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Touristen lieben Oberbayern – die Branche hat trotzdem Herausforderungen zu bestehen

Der Tourismus ist für Oberbayern ein wichtiges Pfund. Auch viele kleine Betriebe und Soloselbstständige sind hier tätig. Die Herausforderungen nehmen aber zu. Ein Blick in die Branche.

Von Gabriele Lüke, 3/2025

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Der Tourismus in München und Oberbayern ist eine Erfolgsgeschichte. Menschen aus aller Welt reisen gern hierher. So ist auch die Corona-Delle inzwischen weitestgehend überwunden: Mit 17 Millionen Gästen und 42 Millionen Übernachtungen knüpfte die Branche 2024 wieder an ihre besten Jahre an.

Davon profitieren nicht nur große Tourismusanbieter oder Hotelketten. „Unter den Anbietern touristischer Leistungen sind gerade auch viele Soloselbstständige und Kleinstbetriebe“, erläutert IHK-Tourismusreferentin Juliane Berauer. Die Ausrichtung ist vielfältig, sie reicht von klassischen Übernachtungs- und gastronomischen Betrieben über Souvenirshops, Ausrüstungsverleihern, Touren- oder Eventagenturen bis hin zu Destinations- oder Marketingberatungen.

Nicht nur Sonnenschein …

Der unbestrittene Erfolg ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Es gibt zugleich genügend Herausforderungen. Zum einen stehen auch im Tourismus die großen Themen auf der Tagesordnung: Fachkräftemangel, Digitalisierung, Bürokratie, gestiegene Ausgaben für Lebensmittel, Getränke, Personal und Betriebskosten, die sukzessive auf die Kunden umgelegt werden müssen. Oswald Pehel, Geschäftsführer der Vernetzungsplattform Tourismus Oberbayern München e.V. (TOM), erläutert: „Dabei tun sich die kleineren Anbieter schwerer mit Digitalisierung und Onlinevertrieb, die größeren mit Fachkräften und Bürokratie.“

Tourismus verändert sich

Zum anderen gibt es aber auch spezifische Branchenthemen, die Unternehmen aller Größen herausfordern. Pehel sieht diese Aufgaben:

  • Der Städtetourismus hat sich nach Corona gut erholt, Konzerte, Tagungen, Messen oder Events sind aktuell im Trend. „Wir müssen darauf achten, dass auch der ländliche Raum mitkommt und als Reiseziel attraktiv und sichtbar bleibt.“
  • Einzelne touristische Ziele sind in Gefahr, in Spitzenzeiten überlaufen zu werden. Das mindert die Erlebnisqualität für die Touristen, stresst die Bevölkerung, senkt die Akzeptanz für Tourismus. „Noch geht es in München und Oberbayern nicht um Overtourism, aber stellenweise doch bereits um Overcrowding. Hier gilt es, wachsam zu bleiben und Besucherlenkung zu antizipieren.“
  • Der Klimawandel wirkt ebenfalls auf den Tourismus, etwa durch variable Schneelagen. „Touristische Anbieter müssen weniger abhängig von Wetter und Klima werden. Zugleich wächst der Trend zu mehr Nachhaltigkeit.“
Neue Strategien sind in Arbeit

Lösungen für diese Herausforderungen sieht Pehel vor allem in kreativen neuen Angeboten und Diversifizierung – zum Beispiel Urlaub mit dem Hund auf dem Land oder wandern mit Lamas, die stärkere Vermarktung von noch kaum entdeckten Regionen und Städten wie Freising, Neuburg an der Donau oder Burghausen, Themen wie Winterwandern oder sommerliches Radeln entlang kühlender Wasserstraßen, nachhaltige Mobilität und regionale Versorgung.

So lassen sich ländliche Räume neu beleben, Besucherströme in Spitzenzeiten verlagern, entzerren und langfristig neu verteilen, Klimafolgen besser abfedern, Gäste und Besucher mit Nachhaltigkeit überzeugen und an die Region binden. „Auch kleinere Betriebe oder Gründer können hier mit guten Ideen punkten.“ Pehel betont: „Wir als TOM begleiten dies, indem wir die einzelnen Regionen an einen Tisch bringen und regionenübergreifende Zusammenarbeit, Ideen und gemeinsame Strategien fördern.“

Geschäftsmodell regelmäßig prüfen

Markus Pillmayer, Professor für Tourismus an der Hochschule München, rät vor dem Hintergrund all dieser Veränderungen insbesondere den kleinen Betrieben dazu, ihr Geschäftsmodell regelmäßig kritisch zu überprüfen. Etwa mit Unterstützung von Betriebsberatern. „Diese schauen sich die Zahlen und die Ausrichtung an, helfen bei den neuen Angeboten oder vielleicht auch einer Spezialisierung und mehr Nachhaltigkeit. Sie unterstützen die Fachkräftegewinnung durch neue Ideen oder die Digitalisierung.“ So erreichen Betriebe mehr Resilienz und erhalten ihre Zukunftsfähigkeit. Die Destinationen unterstützen solche Ansätze mit einem Pool zum Beispiel an E-Coaches sowie einem Kompass für die Entwicklung nachhaltiger Produkte.

Kooperation als Chance

Außerdem hilfreich sind laut Pillmayer Vernetzung und Kooperationen. Kleinere Betriebe können gemeinsam Wohnungen für Fachkräfte bereitstellen, zusammen in E-Säulen und Fotovoltaik investieren, oder weitere Anbieter aus der Region einbeziehen: So eröffnen beispielsweise in einem Ort mehrere Hundepensionen, der Einzelhandel führt zusätzliche Hundeartikel, die Gastronomie ist hundefreundlich und Hunde dürfen kostenlos Bus fahren. „So entsteht ein übergreifendes Konzept, alle ziehen an einem Strang. Die Gemeinde unterstützt den Ansatz mit Marketing. So werden alle attraktiver und profitieren.“

Wertschätzung für Mensch und Umwelt

Und noch ein Anliegen ist ihm wichtig: „Tourismus – und das nicht nur im Sinne von Overtourism – kann die Natur und die einheimische, nicht im Tourismus arbeitende Bevölkerung unter Umständen belasten.“ Auch dies sollten die touristischen Betriebe im Blick haben, und gemeinsam bei den Gästen um Wertschätzung für Umwelt und Mensch werben. „So sichern sie auch ihre eigene Zukunft.“  

Erfolg durch Spezialisierung

Christian Magewski führt, unterstützt von seiner Frau Sylvia Magewski, das „Hotel Wolf – Das Hundesporthotel“ in Oberammergau. Bei ihnen können Urlauber ihre Hunde nicht nur mitbringen. Für die Hunde gibt es drei überdachte Sporthallen und einen Pool, in denen sie mit Trainern ihre Ausdauer und Geschicklichkeit trainieren können. „Wir sind das einzige Hotel dieser Art in Deutschland“, sagt Christian Magewski. „Diese Spezialisierung macht uns attraktiv und zugleich unabhängig von Sommer- und Wintertourismus oder Wetteränderungen durch dem Klimawandel.“ Auch zu den anderen Herausforderungen ihrer Branche haben die Magewskis gute Ideen. Mitarbeitende rekrutieren sie unter anderem im Ausland, unterstützen sie beim Onboarding, begleiten sie durch Ausbildung und Prüfung – die meisten bleiben dann auch nach der Ausbildung gern an Bord. Ebenso punkten sie mit Nachhaltigkeit: Mit ihren Nachbarn betreiben sie eine gemeinsame Holzhäckselheizung, sie nutzen Ökostrom, setzen im Restaurant auf regionale und saisonale Lebensmittel. „Wir fühlen uns gut aufgestellt.“

Gute Vernetzung als Trumpf

Den Herausforderungen ihrer Branche gestellt hat sich auch Nicole Veeh. Sie ist mit ihrer Agentur München and more in Vierkirchen auf sogenannten Incoming-Tourismus spezialisiert, organisiert für Reisegruppen aus aller Welt Events und Reisen nach München und Oberbayern. Ihr Geschäft habe sich deutlich verändert, berichtet sie. Gestiegene Kosten für Übernachtung oder Transport, Staus, überfüllte Sehenswürdigkeiten, Starkwetterereignisse oder auch weniger Service, weil Fachkräfte fehlen, halten Reisende ab. „Das hat den Wettbewerb intensiver gemacht.“ Ihr helfen vor allem ihre gute Vernetzung: Sie kennt Region und Anbieter bestens, pflegt gute, langjährige Kontakte zu besonders nachhaltig agierenden Hotels und Gastronomiebetrieben, hat einen Pool erfahrener Touristen-Guides. „Das ist mein strategischer Vorteil. Und wenn die Gäste etwa Volksmusik vermissen, kann ich das an meine Partner weitergeben und wir kümmern uns darum.“ Zugleich hat sie sich noch ein zweites Standbein geschaffen: „Ich arbeite freiberuflich als Reiseberaterin für einen großen Tourismusanbieter. Das sichert meine Zukunft zusätzlich ab.“

IHK-VERANSTALTUNGSTIPP: Tourismusforum 2025

Die Veranstaltung bietet spannende Einblicke und praxisnahe Lösungsansätze für die Chancen und Herausforderungen im Tourismus. Themen sind: Digitalisierung, Personalmanagement, Preisstrategien, Nachfolgeplanung oder Fördermittel. Das Tourismusforum 2025 ist eine gemeinsame Veranstaltung der IHK für München und Oberbayern sowie dem Tourismus Oberbayern München e.V. und dem DEHOGA Bayern e.V.
Termin: Montag, 7. April 2025, 9.30–15 Uhr
Ort: IHK für München und Oberbayern, Max-Joseph-Straße 2, 80333 München
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