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Praxistipp: Klar sagen, was Sache ist

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Wer offen kommuniziert, kommt besser durch Krisen

In Krisen hilft es zu kommunizieren. Ein Einzelhändler berichtet und motiviert zu Offenheit.

Von Sabine Hölper, 06/2023

An der Eingangstür des kleinen Lebensmittelgeschäfts um die Ecke hängen zwei Zettel. Auf dem einen steht: „Wir suchen Verkäufer/innen, sofort, gute Bezahlung, tolles Team.“ Auf dem darunter: „Wegen Personalmangels öffnen wir im Mai montags nicht. Wir freuen uns von Dienstag bis Samstag über Ihren Besuch.“  

Beide Probleme – Fachkräftemangel sowie daraus resultierende eingeschränkte Öffnungszeiten – nehmen deutschlandweit zu. Durch den Krieg in der Ukraine haben sich die Krisen weiter verschärft. Es kommt zu Lieferengpässen, die Inflation ist hoch, die Energiekosten sind enorm gestiegen. Die Folge: Teilweise leere Regale, Preissteigerungen, Verzögerungen bei Dienstleistungen, verkürzte Öffnungszeiten, schlechterer Service. Viele Kunden sind davon genervt.

Kommunikation stärkt das Vertrauen

Die Unternehmen wiederum sind gezwungen zu handeln, um zukunftsfähig zu bleiben. Sie müssen auftretende Schwierigkeiten mit geeigneten Maßnahmen in den Griff bekommen. Da das in manchen Fällen nicht oder nicht so schnell geht, gilt es zudem, die Kunden zu informieren. „Krisenkommunikation stärkt das Vertrauen in das Unternehmen“, sagt Claudia Rottmann von der IHK für München und Oberbayern. „Entscheidend ist, dass die Unternehmen die Situation für sich analysieren und dann klar und schnell kommunizieren.“

Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel des eingangs erwähnten Einzelhändlers, der anonym bleiben möchte und deshalb Bernhard Stamm heißen soll. „Selbstverständlich sagen wir offen, warum das Geschäft vorübergehend montags geschlossen ist“, sagt er. „Man sollte der Kundschaft die ganze Wahrheit erzählen.“

Die Mitarbeiter einbinden

Das betont auch Claudia Rottmann: „Eine klare und offene Kommunikation ist das A und O, das gilt für jedes Unternehmen.“ Im Idealfall teilt das Unternehmen zusätzlich mit, welche Lösung gefunden wurde beziehungsweise dass aktiv nach Lösungen gesucht wird. In Stamms Fall ist das der Zettel mit der Suche nach Mitarbeitern. Je nach Branche oder Firmengröße funktioniert das allerdings nicht mit Hinweisschildern wie im Supermarkt, weiß Rottmann. „Dann ist es umso wichtiger, den Kunden beispielsweise die Situation im persönlichen Gespräch zu schildern. Aus diesem Grund sollte eine einheitliche Sprachregelung gefunden und jeder Mitarbeiter informiert werden.“ Gut komme bei Kunden an, wenn sie Bescheid bekommen, sobald das gewünschte Produkt wieder vorhanden ist oder der Auftrag ausgeführt werden kann.

Auch auf der Webseite kann das Unternehmen die aktuelle Situation erklären. „Wer auf Social-Media-Kanälen aktiv ist, sollte diese Plattformen ebenfalls nutzen, um Interessierte auf dem Laufenden zu halten und Spekulationen vorzubeugen“, unterstreicht Rottmann. „Denn hier ist ein direkter Austausch und dennoch eine breit gestreute Kommunikation möglich.“

Um Verständnis bitten

In Stamms Laden hat die persönliche Kommunikation gut funktioniert. Die Mitarbeiterinnen haben fragende Kunden um Verständnis gebeten und darauf hingewiesen, dass die Schließung an einem Tag nur von kurzer Dauer sein soll. Außerdem haben sie die Situation genutzt und sind in Sachen Eigenmarketing aktiv geworden: „Falls Sie jemanden kennen, der einen Job sucht, soll er sich gerne vorstellen. Wir sind ein tolles Team, jeder arbeitet gerne hier.“

Diese Strategie ist aufgegangen. Kein Käufer äußerte sich verärgert. Und das Beste: Schon nach rund einer Woche konnte Stamm den zweiten Aushang entfernen. Er hat eine neue Verkäuferin gefunden. „Wir mussten nur einen einzigen Montag schließen“, freut er sich.

 

IHK-Service: Krisenkommunikation

Vier Grundsätze der Krisenkommunikation

Die Phase nach Eintritt eines Krisenfalls entscheidet darüber, ob die Unternehmensführung die Situation unter Kontrolle behält oder ihr hilflos ausgeliefert ist. Bereits die ersten Reaktionen sind essenziell. Zwar verläuft jede Krise anders und hat andere Ursachen, doch für die Krisenkommunikation gelten feste Grundsätze:

  • Schnelligkeit: Treten Sie aktiv und frühzeitig auf und überlassen Sie die Berichterstattung nicht unbeteiligten Dritten, die eigene Interessen verfolgen (etwa um Auflage oder Follower in sozialen Medien zu generieren).
  • Glaubwürdigkeit: Informieren Sie sachlich und transparent. Bleiben Sie bei der Wahrheit. Regelmäßig weitere Entwicklungen, also den aktuellen Stand, zu teilen, schafft Vertrauen
  • Konsistenz: Krisenkommunikation soll einheitlich laufen, koordinieren Sie daher die Veröffentlichungen.
  • Verständlichkeit: Halten Sie Ihre Ausführungen kurz und knapp. Eine bildhafte Sprache hilft

Zielgruppen der Krisenkommunikation

Mitarbeiter
Informieren Sie Ihre Beschäftigten über die sie betreffenden Sachverhalte sowie über alles, was öffentlich bekannt ist.

  • Bleiben Sie dabei sachlich: nicht  beschönigen, aber auch  nicht  dramatisieren
  • Setzen Sie die Mitarbeiter zügig über neue Entwicklungen in Kenntnis.

Banken
Sofern sie Kreditrahmen sprengen oder Raten für Darlehen nicht mehr bezahlen können, müssen Firmenchefs ihre Geldgeber davon in Kenntnis setzen.

  • Suchen Sie von sich aus frühzeitig das Gespräch.
  • Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor, erstellen Sie dazu eine Planung, die darüber Auskunft gibt, wie Sie die vorübergehend missliche Lage beheben wollen.

Vermieter
Können Sie Mieten oder – derzeit das wahrscheinlichere Szenario – hohe Nebenkostennachzahlungen aufgrund gestiegener Energiepreise nicht aufbringen, sollten Sie schnellstmöglich das Gespräch mit dem Vermieteru suchen.

  • Vereinbaren Sie Ratenzahlungen.
  • Teilen Sie dem Vermieter mit, in wie vielen Raten Sie den Betrag begleichen möchten. In der Regel lassen sich Vermieter auf bis zu zwölf monatliche Ratenzahlungen ein.

Lieferanten
Die Lieferanten können Sie in die Krise stürzen, sofern sie nicht pünktlich und ausreichend liefern. Daher besteht gerade hier Kommunikationsbedarf.

  • Tauschen Sie sich regelmäßig darüber aus, was wann zu welchem Preis geliefert werden kann.
  • Kontaktieren Sie gegebenenfalls neue Lieferanten. Das Netzwerk zu erweitern hilft, Engpässe zu vermeiden.

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