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Storytelling: Nachhaltigkeit kommunizieren

V. Zayika ©
Brainstorming für eine gute Story – bei der Agentur forStory

Wenn ein Unternehmen der Öffentlichkeit sein ökologisches und soziales Engagement nicht nur knapp vorstellt, sondern über den Storytelling-Ansatz lebendig erzählt und einordnet, wachsen Wirkung und Glaubwürdigkeit.

Von Ulrich Pfaffenberger, 11/2023

Firmen, die ihr Engagement im weiten Feld des nachhaltigen Wirtschaftens öffentlich machen wollen, brauchen dafür in der Regel mehr als ein paar kurze Worte. Denn sie „widmen sich meist einem spezifischen Teilgebiet, in das entweder nur ein Teil unserer Gesellschaft einen Einblick hat oder dessen Wahrnehmung auf Grund fehlender Berührungspunkte bereits verzerrt ist“, stellt Laura Zwerger fest. Sie arbeitet für socialbee in München, ein Start-up, das Geflüchteten bei der Jobsuche und Unternehmen bei der diversen Besetzung von Stellen hilft. „Nicht nur Zugang zu schaffen, sondern auch über reale Zustände aufzuklären, ist ausschlaggebend dafür, dass diese Themen gesellschaftlich und auch wirtschaftlich Rückhalt erfahren.“ Sie plädiert daher für eine Kommunikation, die nicht nur knappe Fakten aufführt, sondern auch Zusammenhänge schildert, die Geschichten in ihren Kontext stellt und emotionalisierter, lebendiger erzählt. Kommunikationsexperten nennen das Storytelling.

Zwerger sieht in solchen breit angelegten Erzählungen zum sozialen oder ökologischen Engagement eine Chance, Stereotypen und Vorurteilen entgegenzuwirken. Für ihr Unternehmen heißt das: „Ein emotionalisierendes Storytelling ist nahe an den Menschen, die hier in Deutschland ankommen und ein neues Leben aufbauen möchten – genauso wie an den Unternehmen, die diese Menschen bei sich einstellen.“ So ließen sich Ressentiments in unserer Gesellschaft abbauen und Berührungspunkte ermöglichen. „Statt Komplexität bieten wir den Adressaten einen menschlichen Zugang zu einem Thema“, sagt Zwerger.

Lebendige Geschichten erzählen

Auf diese Weise werden CSR-Darstellungen auch einzigartig und sprengen den Rahmen des Üblichen, ergänzt Philipp Exler, Managing Director bei der Agentur forStory in München, die Unternehmen beim Storytelling im Bereich der Nachhaltigkeit begleitet. „Es geht nicht darum, die x-te Story vom Bienenvolk auf dem Firmengelände zu erzählen, was natürlich trotzdem schön ist.“ Er betont: „Ich würde das Thema aber gern größer machen und sagen, dass die Transformation eine Story braucht – genau genommen ganz viele Stories.“ Wie schon in den Gleichnissen der Bibel, in den Fabeln Jean de la Fontaines oder in der Sendung mit der Maus verstünden Menschen die Welt besser durch lebendig erzählte Geschichten. Seien solche Narrative erst in der Welt, tragen sie entscheidend dazu bei, „welche Lösungen wir überhaupt denken können oder als sinnvoll erachten“, so Exler. Storytelling kann somit zum Hebel für die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit werden.

Leser an den Haken nehmen

Wenn man ihn fragt, wie eine solche Story beginnt, und was sie unbedingt erzählen muss, fällt Exlers Empfehlung eindeutig aus: Wie die Geschichte beginnt, könne und müsse unterschiedlich sein. „Jede Story braucht aber einen Konflikt beziehungsweise eine Veränderung, eine Transformation der Protagonisten und Protagonistinnen. Ohne diesen Konflikt ist eine Geschichte schnell langweilig.“ Grundsätzlich gelte, dass ein gutes Storydesign die Aufmerksamkeit der Zielgruppe gewinnen, halten und belohnen muss. „Wir brauchen zu Beginn also einen ‚Hook‘, damit sich überhaupt jemand für diese Story interessiert.“ Die Lesenden müssen an den Haken genommen werden und hängen bleiben.

Gemeinsam auf den Weg machen

Laura Zwerger von socialbee rät aus eigener Erfahrung zum Prinzip „einfach machen und sich trauen“. Durch Sprache Bilder zu erzeugen, koste erstmal nichts außer ein bisschen Überwindung. Auch der finanzielle Aufwand halte sich dann in Grenzen. Das sieht auch Exler so, der ohnehin vor zu viel Perfektionismus warnt. Dieser sei oft schlicht unrealistisch und unglaubwürdig. Dazu komme, dass die perfekte Story auch langweilig sei. Er findet: „Spannend sind doch nicht die letzten zwei Meter vor dem Berggipfel, sondern der gesamte Weg dorthin, mit allen Unsicherheiten, Hürden und Herausforderungen. Das Schöne ist, dass man mit gelungenem Storytelling die Zielgruppe mit auf diese Reise nehmen und gemeinsam gestalten kann.“

Stichwort: Storytelling

Das Wissensportal Onlinemarketing-Praxis beschreibt Storytelling (deutsch: Geschichten erzählen) als Kommunikationsmethode zur Vermittlung von Informationen, Wissen, Werten, Meinungen et cetera. Dies kann über Sprache, Text, Bild oder Videos erfolgen. Dabei werden nicht-emotionale Inhalte in Geschichten verpackt, um über die Geschichte Emotionen und Interesse bei Zuhörern, Lesern oder Betrachtern zu wecken.

Storytelling wird immer stärker in der Zielgruppenansprache genutzt, um Informationen so interessant aufzubereiten, dass sie bei der Zielgruppe ankommen und im Gedächtnis bleiben.
Hierbei können wahre Geschichten aus dem Alltag, Anekdoten oder Erfahrungen genutzt werden. Aber auch konstruierte Geschichten sind beim Storytelling möglich.

Mögliche Einsatzgebiete von Storytelling

  • Weitergabe von Informationen (Wissen)
  • Aufzeigen von Problemlösungsstrategien
  • Einführung neuer Denkprozesse
  • Vermitteln von Lebenserfahrung
  • Handlungsmotivation
  • Definition von Rollenerwartungen
  • Erweiterung des Repertoires an Verhaltensweisen
  • Verhaltensänderungen anregen

Henrike Purtik, Referentin für Nachhaltigkeit bei der IHK für München und Oberbayern, ergänzt: „Gerade unter Gründern und Gründerinnen ist die Methode schon weit verbreitet, um potenzielle Investoren von dem eigenen Geschäftsmodell zu überzeugen.“

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