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Kommunizieren – mit Geschick

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Gesteigertes Informationsbedürfnis – wer sollte was wann und auf welchem Weg erfahren?

In der Coronakrise verändern sich die Rahmenbedingungen für Unternehmen extrem schnell. Worauf es bei der internen und externen Kommunikation jetzt ankommt.

Eva Elisabeth Ernst, Ausgabe 06/20

Laufend neue Ansteckungszahlen, immer wieder veränderte Regeln zum Infektionsschutz, und die Gefahr verschärfter Einschränkungen ist auch noch nicht gebannt: Um in Coronazeiten ein Unternehmen zu führen, sind Flexibilität und Kreativität noch wichtiger als sonst. Genauso bedeutsam ist es jedoch, die Veränderungen auch angemessen nach innen und außen zu tragen. Dabei kommt es auf die Dosis der Informationen, die Inhalte sowie auf die Wahl der geeigneten Kanäle an. Drei Experten erklären, wie Unternehmen in schwierigen Zeiten klug kommunizieren.

Die Lage verändert sich doch ohnehin ständig – soll ein Unternehmen dann überhaupt noch kommunizieren?

In jedem Fall, findet Alexander Langgruber (41), Gründer und Geschäftsführer der Yield Communications GmbH aus München: Da sich die Faktenlage derzeit fast stündlich ändern kann, wäre der vermeintlich einfachste Weg für Unternehmer, sich einzuigeln und zu warten, bis der Sturm vorübergezogen ist.

Jetzt mit kommunikativer Zurückhaltung zu glänzen, ist allerdings fatal. Denn für Unternehmen wird es langfristig entscheidend sein, wie sie mit der Krise umgehen und wie sie dieses Vorgehen jetzt kommunizieren. Immer wenn sich größere Veränderungen ergeben, wie zum Beispiel bei schrittweisen Rücknahmen des Lockdown sollten Unternehmer darüber informieren, welche Bedeutung das für ihren Betrieb und die Stakeholder hat – idealerweise, nachdem der erste Schwall der öffentlichen Berichterstattung über die aktuellen Maßnahmen vorbei ist.

Internen Spekulationen vorbeugen

Eine wichtige Zielgruppe der Kommunikation, die in turbulenten Zeiten oft vernachlässigt wird, sind die Mitarbeiter. Sie sollten generell als Erste informiert werden, da sie schließlich direkt betroffen und zudem wichtige Multiplikatoren nach außen sind. Darüber hinaus beugt eine klar formulierte Hausmeinung internen Spekulationen vor. Es empfiehlt sich ebenfalls, die Kunden proaktiv zu kontaktieren, um ihnen Vorschläge zu machen sowie die Bereitschaft zu zeigen, sie auch über die vereinbarten Konditionen hinaus zu unterstützen.

Selbst wenn die Zeiten für viele Firmen mittlerweile sehr hart sind, sollte bei den Botschaften kein Selbstmitleid mitschwingen. Besser ist es, optimistisch zu bleiben und Perspektiven aufzuzeigen. Mit Formulierungen wie »nach aktuellem Kenntnisstand« oder »derzeit deutet alles daraufhin, dass« fällt es auch in den aktuell volatilen Zeiten leichter, klare Aussagen zu treffen – und notfalls auch wieder zu revidieren, wenn sich die Situation verändert.

Welche Kommunikationskanäle sind besonders geeignet, schnell und unkompliziert über die coronabedingten Veränderungen im Unternehmen zu informieren?

Das hängt von den Zielen und Zielgruppen ab und auch davon, wie das Unternehmen bislang kommuniziert hat, sagt Volker Schmidt (41), geschäftsführender Gesellschafter der Akima Media GmbH: Grundsätzlich sind digitale Kanäle – und hier vor allem die sogenannten Owned Media, also die eigenen Kanäle wie Blog, Newsletter, Website und Social Media, dafür die beste Option. Wenn ein Unternehmen seinen Kunden zum Beispiel mitteilen will, dass seine Produkte oder Dienstleistungen nach den Lockerungen jetzt wieder verfügbar sind, kann aber auch ein einfaches elektronisches Mailing das Mittel der Wahl sein.

Natürlich kann eine Firma das auch per Pressemitteilung oder über ihre Social-Media-Kanäle wie Twitter, Xing und LinkedIn teilen. Aber wenn ein Unternehmen bislang keine aktive Pressearbeit geleistet oder nicht auf sozialen Netzwerken aktiv kommuniziert hat, wird die Reichweite über diese Kanäle vermutlich sehr überschaubar sein. Viele Mittelständler sind in Sachen Kommunikation bereits gut aufgestellt und nutzen längst digitale Kommunikationskanäle.

Glaubwürdigkeit und Vertrauen schaffen

Beim Dialog mit externen Stakeholdern fällt jedoch auf, dass einige Unternehmer noch sehr zögerlich sind, ihre eigenen Social-Media-Accounts zu nutzen, um ihre Marke aufzubauen, zu stärken und Sichtbarkeit für ihre Organisation zu erzeugen. Dabei schafft das nicht nur Glaubwürdigkeit, sondern auch Vertrauen. Denn wer kann das eigene Unternehmen, die Vision und die Werte, die es vertritt, besser verkörpern als der Unternehmer selbst?

Für die interne Kommunikation sieht Schmidt vor allem Collaboration-Tools, also Software für die digitale Zusammenarbeit, sowie Lösungen für Videokonferenzen auf dem Vormarsch. Derzeit sollten Firmen ihre Kommunikation intensivieren und an die aktuelle Lage anpassen. Beispielsweise, indem sie den Gemeinschaftssinn hervorheben, konstruktive Hilfe bieten, Solidarität fördern oder einfach nur Empathie und Haltung zeigen.

Sollte ein Unternehmer auch über wirtschaftliche Schwierigkeiten informieren, in denen sein Betrieb womöglich steckt?

Bei börsennotierten oder kapitalmarktorientierten Gesellschaften sind die Publizitätspflichten streng geregelt. Alle anderen Unternehmen sind grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, etwaige Schieflagen nach außen zu tragen. Dennoch sind auch Unternehmen in wirtschaftlichen Turbulenzen gut beraten, ihre wichtigsten Zielgruppen – allen voran Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Finanzpartner – über die für sie jeweils relevanten Veränderungen zu informieren, empfiehlt Frank Elsner (51), Geschäftsführer der Frank Elsner Kommunikation für Unternehmen GmbH in München: Die Botschaften sollten konkret auf die Interessen und Fragen der einzelnen Zielgruppen zugeschnitten werden. Allgemeine Corona-Einleitungen kann man sich sparen.

Überinformation erzeugt Abnutzung

Auch jetzt ist es wichtig, rasch zum Wesentlichen zu kommen, klar zu kommunizieren und Überinformation zu vermeiden. Ständig die Mitarbeiter zusammenzutrommeln und selbst dann laufend Kundenbriefe zu schreiben, wenn es keine wirklich neuen Entwicklungen gibt, führt schnell zu einem Abnutzungseffekt.

Kursieren allerdings Spekulationen und Gerüchte, kann es sinnvoll sein, dass Unternehmer darauf schnell reagieren. Dabei gilt es, zwischen einem wirtschaftlichen Durchhänger und einer existenzbedrohenden Unternehmenskrise zu unterscheiden. Steuert ein Unternehmen auf eine solche Situation zu, sollte allein schon das Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns dafür sorgen, dass die Lage nicht derart positiv dargestellt wird, dass Geschäftspartner dies nach dem Insolvenzantrag als Irreführung empfinden müssen.

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