sorgen für einen frühzeitigen und nachhaltigen Austausch“, so Kaiser.
Persönlicher Kontakt als Erfolgsfaktor
Die buntkicktgut g GmbH, eine Organisation, die bundesweit interkulturelle Straßenfußball-Ligen organisiert und in München zwei Ausbildungsplätze anbietet, profitiert von ihrem kurzen Draht zur Jugend. „Wir müssen glücklicherweise nicht lange nach Auszubildenden suchen. Unser großer Vorteil ist, dass wir in einem sehr persönlichen und direkten Kontakt zu den Jugendlichen stehen“, sagt Matthias Groeneveld, stellvertretender Leiter von buntkicktgut.
„Denn unsere Street Football Worker, die mit den Kindern in den Straßen von München Trainings organisieren und über den Fußball spielerisch Werte wie Fairplay, Respekt und Toleranz vermitteln, sind oft in dem gleichen Alter wie unsere Auszubildenden – und begegnen diesen somit auf Augenhöhe. Das senkt Hemmschwellen und fördert einen gemeinsamen Austausch.“
„Zudem sind unsere Ausbildungsplätze auch deswegen sehr gefragt, weil wir die jungen Menschen mitgestalten lassen, ihnen Verantwortung übergeben.“ Dieser partizipative und selbstwirksame Ansatz komme gut an, so Groeneveld. „Wir arbeiten da auch mit Schulen eng zusammen, haben dort unsere School Football Worker, die mit den Schülerinnen und Schülern in Kontakt stehen.“
IHK-Info: IHK-Bildungspartnerschaften
Mehr Infos, wie sich Bildungseinrichtungen und Wirtschaft auf Augenhöhe, praxisnah und mittelfristig verbinden, auf der Website zu den IHK-Bildungspartnerschaften.