Solvent mit System

Ein gezieltes Forderungsmanagement hilft Firmen, ihre Geldflüsse zu kontrollieren und Außenstände zu reduzieren.
Von Monika Hofmann, 4/2025
Harte Zeiten für bayerische Firmen: Mittlerweile hat die Zahl der Insolvenzen im Freistaat einen Höchststand erreicht. Von 2018 bis 2024 stieg sie um 34,33 Prozent, so die Wirtschaftsauskunftei Creditsafe. Ihr zufolge liegen die Hauptursachen bei den Energiepreisen und den Nachwirkungen der Coronapandemie.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen können Unternehmen einiges tun, um zahlungsfähig zu bleiben. „Mit einem gezielten Forderungsmanagement sorgen Betriebe dafür, dass ihre Rechnungen tatsächlich beglichen werden, und sichern so ihre Liquidität,“ betont Wolfgang Wadlinger, betriebswirtschaftlicher Berater der IHK für München und Oberbayern.
Großkunde zahlt nicht
Gerade noch rechtzeitig reagierte Miriam Henninger (Name von der Redaktion geändert). Für die Gastronomin war es höchste Zeit, die Spur zu wechseln. Vor der Coronapandemie liefen ihre Geschäfte glänzend, danach eher schleppend. Daher änderte sie ihr Geschäftsmodell, setzte auf Lieferservice und nahm verstärkt regionale Produkte ins Angebot.
Ihre Maßnahmen fruchteten, die Kundenanfragen stiegen. Henninger freute sich über jeden neuen Auftrag. Doch dabei vergaß sie, die Neukunden vorab unter die Lupe zu nehmen – ein Fehler, der sie fast in Existenznöte gebracht hätte. Denn die Forderung eines Großkunden drohte auszufallen.
Bonität prüfen
Durch intensive Gespräche auf Augenhöhe mit dem Kunden schaffte sie es schließlich, neue Zahlungsbedingungen zu vereinbaren. Damit konnte sie das Schlimmste verhindern. Seitdem hat sie ein durchdachtes Forderungsmanagement im Unternehmen etabliert – von der Bonitätsprüfung bis zur Mahnung.
Ein wichtiger Schritt: Denn verfügbare Gelder sind lebenswichtig für jedes Unternehmen. Brechen sie weg, zum Beispiel wegen nicht beglichener Forderungen, droht die Insolvenz. Das gilt umso mehr für kleine und mittlere Unternehmen, in denen es oft üblich ist, die Liquidität nur quartalsweise zu prüfen.
„Das ist viel zu selten“, mahnt Wadlinger. Stattdessen sollten sie dies mindestens monatlich tun. Nur so können sie noch rechtzeitig gegensteuern. Am wichtigsten sei daher eine integrierte Finanzplanung. Diese umfasst neben dem Liquiditätsplan, also den Zahlungsein- und -ausgängen, auch eine Umsatz- und Ertragsvorschau sowie gegebenenfalls eine Bilanzplanung.
Frühwarnsystem etablieren
Am besten erstellen die Firmen den Liquiditätsplan mit ihren aktuellen Unternehmenszahlen. Zudem sollten sie eine Vorschau für die nächste Zeit aufsetzen und die Risiken einschätzen: Was passiert, wenn wichtige Forderungen wegbrechen? Wo liegen weitere bedeutende Risiken?
„Unternehmen sollten dabei insbesondere klären, wie sich die flüssigen Mittel im besten, im mittleren und im schlechtesten Fall entwickeln“, rät der IHK-Experte. So lasse sich die Liquidität besser im Blick behalten, Engpässe früh erkennen und abwenden.
Zahlungsziele im Blick
Wenn die Firmen ihre Zahlungsvereinbarungen prüfen und ändern, lassen sich oft noch Forderungen sichern. „In vertrauensvollen Gesprächen mit dem Kunden können sie neue Zahlungsbedingungen vereinbaren“, rät Wadlinger. So können sie etwa mit verlängerten Zahlungsfristen den Kunden weiterhelfen, die in vorübergehenden finanziellen Engpässen stecken. Alle Zahlungsziele sollten sie regelmäßig prüfen und aktualisieren.
Jedes Unternehmen sollte sich ohnehin vorab Informationen zur Bonität seiner Kunden verschaffen und sie aktuell halten. Dafür lässt sich auf Wirtschaftsauskunfteien zurückzugreifen. Für Kunden mit guter Bonität ist es sinnvoll, Lieferantenkredite einzuräumen. Am besten ist es, regelmäßig unter anderem folgende Fragen für sich zu beantworten:
- Hat sich das Zahlungsziel des jeweiligen Kunden verschoben?
- Überschreitet er es oft?
- Zahlt er nur Teilbeträge?
Wer diese Fragen bejaht, muss davon ausgehen, dass sich die Bonität seines Kunden verschlechtert hat.
Forderungsverkauf als Alternative
Wer auf Factoring setzt, kann das Risiko gefährdeter Forderungen auslagern: Das Unternehmen verkauft hierbei seine Außenstände ganz oder teilweise an ein Factoringunternehmen. Dabei übernehmen die Factoringfirmen das Bonitäts- und Insolvenzrisiko und ziehen auch die Forderungen ein. Im Gegenzug erhält das Unternehmen sofort einen Teil der offenen Forderungen – als sofortigen Liquiditätsschub.
Hierbei können die Zahlungsziele bis zu 90 Tage betragen. „Besonders für kleine und mittlere Firmen eignet sich Factoring. Sie profitieren von schneller Liquidität und können so das hohe Risiko minimieren, das Neukunden mit sich bringen“, so IHK-Experte Wadlinger.
Professionell mahnen
Und wenn Kunden ihre Rechnungen nicht fristgerecht bezahlen? „Dann sollten die Firmen im eigenen Interesse zeitnah weitere Schritte einleiten“, empfiehlt Wadlinger. Zunächst gelte es, die wirtschaftliche Lage der Kunden zu prüfen und zu klären, ob veränderte Zahlungsbedingungen weiterhelfen. Falls nicht, sei es wichtig, umgehend den Mahnprozess zu starten. Auch das lasse sich an Inkassofirmen delegieren. Bei erfolglosem Inkasso können die Firmen gerichtliche Mahnbescheide beantragen.
IHK-Info: Forderungsmanagement
Die IHK für München und Oberbayern bietet online umfangreiche Informationen und Services zum Forderungsmanagement.