Klimaschutz | Standortpolitik
Bewährte Technik in XXL

Wärmepumpen sind flexibel und klimafreundlich. In großer Ausführung kommen sie auch für den Einsatz in Unternehmen infrage.
Von Josef Stelzer, IHK-Magazin 10/2025
Im dänischen Esbjerg kommt die Wärme aus der Nordsee. Eine 70-Megawatt-Großwärmepumpe nutzt dort Meerwasser, um 25.000 Haushalte zu versorgen. Das Pumpensystem, das Ende 2024 in Betrieb ging, gilt als das weltweit größte seiner Art.
Doch egal wie riesig die Ausmaße sind – das Prinzip, nach dem Wärmepumpen funktionieren, bleibt gleich: Ein Kältemittel entzieht der Umgebung Wärme, etwa aus der Erde und der Umgebungsluft. Auch Grund- und Meerwasser, Flüsse, Abwässer oder industrielle Abwärme eignen sich als Wärmequellen.
Das per Kompressor verdichtete und somit erhitzte Kältemittel gibt die aufgenommene Wärmeenergie per Wärmetauscher an die Heizsysteme ab. In der Folge nimmt das abgekühlte Kältemittel erneut Wärme auf. Der Kreislauf beginnt von vorn.
Klimafreundliches Heizsystem
Vor Ort produzieren Wärmepumpen keinerlei klimaschädliches CO2 und im besten Fall stammt der für den Pumpenbetrieb erforderliche Strom ausschließlich aus regenerativen Energiequellen. Letztlich erzeugen sie ein Mehrfaches der für den Pumpenbetrieb erforderlichen Strommenge als nutzbare Wärme. Kein Wunder, dass sich immer mehr Unternehmen, vor allem Industriebetriebe, solche klimafreundlichen Heizsysteme zunutze machen.
Laut Bundesverband Wärmepumpe e.V. (BWP) sind in Deutschland derzeit mehr als 1,7 Millionen Wärmepumpen in Betrieb, vor allem in Privathaushalten. Während für Einfamilienhäuser häufig Wärmepumpen in der Leistungsklasse bis 15 Kilowatt ausreichen, setzt die Industrie auf Großwärmepumpen. Diese bedeutend größeren Anlagen bieten weit über 100 Kilowatt Leistung, bis in den 2-stelligen Megawattbereich und mehr.
Derzeit sind nach BWP-Kenntnissen bundesweit über 70 Großwärmepumpenprojekte mit einer Gesamtleistung von etwa 900 Megawatt in Planung oder bereits im Bau. Das entspricht einer Vervielfachung der aktuellen Kapazitäten.
Treiber der Dekarbonisierung
Vor allem Industriebetriebe setzen zunehmend auf Großwärmepumpen. „Solche Anlagen sind in vielen Branchen wesentliche Bausteine, um fossile Brennstoffe für Heiz- und Kühlbedarfe zu ersetzen sowie die Dekarbonisierung voranzutreiben“, erläutert Andreas Kaiser (42), Prokurist der Münchner goodmen energy GmbH und studierter Kraftwerksbauer sowie Abwassertechnologe. Das Unternehmen hat sich auf die Planung und Realisierung von klimafreundlichen Energiesystemen wie etwa Wärmepumpen spezialisiert, einschließlich Fördermittelberatung.
Der Bedarf an solchen Lösungen wächst. „Rund 80 Prozent des Energieverbrauchs in den meisten Industriebranchen lassen sich dekarbonisieren, hier spielen Wärmepumpensysteme eine tragende Rolle“, sagt Kaiser. Seine Kunden kommen aus allen Industriebranchen, aktuell vor allem aus der Lebensmittelindustrie.
Temperaturen bis 200 Grad Celsius
Nach Angaben der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG in Cottbus ermöglichen Großwärmepumpen die Bereitstellung von Wärme für Industrie und Fernwärme bis etwa 200 Grad Celsius. Dabei nutzen sie verschiedene Energiequellen, beispielsweise Flüsse und Thermalwasser, Erdwärme sowie Abwärme aus der Industrie oder aus Rechenzentren.
Unter anderem stellt ein vom Fraunhofer-InstitutIEG entwickeltes Portal (grosswaermepumpen-info.de) Informationen über Anlagenanbieter, einschlägige Technologien und zahlreiche Wärmepumpenprojekte zur Verfügung, mehr als 60 Hersteller sind dort registriert. Ergänzt wird das Angebot durch tiefergehende Informationen, etwa zur Kältemittelauswahl, sowie durch einen Rechner zum Wirkungsgrad, der die Effizienz verschiedener Systeme vergleichbar macht.
1.200 Kilowatt Gesamtleistung, 13 Gebäude
Zu den auf dem Portal registrierten Wärmepumpenanbietern gehört die Carrier Klimatechnik GmbH aus Ismaning. Im Münchner Werksviertel tragen beispielsweise zwei Carrier-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1.200 Kilowatt zur Wärmeversorgung von 13 Gebäuden bei. Das Unternehmen zählt nach eigenen Angaben zu den europäischen Marktführern für gewerbliche Wärmepumpen mit über 50 Kilowatt Leistung.
Zum Einsatz kommen Großwärmepumpen auch bei Energieversorgern. Die Stadtwerke Rosenheim GmbH & Co. KG betreibt drei 1,5-Megawatt-Anlagen, die die Wärme des städtischen Mühlbachs nutzen. Beim Durchlauf des Bachwassers durch die Pumpenanlage kühlt sich das Wasser ab. Dabei wird dem Wasser thermische Energie entzogen, bevor es wieder in den Mühlbach zurückfließt.
Mühlbach als Energiequelle
Die gewonnene Energie steht dem Fernwärmenetz zur Verfügung und trägt so zur klimaschonenden Wärmegewinnung bei. Etwa 8 bis 10 Prozent der von den Stadtwerken produzierten Fernwärme stammen aus den Wärmepumpen am Mühlbach. Die Anlagen sind Teil eines Kraft-Wärme-Kopplungssystems, zu dem auch Elektrokessel und Gasmotoren gehören.
Bei der Stadtwerke München GmbH (SWM) sind es 2 Wärmepumpen mit zusammen knapp 600 Kilowatt Leistung. Verbunden sind sie unter anderem mit dem Fernkältenetz Moosach, dem die Pumpen einen Teil der Abwärme entziehen, mit dem Rechen- und Dienstleistungszentrum der Landeshauptstadt sowie mit dem Bürokomplex Olympia Business Center. Geplant ist mehr.
Mehr Wärmepumpen, weniger Gasverbrauch
„Im Rahmen des Transformationsplans Fernwärme und des weiteren Ausbaus der Geothermie zur Wärmeversorgung sollen auch Großwärmepumpen in einer hohen Leistungsklasse von über 10 Megawatt zum Einsatz kommen“, sagt Karin Thelen, SWM-Geschäftsführerin Regionale Energiewende. Für die Industrie liefert die Studie „Roll-out von Großwärmepumpen in Deutschland“ des Berliner Forschungsinstituts Agora Energiewende interessante Ergebnisse.
So könnte dort ein beschleunigter Markthochlauf von Wärmepumpen den Gasverbrauch bis 2030 gegenüber 2021 um 25 Prozent senken. Erhebliche Potenziale lägen vor allem in der Chemie-, Papier- und Lebensmittelindustrie sowie im Maschinenbau, zum Beispiel in Trocknungsprozessen oder in der Dampferzeugung.