Klimaschutz | Unternehmen

Gemeinsam anpacken

Brauerei Gutmann ©
Vielfältig engagiert – Michael Gutmann (r.), Chef der Brauerei Gutmann, mit seinem Produktionsleiter und Beauftragten für Umweltmanagement Richard Hofmeier

Der Umwelt- und Klimapakt bringt Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften in Betrieben voran. Die teilnehmenden Unternehmen profitieren gleich in mehrfacher Hinsicht.
 
Von Eva Müller-Tauber, IHK-Magazin 09/2023

Er gehört zu den erfolgreichsten Umweltinitiativen deutschlandweit: 1.600 bayerische Unternehmen und Einrichtungen aus der Wirtschaft beteiligen sich derzeit am Umwelt- und Klimapakt Bayern. Auch die Brauerei Gutmann gehört dazu, ein auf Weizenbiere spezialisiertes Unternehmen aus Titting im Landkreis Eichstätt.

Bereits seit 2004 ist der Betrieb fortlaufend Mitglied des Pakts und damit einer der sogenannten Gold-Teilnehmer, die Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (FW) kürzlich für ihr vieljähriges Engagement ehrte. „Umwelt- und Klimaschutz sind von entscheidender Bedeutung für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg – sie sind Wachstumstreiber der Zukunft“, betonte der Minister bei der feierlichen Auszeichnung im Münchner Schloss Nymphenburg.

IHK-Info: Übersicht zu den wichtigsten gesetzlichen Vorgaben zu Klimaschutz und Energiewende

Zu den wichtigsten Vorgaben zu Klimaschutz und Energiewende hier eine Übersicht für Unternehmen als PDF.

Das sieht die Geschäftsleitung der Tittinger Brauerei, die eine eigene Mälzerei und Landwirtschaft betreibt und auch Mitglied im Blühpakt Bayern sowie in weiteren ökologischen und sozialen Initiativen ist, ähnlich. „Umweltschutz über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus ist uns seit jeher wichtig“, sagt Brauereichef Michael Gutmann. „Schließlich stellen wir ein Naturprodukt her und sehen uns somit in der Verantwortung, die Natur, in der unsere Rohstoffe gedeihen, zu pflegen und zu bewahren.“

Im Jahr 2000 wurde die Brauerei erstmals nach dem Umweltmanagementsystem EMAS zertifiziert, „so haben wir es immer schwarz auf weiß, wo wir stehen, und sehen, wo wir uns noch verbessern können, um nachhaltiger zu wirtschaften“, sagt Gutmann. Den Beitritt zum Umweltpakt 4 Jahre später sieht er als logischen Schritt. Das nächste große Umweltprojekt soll 2024 starten. „Wir wollen die Brauerei energieautark ausrichten und unseren Strom selbst erzeugen“, erläutert Gutmann, „weg von den fossilen Brennstoffen.“ Eine Photovoltaikanlage ist bereits in Planung.

Netzwerk für Energieeffizienz

Entstanden ist das Projekt im Austausch mit dem Energie-Effizienz-Netzwerk für bayerische Brauereien und Molkereien, das Gutmann mit 14 weiteren Unternehmen aus der Brauwirtschaft, der Lebensmitteltechnologie und dem Anlagenbau sowie mit dem Institut für Energietechnik gegründet hat. Das Netzwerk verfolgt einen kooperativen Ansatz und dient als Vorbildprojekt im Rahmen des Umwelt- und Klimapakts. Gutmann: „Auch wenn wir Brauereien im Wettbewerb stehen, so verbindet uns dennoch ein gemeinsames Ziel: Wir möchten unsere Umwelt bewahren und den Energieeinsatz in unseren Betrieben optimieren.“

Image verbessern, Kosten sparen

Dass Umwelt- und Klimaschutz unabhängig von rechtlichen Vorgaben wichtig ist und nur gemeinsam gelingen kann, hat das Gros der Betriebe längst erkannt. Das zeigt schon die hohe Teilnehmerzahl der bayerischen Umweltinitiative und die Zahl der mit Gold ausgezeichneten Betriebe. „Von einer Teilnahme am Umwelt- und Klimapakt profitiert jedoch nicht nur die Umwelt, sondern auch jedes einzelne Unternehmen“, betont IHK-Umweltreferentin Sabrina Schröpfer. So verzeichneten verantwortungsbewusste Firmen durch ihre Vorbildfunktion einen Imagegewinn und steigerten ihre Chancen im Wettbewerb sowie ihre Attraktivität als Arbeitgeber. „Zudem haben sie einen ökonomisch zählbaren Nutzen, weil sie durch Umweltmaßnahmen etwa im Energiebereich oder bei der Schonung von Ressourcen und der Vermeidung von Abfall einiges an Kosten einsparen.“

Genehmigungsverfahren digitalisieren

Im aktuellen Umwelt- und Klimapakt (siehe unten) arbeiten die Staatsregierung und die Wirtschaft daran, Lösungen für besonders dringliche Umwelt- und Klimaschutzthemen zu entwickeln. So beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe mit dem Thema „Zusammenarbeit Wirtschaft/bayerische Umweltverwaltung“ (AG ZusWirUmwelt), eine andere kümmerte sich um „Klimaneutralität und Ausgleichsmechanismen“ (AG Klima).

Die AG ZusWirUmwelt untersuchte, inwieweit sich umweltrechtliche Genehmigungsverfahren im bayerischen Verwaltungsvollzug optimieren lassen. Kernergebnis ist ein gemeinsam erarbeitetes Leitbild. Es beinhaltet 27 Einzelmaßnahmen aus 4 Bereichen – von der optimierten Erstellung von Antragsunterlagen über ausreichende Ressourcen und klare, regelmäßige Kommunikation bis hin zur Einführung moderner digitaler Elemente. Als übergeordnetes Motiv soll das Leitbild einen neuen Geist der Genehmigungspraxis in Bayern nach dem Motto „Zukunft gemeinsam anpacken“ begründen.

Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe zu einzelnen Aspekten des Leitbilds wie etwa der Digitalisierung von Genehmigungsverfahren weitere konkrete Handlungsempfehlungen abgeleitet sowie vertiefende, zum Teil noch laufende Projekte auf den Weg gebracht. Auch wenn mit dem Abschlussbericht die Projektphase der AG „ZusWirUmwelt“ endet, bleibe die Optimierung von Genehmigungsverfahren eine kontinuierliche Aufgabe, so das Fazit der Arbeitsgruppe.

Die Grenzen der Kompensation

Die AG Klima wiederum beschäftigte sich mit „Möglichkeiten zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen für Unternehmen und der Identifikation von Kompensationsmechanismen für Freistaat und Wirtschaft“. Dabei habe sich gezeigt, „dass die Herausforderungen der Klimaneutralität für eine Volkswirtschaft von enormer Komplexität geprägt sind und selbst von vielen Experten noch unterschätzt werden“, sagt Norbert Ammann, Referatsleiter Umwelt, Energie, Klimaschutz bei der IHK für München und Oberbayern. Insbesondere habe die Arbeitsgruppe die Grenzen der Kompensation, das heißt des Ausgleichs von Emissionen, aufgezeigt, betont Ammann: „Als Unternehmen ist man folglich gut beraten, die eigenen betrieblichen Emissionen weitmöglichst zu reduzieren.“

Synthesegas für die Produktion

Diesen Weg geht auch die Hörl & Hartmann Ziegeltechnik GmbH & Co. KG, einer der Wirtschaftsvertreter in der Arbeitsgruppe. Seit 2012 befasst sich das Unternehmen damit, seine CO2-Emissionen im Herstellprozess zu reduzieren. Durch unternehmenseigene Photovoltaikanlagen sowie eine eigene Windkraftanlage ist es gelungen, den Strombedarf am Standort Dachau zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. „Um nun auch noch die brennstoffbedingten Emissionen weitestgehend zu vermeiden, werden wir 2023 eine Synthesegasanlage in unseren Produktionsprozess integrieren“, erläutert Dominik Gerber, kaufmännischer Leiter bei dem Dachauer Ziegelhersteller. „Mit diesem Forschungs- und Demonstrationsvorhaben zeigen wir, dass es möglich ist, ein grünes Substitut für fossile Brennstoffe dezentral selbst herzustellen.“

Das Unternehmen will dadurch seinen Erdgasverbrauch in einem ersten Schritt um etwa 80 Prozent senken. Mittelfristig ist das Ziel, komplett von fossilen Energieträgern unabhängig zu werden, um sich in Zukunft auf die prozessbedingten Emissionen und deren Vermeidung konzentrieren zu können.

Austausch in der AG Klima

Gerber schätzte an der AG Klima vor allem den Austausch mit anderen Unternehmen: „Man nimmt aus jeder Sitzung, aus jedem Gespräch etwas Neues mit, auch wenn nicht jeder Weg für jedes Unternehmen gleich gangbar ist – zumal, wenn es aus einer anderen Branche kommt.“ Im Dialog zeige sich aber auch, dass nicht alle Teilnehmer dieselben Erwartungen haben, auch wenn alle das Klima schützen wollen.

CO2 möglichst einsparen

„Wir in unserem Unternehmen sind der Überzeugung, dass man erst alles technisch Mögliche versuchen sollte, um CO2 einzusparen – auch in der Produktion. Wenn hier das Limit erreicht ist, die neuesten Maschinen im Einsatz, alle Möglichkeiten ausgeschöpft, darf Kompensation ein Thema sein“, betont Gerber. „Wir freuen uns deshalb, dass wir bei der AG Klima unser Beispiel vorstellen konnten, und hoffen natürlich, dass viele Unternehmen unserem Beispiel folgen.“

Stichwort: Umwelt- und Klimapakt Bayern

Der Umwelt- und Klimapakt ist eine Vereinbarung zwischen der Bayerischen Staatsregierung, den bayerischen IHKs (BIHK), dem Bayerischen Handwerkstag und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V.
Unternehmen setzen in diesem Rahmen auf freiwilliger Basis und eigenverantwortlich eine Vielzahl innovativer Umwelt- und Klimamaßnahmen um. Besonders im Fokus stehen Klimaschutz, Ressourceneffizienz, Energieeffizienz und erneuerbare Energien, Entsorgung und Recycling, Umgang mit Kunststoff, Flächeninanspruchnahme, Biodiversität und Artenschutz, Umwelttechnologie, Gewässernutzung und Nachhaltigkeit. Den Umweltpakt gibt es seit 1995. 2020 wurde die Umweltpartnerschaft in einen neuen Umwelt- und Klimapakt überführt.
Die Website des Pakts liefert Info- und Beratungsangebote sowie eine Plattform mit Praxisbeispielen aus der Wirtschaft.

IHK-Service zum betrieblichen Umweltschutz

Die IHK hat auf ihrer Website umfangreiche Informationen zum betrieblichen Umweltschutz

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