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Mehrweg als Alternative

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Auch für Außer-Haus-Imbissverkäufe gilt – Mehrwegverpackung anbieten

Der Gesetzgeber will Kunststoffmüll durch Einwegverpackungen verringern. Vier Unternehmen schildern, mit welchen Lösungen sie diesen Weg im Außerhausverkauf mitgehen.

Von Stefan Bottler, 5/2023

Pasta, Salate, Bowls und ein Tagesmenü mit frischen Zutaten. Mit diesem Angebot begeistert das Restaurant Bauchgfui in Berchtesgaden täglich Kunden. Viele holen ihr Essen regelmäßig in Boxen und Bechern ab. „Von Mehrweggeschirr waren mein Mann Stefan und ich von Anfang an angetan“, berichtet Susi Kraus, Inhaberin des Gastronomiebetriebs. Das Ehepaar kaufte ein größeres Volumen an Mehrwegbechern und Mehrwegboxen ein und gab diese zu einem sehr günstigen Preis an Kunden ab. „Aus hygienischen Gründen haben wir uns gegen Pfandlösungen entschieden“, berichtet Kraus. „Jeder Kunde soll ein eigenes Mehrweggeschirr haben.“ Vor allem einheimische Kunden kommen laut Kraus zwei bis drei Mal in der Woche und holen sich darin ein Essen ab. „Ich schätze, dass rund 20 Prozent unserer Stammgäste dieses Angebot nutzen“, freut sich die Inhaberin und kündigt den weiteren Ausbau mit einer neuen Produktlinie an.

Das ist im Sinne des Gesetzgebers: Mit der seit dem 1. Januar 2023 gültigen Novelle des Verpackungsgesetzes will er den Verpackungsmüll beim Außerhausverkauf reduzieren. Restaurants, Cafés, Bistros oder Lieferdienste, also alle sogenannten Letztvertreiber von Lebensmittelverpackungen aus Einwegkunststoff und von Einweggetränkebechern müssen als Alternative zu den Einwegbehältern nun Mehrwegbehälter anbieten. Das gilt auch für das Doggy Bag aus Einwegkunststoff, das Restaurants mitgeben. Dabei darf die Mehrwegalternative keine schlechteren Konditionen oder einen höheren Preis haben als das gleiche Produkt in Einwegverpackungen. Die Entscheidung zwischen Ein- und Mehrweg überlässt der Gesetzgeber dem Verbraucher; Restaurants oder Cafés müssen aber beide Verpackungsarten vorhalten.

Wer sich nicht an die Vorgaben hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit und muss mit Strafen bis zu 10.000 Euro rechnen. Ausnahmen bestehen für kleine Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von unter 80 Quadratmetern. Diese sind von der Pflicht der Mehrwegalternative befreit, haben jedoch von Verbrauchern mitgebrachte Behältnisse zu befüllen.

Rund ein Dutzend Mehrwegsystem

Bei den Mehrwegbehältern selbst haben die Betriebe die Wahl. Sie können wie Bauchgfui eigene Lösungen aufbauen. Oder sie steigen in eines der rund ein Dutzend Mehrwegsysteme im Markt ein. Die meisten Anbieter geben Becher, Boxen und anderes Geschirr gegen Pfand ab, einige setzen auf App-gesteuerte Ausleihangebote.

Auch die Parkgaststätte in Unterschleißheim bietet seit 2021 Mehrweg. „Ein bekannter Kommunalpolitiker hat meinen damaligen Partner und mich auf einen Anbieter aufmerksam gemacht“, erinnert sich Inhaber Fatih Colak (43). „Wir haben Kontakt aufgenommen, der Anbieter ist wirklich auf unsere Bedürfnisse eingegangen.“ Ohnehin habe man die Berge von Papp- und Styroporgeschirr, die während der Pandemie anfielen, als Ärgernis empfunden. Das galt offenbar auch für die Gäste der Parkgaststätte, die das neue Mehrwegangebot damals gut angenommen haben. „Jetzt nach dem Ende der Pandemie, hat die Nachfrage spürbar nachgelassen. Ich schätze, dass noch 10 bis 20 Stammgäste regelmäßig Essen im Mehrweggeschirr abholen“, sagt Colak. Offenbar haben auch Abnutzungserscheinungen auf dem Geschirr zu diesem Rückgang beigetragen. Aber Colak hat eine Alternative für umweltbewusste Kunden gefunden. Seit kurzen bietet er zusätzlich umweltfreundliche Einwegverpackungen an. „Sie werden aus Holzfasern und anderen nachhaltigen Materialien hergestellt und sind vollständig recycelbar.“

Tankstellen tun sich schwer

Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass Mehrweglösungen dort gut funktionieren, wo ein flächendeckendes Netz von Abgabe- und Rückgabestellen existiert oder die Restaurants regelmäßig von Stammkunden aufgesucht werden. Wegen ihrer zahlreichen Laufkunden tun sich Tankstellen mit Mehrwegangeboten schwerer als Restaurants. Diese Erfahrung machte Markus Heumann. „Seit 2021 biete ich Kaffee in Pfandbechern an meinen Stationen in München, Eching, Garching und Neufahrn an“, sagt der Tankstellenbetreiber. „Weil ich von dieser Lösung überzeugt bin, verkaufe ich diesen Kaffee um 30 Cent günstiger.“ Trotz dieses Preisvorteils wünschen nur rund 5 Prozent der Kunden Kaffee in Mehrwegbechern. Viele sind offenbar nicht sicher, ob sie beim nächsten Auftanken wieder seine Station aufsuchen werden.

Vorbildliche Schausteller

Das Angebot einer Mehrwegalternative ist nicht das einzige Vorgabe, um Einwegplastikmüll zu reduzieren: Schon seit dem 3. Juli 2021 regelt das EU-Einwegplastikverbot das Anbieten von Einwegkunststoffprodukten wie Wattestäbchen, Besteck, Tellern, Trinkhalmen, Rührstäbchen und Luftballonstäben, genauso auch To-go-Getränkebechern und To-go-Lebensmittelverpackungen aus Styropor. Auch auf diese Verordnung haben viele Betriebe reagiert.

Ein Beispiel sind Geiers Schaustellerbetriebe in München. „Wir haben gebrannte Mandeln immer in Papiertüten und nie in Kunststoffbeuteln verkauft“, sagt Inhaber Kurt Geier Junior (43). „Gleiches gilt für Zuckerwatte. Ausschließlich auf Kundenwunsch geben wir dieses Produkt in Plastikbeuteln ab.“ In Zukunft können Schausteller mehr für Nachhaltigkeit tun, sagt Geier. „Mein Betrieb hat am Umweltprogramm Ökoprofit der Landeshauptstadt München teilgenommen und beispielsweise viele Papierverpackungen durch sogenannte Ökopacks aus recycelten oder anderen nachhaltigen Materialien ersetzt“, zählt er auf. „Jetzt führen wir gerade faserverstärkte Strohhalme ein, die kompostierbar sind und stellen außerdem auf alternative Hendltaschen um.“ Viele ökologische Verpackungen sind seinen Erfahrungen nach besser, aber nicht teurer geworden. „Das erleichtert den Wechsel erheblich.“

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