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Kosten runter!

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Kostenposten - was lässt sich streichen?

Die Kennzahlen fest im Blick, gilt es für Unternehmer jetzt, Aufwendungen zu senken, die Liquidität zu erhöhen, nicht benötigtes Anlagevermögen zu verkaufen und die Geschäftsstrategie an die aktuelle Situation anzupassen.

Monika Hofmann, Ausgabe 06/2021

Es ist höchste Zeit: Nur wer weitsichtiges Krisenmanagement betreibt, überlebt in schwierigen Zeiten und kann profitieren, wenn sich die Lage wieder normalisiert. Vor allem ist es wichtig, die Kostenstruktur des Unternehmens an gesunkene Umsätze anzupassen. »Auf der Grundlage der GuV- und der Bilanzplanung lassen sich operative und finanzwirtschaftliche Maßnahmen ableiten, die das Unternehmen in und nach der Krise stabilisieren«, sagt Georg Schulte-Holtey, betriebswirtschaftlicher Berater der IHK für München und Oberbayern. Zugleich dürften die Firmen niemals ihre Strategie aus den Augen verlieren. »Gerade jetzt gilt es, die strategischen Ziele zu prüfen und anzupassen – und das Unternehmen so aufzustellen, dass es auch künftig wettbewerbsfähig ist«, ergänzt Schulte-Holtey.

Das gilt umso mehr, als nicht nur die aktuelle Coronalage zum Handeln zwingt, sondern auch neue Gesetze. »Ein aktives Krisenmanagement sichert zum einen die Wettbewerbsposition des Unternehmens am Markt, zum anderen verlangen es die heutigen Vorgaben«, betont Bernhard Eichiner, Manager und Prokurist bei der PricewaterhouseCoopers GmbH München im Bereich Business Recovery Services. Er beschäftigt sich mit Restrukturierung und insolvenznaher Beratung. »Die Pandemie stellt eine externe Krisenursache dar, die sich auf alle Bereiche betrieblicher Leistungsfähigkeit beziehen kann, aber auch auf Finanzierung und Strategie«, so der Betriebswirt.

Geschäftsleiter in der Pflicht

Zusätzlich nimmt die Politik mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) seit Jahresanfang die Geschäftsleiter in die Pflicht. Ebenso müssen sie das neue Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) beachten. »Damit verankert der Gesetzgeber nun die Pflicht zur Krisenfrüherkennung von Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen ausdrücklich: Wer das nicht beachtet, kann sogar mit seinem Vermögen haften«, warnt Eichiner. Firmen sollten sich zum Beispiel mit folgenden Fragen beschäftigen:

Was ist für Unternehmen essenziell?

»Ein wichtiger Frühindikator von Krisen sind negative finanz- und leistungswirtschaftliche Kennzahlen«, erläutert PwC-Manager Eichiner: »Nur wenn die Firmen solche Veränderungen rechtzeitig erkennen, bleiben sie in der Lage, an den richtigen Stellschrauben zu drehen.« Um die betrieblichen Kennzahlen zu ermitteln und die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen, bietet sich eine integrierte Unternehmensplanung an. Sie beinhaltet eine Ertrags-, Bilanz-, und Liquiditätsrechnung. »Zugleich sind Szenario-Rechnungen von Vorteil, die auf Basis der Zahlen die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abbilden«, so Eichiner. Dafür sehen die Gesetze Planungen für Zeiträume von bis zu 24 Monaten vor.

Welches Potenzial liegt im Anlagevermögen?

In der Krise bleibt als Sofortmaßnahme häufig nur, zunächst die Kosten massiv zu senken und die Liquidität rasch zu sichern. »Prüfen sollten die Firmen daher vor allem, welche Chancen im Verkauf von Anlagevermögen und in der Auflösung stiller Reserven liegen«, rät IHK-Berater Schulte-Holtey. Denn Verkäufe nicht nur von nicht betriebsnotwendigem, sondern auch von Betriebsvermögen erhöhen die Liquidität kurzfristig. Immobilien oder Fuhrparks lassen sich zum Beispiel verkaufen und dann mieten oder leasen (Sale-and-lease-back).

Eichiner sieht sowohl im Verkauf von Vermögensgegenständen, die Betriebe nicht für ihre Geschäftstätigkeit benötigen, als auch von Vermögen, das der betrieblichen Leistungserstellung dient, eine Chance, sich flüssige Mittel zu verschaffen: »Das erneute Zurückmieten oder Zurückleasen stellt eine von vielen Möglichkeiten dar um schnelle, aber einmalige positive Liquiditätseffekte zu erzeugen«, erläutert er.

Zahlreiche Betriebe verkaufen auch ohne Krisenlage Teile ihres Anlagevermögens wie zum Beispiel Grundstücke, Fuhrparks und Maschinen an Immobilienunternehmen oder Leasinggeber, die sie ihnen wieder als Miet- oder Leasingobjekte zur Verfügung stellen. Allerdings verlangen die Vermieter oder Leasingfirmen dafür Mieten oder Nutzungsentgelte, die dann die Unternehmen als laufende Kosten einplanen müssen.

Welche Chancen und Risiken bringt der Verkauf?

Viele Anbieter von Sale-and-lease-back-Modellen sehen sich als langfristige Partner für industrielle Mittelständler, gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen. Sie werben damit, dass ihre Kunden nicht nur von einem Liquiditätsschub, sondern auch von der Verbesserung der Eigenkapitalquote profitieren. Damit könnten sich die Firmen weiter entschulden oder verstärkt investieren. Zudem könnten die Unternehmen mit einem langfristigen, planbaren Mietaufwand kalkulieren. »Die Mietverträge gestalten wir stets langfristig, mit vergleichsweise niedrigen Mieten und entsprechenden Verlängerungsoptionen«, betont Andrea Fiocchetta, Geschäftsführer der BENO Immobilien GmbH in Starnberg.

Die Firma gehört zu den zahlreichen Gesellschaften, die Sale-and-lease-back-Modelle anbieten. Ihr Fokus liegt nicht nur auf dem Erwerb, sondern auch auf der Optimierung und der Verwaltung von Gewerbeimmobilien. »Die wesentlichen Vorteile von Sale-and-lease-back spiegeln sich in der reduzierten Kapitalbindung und den sinkenden Finanzierungskosten wider«, bestätigt IHK-Betriebsberater Schulte-Holtey. Zudem führe es zu mehr Liquidität und neuen Gestaltungsmöglichkeiten.

Wirtschaftsgut muss frei von Rechten Dritter sein

Dennoch sollten Firmen solche Transaktionen vorab gründlich prüfen. Wichtig ist, dass das Wirtschaftsgut frei von Rechten Dritter ist. Außerdem müssen die bilanziellen und steuerlichen Folgen geklärt werden. Genauso bedeutend ist, die Vorhaben mit weiteren Betroffenen, zum Beispiel mit Banken und Fremdkapitalgebern, abzustimmen sowie die Bewertung und Besicherung zu prüfen. Mit den Szenarios der integrierten Planungen sollten die Betriebe vorab ermitteln, ob sich die gewünschten Effekte tatsächlich einstellen können.

IHK-Betriebsberater Schulte-Holtey empfiehlt überdies, bei den Verhandlungen besonders darauf zu achten, dass die künftigen Miet- und Leasingraten nicht zu hoch ausfallen. »Oft übersteigen sie die finanzielle Leistungskraft gerade kleinerer Betriebe«, warnt er. Wesentlich sei dabei, die eigene Strategie vorab zu überdenken. Schulte-Holtey: »So manches Unternehmen verkauft in der Krise strategisch wichtige Anteile seines Vermögens – und hat dann Schwierigkeiten, wieder auf die Erfolgsspur zurückzukehren.«

Wie lassen sich die Kosten weiter senken?

Wer seine Lagerbestände durchforstet, Überflüssiges verkauft und die Lager fortan klein hält, erhöht seine flüssigen Mittel, senkt Kosten und bindet weniger Kapital. »Am besten ist es daher, eine punktgenaue Produktions- und Versandplanung vorzunehmen«, empfiehlt IHK-Betriebsberater Schulte-Holtey. Ebenso schonen Unternehmen ihre Kasse, wenn sie ihre Einkäufe bündeln und bei denjenigen Lieferanten kaufen, die ihnen die besten Konditionen einräumen. Mit den Lieferanten neue Zahlungsziele und variable Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren, ist gleichfalls sinnvoll.

Auf Verhandlungen mit Banken umfassend vorbereiten

Etwas aufwendiger, dafür aber sehr wirkungsvoll ist es, die Finanzierungskosten zu drücken: Wer es schafft, seine Zins- und Tilgungsraten zu senken, seine Verbindlichkeiten von kurz- auf mittel- bis langfristig umzuschichten und günstig konditionierte Förderdarlehen zu nutzen, steigert seine Liquidität und senkt seine monatlichen Fixkosten deutlich. »Unternehmen sollten sich umfassend auf die Verhandlungen mit ihren Banken vorbereiten«, rät IHK-Betriebsberater Schulte-Holtey. Es sei entscheidend, das Verhandlungsziel im Vorfeld genau zu definieren – und alle notwendigen Unterlagen, in erster Linie die integrierte Geschäftsplanung, zu vervollständigen.

Ohne gezieltes Forderungsmanagement geht jedoch nichts: Firmen sollten ihre Rechnungen rasch versenden und ihnen konsequent nachspüren. Zudem ist es wichtig, modifizierte Zahlungsbedingungen mit kürzeren Fristen und Skonti sowie ein mehrstufiges Mahnwesen durchzusetzen.

Wer den Mut hat, all diese Schritte zu prüfen und einige davon zu gehen, gestaltet sein Unternehmen stabil genug, um am nächsten Konjunkturhoch teilzuhaben, weiß Schulte-Holtey: »Am besten entwirft er schon jetzt eine tragfähige Strategie dafür.«

IHK-Services für Unternehmen:
  • Checklisten, Tipps und Tools bietet die IHK-Website zum Krisenmanagement: Dort stehen etwa ein Geschäftsplan- und ein Kennzahlenmanagement-Tool auf Excel-Basis zum kostenlosen Download zur Verfügung. Zusätzlich gibt es Instrumente für das Erkennen von Krisenphasen, für wirksames Forderungsmanagement und für die Liquiditätsplanung sowie für finanzwirtschaftliche und strategische Maßnahmen.
  • Informationen zu Förderung und Finanzierung von Bankkrediten über Factoring und Leasing bis hin zu Zuschussprogrammen gibt es auf der Finanzierungs-Website der IHK.
  • Die IHK bietet eine kostenlose Erstberatung an. Hier können Unternehmen Fragen zur aktuellen Situation stellen und erhalten fundierte Antworten zu allen betriebswirtschaftlichen Themen. IHK-Mitglieder wählen Tel.: 089 5116-0 oder mailen an: beratung(at)muenchen.ihk.de

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