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Hebel für Nachhaltigkeit

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ver.de-Gründerin Marie-Luise Meinhold

ver.de: Marie-Luise Meinhold will die erste grüne Sachversicherung Deutschlands aufbauen. Erste Produkte sind bereits auf dem Markt.

Harriet Austen, 03/2023

Was können Versicherungen, immerhin die größten Investoren, zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? „Eine Menge“, fand Marie-Luise Meinhold im Rahmen ihrer Doktorarbeit heraus. Beispiel: die Sanierung von Altlasten. Dafür stellen Versicherungen viel Geld zur Verfügung. Auch mit ihren immensen Kapitalanlagen könnten Versicherungen viel bewirken. „Die Institute sind wegen der Macht des Geldes ein guter Hebel für Nachhaltigkeit,“ ist sie überzeugt. In ihrer Position als Fach- und Führungskraft eines Versicherungskonzerns in München stieß sie mit dieser Idee jedoch nicht auf große Resonanz. „Dann mache ich mich eben selbstständig“, beschloss sie kurzerhand.

Prinzip des Impact Investing

Meinholds Ziel: Deutschlands erste nachhaltige Versicherung aufzubauen, die fair, sozial, nachhaltig und gemeinwohl-bilanziert arbeitet. Das Konzept: „Als Genossenschaft gehört ver.de den Mitgliedern. Sie bestimmen, wie ihre Beiträge angelegt werden“, sagt die 52-Jährige. Das funktioniert nach strengen Kriterien und dem Prinzip des Impact Investing. Das bedeutet, dass die Finanzanlagen eine messbar positive Wirkung für Natur, Klima und Gesellschaft mit sich bringen; ausgeschlossen sind beispielsweise Kohlenergie, Tabak und Waffen.

Die Idee, Nachhaltigkeit und Versicherung zu verbinden, kommt gut an. Die 2016 gegründete Genossenschaft wächst. Das Unternehmen hat bereits erste Investitionen in soziale und ökologische Projekte getätigt. Auf der Homepage ist alles transparent nachzuverfolgen. Da Genossenschaften kein Versicherungsunternehmen betreiben dürfen, etablierte Meinhold noch die ver.de AG. Dabei wird die Genossenschaft Aktionärin der AG.

BaFin muss zustimmen

Allerdings fehlt noch ein entscheidender Schritt: die Zulassung durch die Aufsichtsbehörde BaFin in Berlin, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Erst dann darf sich ver.de „Versicherung“ nennen. Dafür müssen Meinhold und ihr siebenköpfiges Team noch weiteres Kapital als Finanzpolster einsammeln, von Mitgliedern, Kunden, Investoren und Förderinstituten. Das sei nicht so einfach, gibt die Firmenchefin zu. Als Frau verhandelt sie überwiegend mit männlichen Kapitalgebern. Diese würden eher „High-Tech-Projekte und dominante Macher bevorzugen“, so Meinhold. Auch sitzt das Geld der Investoren derzeit aufgrund der Unsicherheit um den Ukrainekrieg nicht mehr so locker. Start-up-Investments sind deutlich eingebrochen.

Absicherungsprodukt für Circular Economy

Doch davon lässt sich Meinhold nicht entmutigen. Denn ver.de hat bereits einiges erreicht. Erste Produkte wie ein Fahrradschutz oder ein Absicherungsprodukt für Unternehmen der Circular Economy führte sie mit ihrem Team bereits erfolgreich am Markt ein. Auch die nächsten Sachversicherungs-Angebote liegen längst in der Schublade. „Versicherung kann so viel mehr. Wir haben das richtige Produkt, das zu unserer Zeit passt“, ist Meinhold überzeugt.

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