Unternehmen

Kompetenz für knifflige Güter

BARTH+CO ©
Familienbetrieb – Peter Barth (M.) führt gemeinsam mit den Söhnen Alexander (l.) und Christoph den Logistikspezialisten

Wie sich mit einer Diversifizierungsstrategie nicht nur das Geschäftsfeld erweitern lässt, sondern auch die Krisenfestigkeit steigt, zeigt das Logistikunternehmen BARTH+CO.

Stefan Bottler, 05/2021

Wer Markenmode verkauft, will Hosen, Hemden und Jacken knitterfrei anbieten. Textillogistiker liefern deshalb viele Artikel als hängende Ware aus. Häufig müssen sie dazu die Kleidung in ihrem Lager aus Kartons nehmen, auf Bügel hängen und bei Bedarf glätten. Mit solchen »Garment on Hanger«-Lösungen, kurz GOH, hat die BARTH+CO SPEDITION GmbH & Co. KG in Hallbergmoos (Landkreis Freising) den Markt geprägt.

Das 1959 gegründete Familienunternehmen, das rund 100 Millionen Euro umsetzt, wechselte bereits in den 1960er-Jahren auf Hängewaretransporte und gilt als deutscher GOH-Pionier. Aus dieser Nische heraus hat die Firma ihre Logistikdienstleistungen für Auftraggeber außerhalb der Textilbranche entwickelt. So ist nicht nur das Geschäftsfeld gewachsen. Auch die Folgen der Coronakrise lassen sich dadurch leichter ausgleichen.

Branchenspezifische Outsourcing-Lösungen

Das Unternehmen mit rund 450 Mitarbeitern ist eine internationale Spedition mit europaweiten Verkehren und bietet über das Tochterunternehmen alpha trans Luft- und Seefrachtspedition GmbH & Co. KG Sendungen in alle Welt an. In Hallbergmoos und an drei weiteren inländischen Standorten hat der Dienstleister für sehr unterschiedliche Branchen produktspezifische Outsourcing-Lösungen mit zahlreichen Zusatzservices entwickelt.

»Wir sind ein Komplettanbieter für Transport, Warehousing und Consulting entlang der gesamten Supply Chain«, sagt Alexander Barth (28). Gemeinsam mit seinem Vater Peter Barth (64) als geschäftsführendem Gesellschafter und seinem Bruder Christoph Barth (31) leitet er das Familienunternehmen.

Den Anspruch, logistische Komplettlösungen umzusetzen, hat BARTH+CO zuerst in der Textillogistik realisiert. Die Firma bietet inklusive Etikettierung und Konfektionierung alle branchenüblichen Services an. Die Frachtführer des Unternehmens versorgen Produktionsstätten europäischer Hersteller in Südosteuropa und der Türkei mit Stoffen und transportieren die fertigen Produkte in die Lager von BARTH+CO. Vor hier aus werden die Outlets des Handels beliefert. Weil das Unternehmen keine eigenen Fahrer beschäftigt und mit ausgewählten Fuhrunternehmen kooperiert, kann sie sehr flexibel agieren und Transportservices in allen Fahrzeugklassen anbieten. »Mit einigen Frachtführern arbeiten wir seit Jahrzehnten zusammen«, so Barth.

Zuverlässigkeit als Erfolgsfaktor

Absolute Zuverlässigkeit ist in der Textillogistik entscheidend. Während der letzten Jahrzehnte sind die Lieferungen in der Branche immer dichter geworden, Zeit ist ein kritischer Faktor. Fällt eine Lkw-Ladung wegen Beschädigung oder Diebstahl aus, können die Artikel häufig nicht nachproduziert werden. Denn manche Modehersteller fertigen bis zu einem Dutzend Kollektionen im Jahr und haben außerdem ihre Produktportfolios diversifiziert. So mussten sie in schnelle und sichere Lösungen für Beschaffung und Distribution investieren. Von dieser Marktveränderung hat das Unternehmen profitiert.

Der Logistikdienstleister baute ein europaweites Netzwerk auf und konzentrierte sich dabei vor allem auf Südosteuropa. An drei Standorten in Rumänien und zwei in Kroatien eröffnete er Niederlassungen. Hier können Kunden aus der Textilwirtschaft Lager- und Zollservices in Anspruch nehmen. Weit über 100 Kunden hat das Unternehmen in der Textilwirtschaft. Vor allem hochwertige Modemarken arbeiten mit ihm zusammen.

Modemarken zum Start

Als Karlheinz Barth 1959 mit seinem Geschäftspartner Karl Scherbauer das Unternehmen als klassischen Frachtführer für Textiltransporte gründete, konzentrierte es sich auf Straßengüterverkehre aus Italien. Weil damals Produkte aus diesem Land fast ausschließlich per Bahn importiert wurden, setzten die beiden Gründer auf besondere Schnelligkeit. Als sie in den 1960er-Jahren GOH-Transporte einführten, konnten sie vor allem Hersteller von hochwertigen Markenwaren anwerben. Das wiederum legte den Grundstein für den nächsten Schritt.

Bereits in den frühen 1990er-Jahren und damit eher als viele andere Logistikunternehmen stieg BARTH+CO in den Kontraktlogistikmarkt ein, in dem Dienstleister logistische und logistiknahe Aufgaben entlang der Wertschöpfungskette übernehmen. Das Servicespektrum reicht von Lagerhaltung über Kommissionierung, Verpackung und regelmäßige Qualitätskontrollen bis hin zum Retourenmanagement für Rücksendungen, was gerade in der Textillogistik wichtig ist. Mit diesem Angebot konnte das Unternehmen auch in anderen Märkten Fuß fassen.

Know-how aus der Textillogistik übertragen

In Nürnberg unterstützen Barth-Logistiker einen Fahrradhersteller, in München und an anderen Standorten versorgen sie Kinozentren. Und seit Kurzem arbeitet das Unternehmen für einen Spirituosenhändler, der jährlich rund 900.000 Artikel online verkauft und für sehr hochpreisige Produkte einen besonderen Verpackungsschutz fordert. »Mit dem Know-how, das wir in der Textillogistik erworben haben, können wir Lösungen für sehr knifflige Produkte aller Art entwickeln«, erklärt Barth.

Gerade in Krisenzeiten zahlt sich diese Diversifizierungsstrategie aus. Als nach Ausbruch der Coronapandemie die Umsätze in der Textillogistik einbrachen, schossen die Zahlen für die Bike-Logistik in die Höhe. Heute verdient das Unternehmen etwa jeden zweiten Euro mit Kunden außerhalb der Modewirtschaft.

Diversifizierungsstrategie hilft während Coronakrise

Der Logistikspezialist zeigt sich offen für weitere Kunden aus Branchen, in denen er bislang nicht tätig ist. Auch deshalb hat er in neue IT- und Automatisierungslösungen investiert, die Kosten reduzieren beziehungsweise die Produktivität steigern sollen.

Am Standort Hallbergmoos wurde ein AutoStores-System installiert, das die logistischen Abläufe mit Kommissionierrobotern und einem platzsparenden Boxensystem mit rund 15.000 Einheiten beschleunigt. Jede Box kann bis zu 30 Kilogramm aufnehmen – passend für die weitaus meisten Produkte, auch jenseits der Modewelt.

Verwandte Themen