Nach dem Klick mit Service punkten

Post-Purchase-Experience: Eine Studie und Beispiele aus der Praxis zeigen, wie kleine Onlinehändler ihre Kunden überzeugen.
Von Ulrich Pfaffenberger, 8/2024
Versandmitteilungen, die nichts aussagen. Paketverfolgung, die nicht stattfindet, Lieferungen, die zu spät eintreffen, Sendungen, die zur nachträglichen Abholung im Postamt landen statt direkt beim Kunden, weil angeblich niemand zuhause war: Es gibt zahlreiche Dinge, über die sich Onlineshopper ärgern. Fast jeder der genannten Störfälle beeinflusst das künftige Kaufverhalten. Denn den Wert einer Sendung bemisst sich aus Sicht der Kundschaft nicht nur am bestellten Gut, sondern am Gesamteindruck dessen, was zwischen dem Klicken auf „Bestellen“ und dem Empfang der Ware passiert. „Post-Purchase-Experience“ ist der Fachbegriff dafür. Die Münchner ParcelLab GmbH hat jetzt diese Erfahrungen gesammelt und analysiert. Das Unternehmen ist ein globaler Anbieter von digitalen Services für Onlineversender.
Während große Versandhändler die Schäden, die ihnen durch unzufriedene Kunden entstehen, leicht verschmerzen, kann der Aufwand für kleinere Anbieter schnell existenziell werden. Denn es kostet nicht nur Zeit und Geld, um die Beschwerden zu bearbeiten und die Kunden zu besänftigen und soweit möglich im Nachgang noch zufriedenzustellen beziehungsweise interne Prozesse zu optimieren. Viele Kunden machen ihrem Unmut auch auf Bewertungsportalen Luft.
Kunden lieben Echtzeit-Tracking
Das wirkt sich aufs Firmenimage aus. Angesichts kleiner Versandmengen fallen Negativkritiken und ausbleibende Nachbestellungen bei kleinen Onlineshops besonders schwer ins Gewicht, während gleichzeitig der Aufwand für Verpackung und Transport angesichts der kleineren Mengen überproportional zu Buche schlägt. Also das Ganze doch lieber gleich lassen, mögen sich da manche Unternehmer denken – zumal diese auf die Qualität der gängigen Lieferdienste kaum Einfluss haben.
ParcelLab-Mitgründer Anton Eder rät, nicht voreilig aufzugeben. Die Auswertung der Umfrage belege deutlich, „dass Händler ihre Kunden glücklich machen können, wenn sie ihnen jederzeit die Möglichkeit bieten, per Echtzeit-Tracking abzufragen, wo sich ihr Paket gerade befindet“, sagt er. „Die Zahlen zeigen aber auch deutlich, dass nicht nur die Kunden von einer guten Versandkommunikation profitieren, sondern auch die Händler — nämlich schlicht und ergreifend dadurch, dass weniger Kunden im Callcenter anrufen. Das spart Geld, Zeit und Nerven.“
Kommunikation: akkurat und automatisiert
Dass Kunden, die online bestellt haben, sauer sind, wenn sie unzureichend über den Status ihrer Sendung informiert sind, versteht Linus Käßer nur zu gut. Seine Produkte sind auf der süßen Seite des Lebens zuhause – weshalb die Chocolaterie Amelie ihren Webshop auch weniger als Geschäftsmodell versteht, sondern als zusätzlichen Service für Stammgäste des Familienunternehmens, das er führt. „Wir haben hier in Garmisch-Partenkirchen zweierlei Kunden: Einheimische und Urlauber – und für die sollen unsere Kreationen verfügbar sein, wenn sie Sehnsucht danach haben.“ Die begleitende Kommunikation ist akkurat und automatisiert, damit, wie er sagt, „sich beim Lesen der Mail schon die Vorfreude auf den Genuss einstellt“. Kompromisse oder Sparsamkeit seien da kontraproduktiv.
Der Versand der süßen Ware ist vor allem mit 2 Risiken verbunden: Bruch und Temperatur. Dem ersten begegnet Käßer mit stabilen, sorgfältig befüllten Umverpackungen. Womit er aber schon wieder an der – laut ParcelLab-Studie von Kunden bevorzugten – Nachhaltigkeit rüttelt: „Das bewegen wir uns immer auf einem schmalen Grat zwischen Versandqualität, Kundenzufriedenheit und Glaubwürdigkeit.“
Präsent zur Versöhnung und für Stammkunden
Was mögliche Temperaturschäden angeht: Bringt er im Sommer Ware auf den Weg, verzichtet Käßer auf die teuren gekühlten Transporte, macht aber beim Bestellen deutlich auf das Risiko aufmerksam. „Hier können wir kommunizieren, also kommunizieren wir auch, offen und ehrlich.“ Geht doch mal etwas zu Bruch oder schmilzt unterwegs dahin, gibt es Ersatz und ein kleines Präsent dazu: „Wer kann schon bei geschenkter Schokolade zornig bleiben?“
Wirken solche Extras? Offensichtlich schon. Olivenbauer Alexander Delivasilis setzt auf ein kleines Dankeschön, wenn er „Wiederholungstätern“ von Feldkirchen aus sein griechisches Olivenöl zusendet. Damit sie Stammkunden bleiben, nimmt er sein Liefersystem regelmäßig unter die Lupe. Er sowie einige ausgesuchte – „und wahre, weil kritische“ – Freunde prüfen dann die Qualität des Onlineshops durch getarnte Bestellungen.
Internetshop sorgfältig pflegen
„Jeder verhält sich anders, jedem fällt etwas anderes auf, nur so bekomme ich einen zuverlässigen Überblick“, sagt er und nennt ehrliches Feedback „kostbar“. Wie Käßer nutzt er unterstützende Software für Bestellabwicklung und Versand, kennt aber auch die Tücken dieser Hilfe: „Sobald ein Modul sich ändert, muss ich den ganzen Prozess umprogrammieren, sonst kommt es sofort zu Störungen“, mahnt er sich und andere zu permanenter, sorgfältiger Pflege des Shops.
Tipp: Nicht zu viele Bezahlsysteme
Übersichtliche und unkomplizierte Onlineverkaufsseiten lohnen sich aus seiner Sicht für Kunden wie Anbieter. „Weniger ist mehr“, stellt Delivasilis fest. Gegebenenfalls müsse man auch einmal auf Umsatz verzichten können, damit einem der Aufwand für den Shop und die Versandabwicklung nicht über den Kopf wachse.
Als Beispiel nennt er die Bezahlfunktion. „Die meisten akzeptieren Paypal, aber andere brechen ab, wenn keine andere Option besteht“, sagt Delivasilis. Sie seien hier wieder durch die großen Händler verwöhnt. Die Crux: Es lassen sich zwar viele Bezahlsysteme in den Shop einbinden, aber wenn es nur jeweils wenige Transaktionen gibt, werde das für einen kleinen Händler so teuer, dass sich das Geschäft nicht mehr lohne. „Da ist es werthaltiger, wenn ich bei den Qualitätsfaktoren in Perfektion investiere, die ich direkt beeinflussen kann.“