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Raus aus der Kostenfalle

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Mit Einsparungen, Investitionen und vor allem klug ausgehandelten Lieferverträgen können Betriebe Preisexplosionen abfedern und sich gegen künftige Unsicherheiten wappnen.

Von Stefan Bottler, 03/2023

Manche Investitionen zahlen sich erst nach Jahren aus. Auf das Blockheizkraftwerk (BHKW), das Klaus Lebek (55) vor sieben Jahren für sein Hotel Eichenhof installieren ließ, trifft dies in jedem Fall zu. Mit dem Strom und der Wärme, die diese Maschine erzeugt, wird das Unternehmen in Waging am See weitgehend autonom versorgt. Damit spart der Hotelier jährlich eine fünfstellige Summe. Allerdings reichen die selbst produzierten Strommengen allein nicht aus. Lebek muss auf Basis eines bayernweiten Rahmenvertrags der Hotelbranche mit einem Energieanbieter Strom hinzukaufen.

Wegen seines Blockheizkraftwerks steht Lebek vergleichsweise gut da. Andere Hotel- und Gastronomiebetriebe sahen sich im Sommer 2022, als die Preise Spitzenwerte erreichten, mit bis zu siebenmal höheren Endtarifen konfrontiert. Mittlerweile haben die Tarife deutlich nachgegeben, manche Medien sehen sogar die „Strompreise im Sturzflug“.

Sparen auch für Klimaschutz

Für Julia Goebel machen Sparmaßnahmen trotzdem nach wie vor Sinn. „Viele Betriebe zahlen weiterhin deutlich mehr als vor der Gaskrise“, betont die IHK-Referentin. „Auch können internationale Krisen die Preise wieder schnell nach oben treiben. Das verunsichert viele Unternehmen.“ Gleichzeitig sei das regelmäßige Prüfen des eigenen Energieverbrauchs auch als Teil von betrieblichen Klimaschutzstrategien wichtig.

Allerdings haben viele Betriebe bereits LED-Leuchten installiert, Rohrleitungen gedämmt und Beleuchtungs- und Heizzeiten reduziert. Allenfalls mit selbst produzierter Energie können sie noch effizienter im Energieverbrauch werden und die Kosten nennenswert senken. Hierfür müssen sie beispielsweise in Photovoltaikanlagen (PV) oder Kraft-Wärme-Kopplungen (KWK) beziehungsweise Blockheizkraftwerke (BHKW) investieren. Für PV müssen Unternehmen ausreichend Flächen auf dem Dach oder am Boden haben, für KWK beziehungsweise BHKW Zusatzkosten für fossile oder regenerative Brennstoffe kalkulieren.

Vorsicht bei Billigangeboten

Ansonsten kann jeder Betrieb bei der Wahl seines Energieversorgers von den Erfahrungen lernen, die er 2022 gesammelt hat. Wer auf Vergleichsportalen wie Check24 oder Verivox sucht, sollte bei vermeintlich besonders günstigen Anbietern aufpassen. Für diese muss er möglicherweise später kräftig draufzahlen.

„Viele private Versorger konnten 2022 nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Konditionen einkaufen, weil sie zu stark auf kurzfristige Beschaffung auf den Spotmärkten gesetzt haben“, sagt IHK-Referatsleiter Norbert Ammann.

Manche Anbieter mussten deswegen ihre Lieferungen einstellen oder sogar Insolvenz anmelden. Wenn deswegen Unternehmenskunden zu Stadtwerken und anderen Grundversorgern zurückkehrten, hatten sie zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Grundversorgung oder – ab einem Jahresverbrauch von 10.000 kWh – Ersatzversorgung. Die Stadtwerke müssen diese Unternehmen wenigstens vorübergehend aufnehmen. Allerdings hat diese Regelung ebenfalls ihren Preis. „Die Grundversorger kaufen langfristig ein und haben deshalb in der Regel Kontingente für die nächsten drei bis vier Jahre“, erläutert Ammann. „Trotzdem nehmen sie neue Unternehmenskunden nur ungern auf, weil sie unter Umständen Energie zu überteuerten Preisen nachkaufen müssen.“ Wenn dies passiert, geben die Grundversorger die hohen Preise an die neuen Kunden weiter.

Andererseits zahlen viele Unternehmen auch drauf, wenn die ihre Bestandsverträge nochmals verlängern. Ammann rät daher zu Marktsondierungen. Die Unternehmen sollen nicht nur Vergleichsportale studieren, sondern sich auch über regionale Anbieter informieren. „Holen Sie in jedem Fall ein Angebot vom Grundversorger ein“, empfiehlt der IHK-Experte.

Preisbindungsfristen beachten

Bei den Vertragsverhandlungen sollten die Unternehmen besonders auf die Preisbindungsfristen achten. Je länger die Preisbindung dauern soll, desto teurer wird erfahrungsgemäß die Energie. Amman rät deshalb zu individuellen Risikokalkulationen. Wenn die Energieausgaben nur einen kleinen Teil der Kosten ausmachen, liegen kurzfristige Verträge nahe. Das Unternehmen kann so von plötzlichen Preisrückgängen profitieren und riskiert nicht allzu viel, wenn die Preise wider Erwarten doch in die Höhe schießen.

Viel hängt von äußeren Rahmenbedingungen wie dem Wetter ab. Als im sonnigen Oktober 2022 kaum Heizungen aufgedreht wurden, fielen die Gaspreise auf unter 100 Euro pro Megawattstunde. Als das Wetter anschließend wieder kalt wurde, schossen die Preise in die Höhe. „Wir empfehlen vor allem Unternehmen, die in Hochpreiszeiten einen neuen Vertrag abschließen müssen, keine langen Laufzeiten einzugehen“, sagt Linda Madir, Vertriebsleiterin des Energieversorgers Montana. Wenn die Preise sich auf einem niedrigeren Niveau einpendeln, können sich solche Unternehmen neu orientieren.

Auch 2023 weiß niemand, wie die Preise sich während des Jahres entwickeln. Wie auch immer sich ein Unternehmen entscheidet: Ein Vertrag sollte in jedem Fall abgeschlossen werden. „Andernfalls ist man dem täglichen Auf und Ab der Spotmärkte völlig ausgeliefert“, warnt Ammann.

Sparen mit „Roomsharing“

Simone Naumann (59) wird dies nicht passieren. Die Inhaberin eines Münch-ner Fotostudios war immer Kundin der Stadtwerke München (SWM). Sie will die steigenden Kosten mit Sparmaßnahmen in den Griff bekommen und arbeitet jetzt verstärkt im Homeoffice. „Ich muss mein Atelier im Gewerbehof lediglich heizen, wenn Kunden kommen“, sagt die Fotografin. In Zukunft möchte sie die Räume nicht allein nutzen, sondern mit anderen Unternehmen teilen. Und natürlich hat sie auch ihre digitalen Geräte im Blick. Wenn möglich setzt sie diese auf Standby oder schaltet sie völlig ab. „Ich suche weiter nach Sparmöglichkeiten“, sagt Naumann – und hofft auf ein ordentliches Minus beim Verbrauch in der nächsten SWM-Rechnung.

IHK-Service zum Energiesparen

Energiekrise: So können Sie gegensteuern

Was tun, wenn die Energiekosten auf hohem Niveau bleiben oder weiter steigen? Oder wenn der bisherige Energieversorger gar seine Lieferungen einstellt? Vier Tipps:

  1. Überprüfen Sie Ihr Unternehmen auf Einsparmöglichkeiten. Auch vermeintliche Kleinigkeiten wie unnötiger Standby-Betrieb, zu hohe Heiztemperatur oder Lecks in Druckluftanlagen sind wichtig. Die Checkliste für Energieeinsparung und Energiesubstitution der „Initiative Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke“ hilft dabei.
  2. Sondieren Sie den Markt und fordern Sie auch ein Angebot des Grundversorgers an. Ermitteln Sie, welchen Anteil die Energieausgaben an den Ge-samtkosten haben. Je kleiner der Anteil, desto eher kann ein Betrieb Preisschwankungen verkraften.
  3.  Achten Sie bei Verhandlungen vor allem auf die Vertragsdauer (lange Frist gleich höhere, aber kalkulierbare Kosten und umgekehrt).
  4. Weitere Tipps zum Einsparen von Energie und CO2-Emissionen im Betrieb sowie zum Umgang mit der Energiekrise finden Sie auf den IHK-Ratgeberseiten: Klimaschutz & Energiewende und Energiekrise

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