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Hart, aber fair

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Gegenwind parieren, selbstbewusst bleiben, gutes Honorar verhandeln

Um bei Honorarverhandlungen zu punkten, müssen Selbstständige den Wert ihrer Leistungen kennen – und benennen. Was sonst noch wichtig ist, um die beste Vergütung zu erreichen.

Von Sabine Hölper, 07/2024

Silvia Ziolkowski ist „Zukunftsentwicklerin“. In Vorträgen und Coachings macht sie Selbstständigen seit mehr als 20 Jahren „Lust auf die Zukunft“. Anfangs verging ihr allerdings selbst manchmal die Lust – immer dann, wenn ein Auftraggeber ihr Honorar drücken wollte. Meistens lautete der Grund, das Budget sei zu knapp. „Dann hatte ich Mitleid und gab nach“, sagt die Expertin aus Erding.

Diese Zeiten sind vorbei. „Mittlerweile bin ich beim Honorar sehr klar“, sagt Ziolkowski. Die Erfahrung und ein Coaching halfen ihr, bei Verhandlungen standhaft zu bleiben. Sie erklärt den Kunden, dass es diese viel mehr kostet, wenn sie auf ihre Beratung verzichten. Und kommt der Einwand, dass jemand anderes günstiger sei, bittet sie, die Expertise des Unterbietenden zu überprüfen. Die Strategie geht fast immer auf. Und falls doch einmal nicht, bleibt sie sich trotzdem treu. „Ich biedere mich nicht mehr an.“

Angst, den Auftrag zu verlieren

Vielen Selbstständigen geht es ähnlich wie Ziolkowski in ihren ersten Jahren. Sie werden unter Wert bezahlt. Warum? Weil sie es mit sich machen lassen. Sie verhandeln entweder gar nicht oder nicht gut. „Viele haben so viel Angst, dass sie gar nicht erst loslaufen“, sagt die Münchner Verhandlungstrainerin Claudia Kimich. „Sie fürchten, den Auftrag zu verlieren.“ Daher akzeptieren sie den genannten Preis. Und sei er noch so gering.

Selbstkosten ermitteln

Damit das nicht mehr passiert, gilt es zuallererst auszurechnen, welches Honorar mindestens erzielt werden muss, damit der Auftrag sich lohnt. „Dafür bestimmen Selbstständige als erstes einmal ihre Selbstkosten“, sagt Wolfgang Wadlinger, Betriebswirtschaftlicher Berater bei der IHK für München und Oberbayern. Zu den Selbstkosten zählen bei Soloselbstständigen nicht nur Materialkosten oder Aufwendungen für Subdienstleister, sondern auch die persönliche Arbeitszeit zur Deckung der Lebenshaltungskosten, also für Lebensmittel, Miete, Mobilität oder Versicherungen. Doch auch Urlaubszeiten, Ausfälle wegen Krankheit oder schlechter Zeiten, Aufwendungen für Akquise sowie Rücklagen sollten bei der Ermittlung der Selbstkosten berücksichtigt werden, so Wadlinger. Die Summe, die dabei bezogen auf den Auftrag herauskommt, ist gesetzt und sollte auf keinen Fall bei der Preisbildung unterschritten werden.

Angesichts der hohen Inflation im vergangenen Jahr heißt das auch: bestehende Preise nachkalkulieren. „Alles ist teurer geworden – Selbstständige müssen ebenfalls teurer werden. Anderenfalls laufen sie Gefahr, ein Minusgeschäft zu machen“, sagt Wadlinger. Bei neuen Auftraggebern sollten Auftragnehmende ihre bisherige Kalkulation überarbeiten und den gestiegenen Kosten anpassen. Und bei bestehenden Kunden, die seit Jahren das gleiche, möglicherweise sogar ein gutes Honorar bezahlen, sollten sie um ein Gespräch bitten. Auch hier lässt sich ein höheres Honorar mit der Inflation gut begründen.

Selbstbewusst verhandeln

Die Inflation ist ein Sondereffekt, der Aufschläge rechtfertigt. „Grundsätzlich sollten Selbstständige in Honorarverhandlungen das Honorar aber über ihre gute Leistung begründen“, sagt Wadlinger, selbst jahrelang als selbstständiger Berater aktiv. Sie sollten ihr Alleinstellungsmerkmal und den Mehrwert für den Auftraggeber darlegen. Wadlinger: „Warum bin ich besonders, was mache ich besser als andere.“ Um dies selbstbewusst mitteilen zu können, so Wadlinger, „ist eine gute Vorbereitung das A und O.“

Killerphrasen abblocken

Üben, üben, üben empfiehlt auch Verhandlungstrainerin Kimich. Die Leistungsanbieter sollten sich vorab Antworten überlegen, um schlagfertig und reaktionsfähig zu sein, wenn die Kunden kontern. Häufig versuchten diese, das Thema Honorarerhöhung zu beenden, indem sie auf „gleiche Honorare für alle“ hinweisen. „Das ist eine von vielen Killerphrasen, die nur dazu dient, das Gegenüber mundtot zu machen“, sagt die Expertin. Gleiches gelte für das häufig eingesetzte Argument: „Dann macht es jemand anderes, der günstiger ist.“ Laut Kimich verunsichern solche Aussagen viele Selbstständige. Ihr Rat: Nicht alles glauben, vor allem aber dagegenhalten – mit einer guten Begründung, warum man selbst besser ist als die anderen – und somit auch mehr fordern kann.

Will der Auftraggeber trotz exzellenter Verhandlung immer noch nicht zusagen, lassen sich Alternativen anbieten. Etwa: Der Auftragnehmer akzeptiert das Honorar, speckt dafür aber die Leistung ab. Oder aber er vereinbart einen Festpreis mit erfolgsabhängiger Zusatzvergütung.

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