Kampf gegen den To-go-Müll

Animaflora PicsStock/Adobe Stock ©
Soll weniger werden: Achtlos weggeworfener Müll aus Einwegkunststoff

Verbraucher werfen Einwegkunststoffverpackungen achtlos weg, Hersteller und Inverkehrbringer zahlen mit, dass der Müll wieder eingesammelt wird. Das müssen betroffene Unternehmen zum neuen Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) wissen.

Von Gabriele Lüke, 12/2023

Schnell einen Coffee-to-go oder Pommes Frites im Plastikschälchen auf die Hand? Das ist bequem und lecker. Aber wohin mit dem Verpackungsmüll? Gern landet der auch mal in Parks, auf Gehwegen, quillt aus überfüllten Abfalleimern an Bushaltestellen oder in Einkaufszentren.

Diesem sogenannten Littering, dem achtlosen Wegwerfen von Müll in die Umgebung, hat der Gesetzgeber nun den Kampf angesagt. Das Einwegkunststofffondsgesetz (EWKFondsG) soll dem Vermüllen Einhalt gebieten. Es gilt ab dem 1. Januar 2024 und stellt den vorerst letzten Schritt zur Umsetzung der EU-Einwegkunststoffrichtlinie dar.

Gesetzestext lässt Fragen offen

Betroffen sind aber nicht die verschmutzenden Konsumenten, sondern die Hersteller beziehungsweise Inverkehrbringer von Einwegkunststoffverpackungen für Lebensmittel, aber auch anderen Einwegplastikprodukten. Sie haben sich beim Umweltbundesamt zu registrieren, die Müllmengen zu schätzen und dafür eine Einwegkunststoffabgabe zu bezahlen. Das eingenommene Geld kommt den Kommunen zugute, die damit wiederum das Einsammeln des Mülls co-finanzieren.

Klingt nach einem sinnvollen Plan. „In der Praxis ist es aber etwas komplizierter. Es ist nicht immer ganz eindeutig aus dem Gesetz herauszulesen, wer in welchem Fall zahlt. Das Bundesumweltministerium hat aber für 2024 eine Klarstellung angekündigt“, erläutert IHK-Fachfrau Sabrina Schröpfer. Das sollten Unternehmen vorab bereits wissen:

Von To-go-Müll bis Feuerwerkskörper

Um welche Produkte geht es eigentlich?

  1. Kunststofflebensmittelverpackungen mit oder ohne Deckel, deren Inhalt unmittelbar und ohne weitere Zubereitung aus der Verpackung gegessen wird oder mitgenommen wird – das sind etwa To-go-Salat- oder Pommes-Frites-Schälchen oder auch Joghurtbecher
  2. Aus flexiblem Material hergestellte Tüten und Folienverpackungen (Wrappers) mit Lebensmittelinhalt, der ebenfalls unmittelbar aus der Tüte oder dem Wrapper verzehrt werden kann – das sind etwa Chipstüten oder Verpackungen von einzelnen Schoko- oder Kraftriegeln
  3. Getränkebehälter mit einem Fassungsvermögen bis zu drei Litern, auch Pfandflaschen
  4. Getränkebecher
  5. Leichte Kunststofftragetaschen
  6. Feuchttücher (für Körper- oder Haushaltspflege)
  7. Luftballons (für den Consumerbereich)
  8. Tabakprodukte mit Filtern sowie Filter, die zur Verwendung in Kombination mit Tabakprodukten vorgesehen sind
  9. Ab 2027 auch Feuerwerkskörper
Erstinverkehrbringer gefordert

Wer muss sich registrieren und zahlen?

Verantwortlich ist derjenige, der das entsprechende Produkt erstmals in Deutschland in Verkehr bringt, also auf dem auf dem Markt bereitstellt. Dabei kann der sogenannte Erstinverkehrbringer auch als Importeuer von Dritten (ausländischen Herstellern) auftreten.

Bei Lebensmittelverpackungen für den To-Go-Bereich wie unter Punkt 1 oben definiert, bei Getränkeflaschen (Punkt 3), Getränkebechern (Punkt 4) sowie bei leichten Plastiktragetüten, Feuchttüchern, Luftballons, Tabakprodukten und Feuerwerkskörpern (Punkte 5 bis 9) zahlt jeweils der Hersteller der Verpackung/des Produkts beziehungsweise der Erstinverkehrbringer in den Fonds.

Befüller in der Pflicht?

Anders ist es jedoch bei den Tüten und Folienverpackungen (Wrappers) mit Lebensmittelinhalt (Punkt 2). Hier ist das Gesetz partiell noch uneindeutig. Die IHK geht bei diesen Produkten davon aus, dass der Befüller verantwortlich ist und zur Kasse gebeten wird. Eindeutig wird sich das Umweltbundesamt wohl nächstes Jahr äußern.  

Das heißt, Kioskbesitzer, die einen To-go-Salat oder Schokoriegel anbieten, oder auch Getränkeautomatenaufsteller müssen nicht befürchten, in die Pflicht genommen zu werden. Es sind die Hersteller beziehungsweise Erstinverkehrbringer der Schälchen, Riegel oder Getränkebecher, die zahlen müssen.

Klare Preisangaben

Wie viel wird gezahlt?

Es gelten pro Kilogramm folgende Abgabesätze in Euro:

  • Lebensmittelbehälter 0,177
  • Tüten und Folienverpackungen 0,876
  • Nicht bepfandete Getränkebehälter 0,181
  • Bepfandete Getränkebehälter 0,001
  • Getränkebecher 1,236
  • Leichte Kunststofftragetaschen 3,801
  • Feuchttücher 0,061
  • Luftballons 4,340
  • Tabakprodukte mit Filtern und Filter für Tabakprodukte 8,972
Prüfpflicht nur bei mehr als 100 Kilogramm

Was sollten die Betriebe noch wissen?

Die durch das EWKFondsG verpflichteten Unternehmen erhalten kein amtliches Schreiben etwa vom Finanz- oder Umweltbundesamt. Sie müssen sich selbst informieren und die Regelung umsetzen.

Stand jetzt gelten bundesweit rund 56.000 Unternehmen als betroffen – große oder kleine. „Es geht darum, dass sie die beschriebenen Produkte in den Verkehr bringen“, erläutert Schröpfer. „Die Größe der Unternehmen ist daher unerheblich.“

Jeder Betroffene muss sich beim Umweltbundesamt auf der digitalen Plattform DIVID registrieren und dabei angeben, welche Menge der genannten Produkte in Kilogramm er pro Jahr abgibt. Die Registrierung bei DIVID kann Stand jetzt (14.12.2023) ab dem 1. April 2024 erfolgen. Die Meldungswerte müssen von einem externen Wirtschaftsprüfer bestätigt werden. Allerdings nur wenn die gemeldete Menge über 100 Kilogramm pro Jahr liegt. Liegt sie unter 100 Kilogramm, entfällt die Bestätigungs-, also Prüfpflicht; die Registrier- und Meldepflicht bleibt aber auch dann. Ab 2025 wird zum ersten Mal rückwirkend für 2024 gezahlt.

IHK-Service: Einwegkunststoffe

Mit der EU-Einwegkunststoffrichtlinie (EU-Richtline 2019/904) möchte die EU den Verbrauch von Produkten aus Einwegkunststoff reduzieren, die Ressource „Kunststoff“ besser bewirtschaften - hin zu einer Kreislaufwirtschaft mit innovativen und nachhaltigen Geschäftsmodellen - sowie das achtlose Wegwerfen von Abfällen (Littering) in die Umwelt begrenzen. Der IHK-Ratgeber hat ausführliche Informationen.

Verwandte Themen