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Sozialunternehmen in Schwung bringen

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Sozialunternehmen helfen mit unternehmerischen Mitteln zum Beispiel bei der Integration von Flüchtlingen

Das Förderprogramm „REACT with impact“ will soziale Unternehmen nach der Covid-Krise beim Wachsen unterstützen. Beantragen lässt sich die Förderung über externe Berater.

Von Gabriele Lüke, 05/2023

Sozial- oder auch gemeinwohlorientierte Unternehmen gehen mit unternehmerischen Mitteln soziale oder ökologische Herausforderungen an - etwa fehlende Kinderbetreuung oder Flüchtlingsintegration. Dass sie bei der Transformation zu einer fairen und nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft bereits heute eine wichtige Rolle spielen, davon ist auch das Bundeswirtschaftsministerium überzeugt. Um den zumeist kleinen und mittleren Sozialunternehmen und Social Start-ups einen weiteren Schub zu geben, hat das Ministerium nun das neue Förderprogramm „REACT with impact - Förderung des Sozialunternehmertums“ aufgelegt. „Das Programm soll die Unternehmen stabilisieren und professionalisieren“, erläutert IHK-CSR-Expertin Alexandra Scholz. „Damit sie die noch bestehenden Nachwirkungen der Covid-Krise besser meistern, zugleich zum Wachstum befähigt werden und besser Investoren finden.“

Zuschuss für externe Beratung

„REACT with impact“ ist im Februar 2023 gestartet, wird aus den Mitteln des EU-Wiederaufbauinstruments REACT-EU finanziert und vom Bundeswirtschaftsministerium über den Projektträger IBYKUS AG umgesetzt. Geförderte Betriebe erhalten einen Zuschuss für externe Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen zu allen wirtschaftlichen, finanziellen, digitalen und organisatorischen Fragen der Unternehmensführung.

So werden 10 bis maximal 35-Beratertage mit einem Höchsttagessatz von 1.400 Euro gefördert. Die Beratungs- beziehungsweise Unterstützungsmaßnahme muss innerhalb eines halben Jahres realisiert sein. 90 Prozent der Kosten übernimmt das Programm, 10 Prozent müssen die Betriebe selbst beisteuern. Hat mindestens die Hälfte der geschäftsführenden Gesellschafter ein unterhaltspflichtiges Kind, werden sogar 95 Prozent der Kosten gefördert. Die Fördersumme muss nicht zurückgezahlt werden. Zudem sind zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen, die den Veränderungsprozess unterstützen, mit bis zu 5.500 Euro förderfähig. Das Programm läuft bis Ende 2023.

Optimierung des Geschäftsmodells

Folgende Maßnahmen werden gefördert:

  • Prozessbegleitung zur Überprüfung und Optimierung von Geschäftsmodellen und von Arbeits- und Geschäftsabläufen sowie zur Verbesserung unternehmerischer Kompetenzen
  • Qualifizierungsmaßnahmen, die im Zusammenhang mit den Zielen des Veränderungsprozesses des Unternehmens stehen
  • Coaching-Maßnahmen (nur für Start-ups), die beispielsweise die Fähigkeit zur Einwerbung externer Finanzmittel erhöhen

Rainer Höll (45), in München ansässiger freier Berater von Sozialunternehmen, bewertet die Initiative positiv: „Es ist eine wichtige erste Maßnahme, um das Sozialunternehmertum weiter zu stärken. Es war höchste Zeit.“ Viele Unternehmen spürten noch die Covid-Auswirkungen, gleichzeitig wachse der gesellschaftliche Bedarf an sozialen Lösungen und ergo Unternehmen, betont Höll, der zuvor viele Jahre Geschäftsführer der Ashoka Deutschland gGmbH war, einer Non-Profit-Organisation zur Förderung von sozialem Unternehmertum.

Potenzial analysieren

Unternehmen können den Antrag für REACT nur über einen Berater stellen, der sich zuvor beim Projektträger IBYKUS registriert hat. Aktuell sind rund 40 Anbieter auf dessen Website zu finden. Wird der Antrag genehmigt, setzt der antragstellende Berater die Maßnahme auch um. Höll erklärt: „Damit wir Berater den Antrag für das Unternehmen aber überhaupt stellen dürfen, müssen wir mit dem Unternehmen eine Potenzialanalyse durchgeführt, die Stärken und Schwächen analysiert, das Geschäftsmodell, die Marktfähigkeit, die Wachstumsaussichten geprüft haben.“ Die beantragenden Unternehmen müssten sich folglich auf eine Art Gesundheitscheck einlassen und diesen gut vorbereiten, die entsprechenden Unterlagen zusammenstellen und die Kosten für den vorbereitenden Check tragen. „Es ist also kein niederschwelliges Programm, beide Seiten müssen einiges einbringen“, sagt Höll. Aber sofern der Antrag bewilligt wird, winkt die hohe Förderquote.

Höll wünscht sich: „Die Sozialunternehmen können aktuell von diesem Programm profitieren, brauchen aber auch mehr grundsätzliche und dauerhafte Unterstützung - etwa durch staatliche Kredite, Garantien oder auch mutigere Investoren. Das wären wichtige nächste Initiativen.“

IHK-Service: REACT with impact

Das sind die wichtigsten Bedingungen für den Erhalt des EU-Förderprogramms „REACT with impact - Förderung des Sozialunternehmertums“. Gemeinwohlorientierte KMU müssen:

  • die Kriterien der EU-KMU-Definition und der „Social Business Initiative“ der Europäischen Kommission erfüllen,
  • ihren Sitz und Geschäftsbetrieb oder eine Zweigniederlassung in der Bundesrepublik Deutschland haben,
  • dauerhaft wirtschaftlich am Markt tätig (keine Nebenerwerbstätigkeit) sein,
  • in den vergangenen Geschäftsjahren mindestens 50 Prozent der Einnahmen am Markt erwirtschaftet haben und diese nicht aus Leistungen von nach Sozialgesetzbuch geförderten Maßnahmen stammen,
  • mindestens eines der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen nachvollziehbar adressieren,
  • ihre bisherige gesellschaftliche Wirkung und entsprechenden Wirkungsziele für die Zukunft quantitativ und qualitativ nachvollziehbar darstellen,
  • vor dem 2. Quartal 2020 gegründet worden sein.

Start-ups müssen zudem nachweisen, dass

  • das Unternehmen bereits gegründet (und nicht erst in Planung) ist,
  • das Unternehmen nicht vor dem dritten Quartal 2017 beziehungsweise grundsätzlich nach dem zweiten Quartal 2020 - hier sind Ausnahmen möglich - gegründet wurde.
  • sie ein Geschäftskonzept entwickelt haben und vorlegen, das belegbare Wachstumsaussichten für die nächsten zwei Jahre aufweist.

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