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Krisenkommunikation: Bloß nicht schweigen!

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Gemeinsam stärker – mit offener Kommunikation lassen sich Verbündete gewinnen

Wer seine Situation offenlegt, frühzeitig in Eigenregie den Dialog sucht und seine Zukunftsfähigkeit belegt, kann Krisen auch kommunikativ bewältigen.

MONIKA HOFMANN, Ausgabe 01/2023

Den Unternehmer beschleichen immer noch gemischte Gefühle, wenn er zurückblickt: Der mittelständische Automobilzulieferer hatte sich vor einigen Monaten plötzlich in einer schweren Krise wiedergefunden. Vielleicht hätte er sie abwenden können, wenn er sie früher offengelegt hätte. Heute ist der Unternehmer froh, dass er die kritische Lage meistern konnte. Das gelang ihm auch deshalb, weil er es trotz einiger Bedenken gewagt hatte, mit seinen 40 Mitarbeitern, der Bank und den wichtigsten Kunden über die Probleme zu sprechen. Außerdem hatte er zuvor die Situation mit einem IHK-Krisenberater analysiert. Das alarmierende Ergebnis: Der Hauptkunde bestellte immer weniger Produkte. Im Gespräch mit dem Kunden kam heraus, dass die Ursachen in den Anforderungen lagen, die der Zulieferer nicht mehr erfüllte.

Vertrauen zurückgewinnen

Daraufhin setzte der Unternehmer neue Prozesse auf, die diesen Kriterien genügten. Damit gewann er das Vertrauen seines Kunden zurück – und die Aufträge.

Zudem erweiterte die Firma ihr Angebot, um neue Abnehmer zu finden und seine bisherige Abhängigkeit von wenigen Großabnehmern zu verringern – mit Erfolg. Inzwischen freut sich der Unternehmer über eine gesunde Kundenstruktur und zusätzliche Käufer.

Das Beispiel zeigt, was für eine wichtige Rolle Kommunikation bei der Bewältigung von Krisen spielt. Ihr wichtigstes Ziel ist es, Betroffene rechtzeitig über die Schieflage im Unternehmen aufzuklären. Zugleich bietet sie die Chancen, den Schaden zu begrenzen, Vertrauen zu schaffen, Gerüchte zu verhindern und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.

Grundsätze der Krisenkommunikation

Wie aber gehen Firmen dabei am besten vor? »Zwar verläuft jede Krise anders und hat andere Ursachen«, betont IHK-Krisenberater Wolfgang Wadlinger. »Doch für die Krisenkommunikation gelten feste Grundsätze.«

  • Schnelligkeit: Am besten gehen Unternehmen aktiv und frühzeitig an die Öffentlichkeit. Sie sollten die Berichterstattung nicht anderen überlassen, die eigene Interessen verfolgen, um etwa die Auflage oder die Zahl der Follower in sozialen Medien zu steigern.
  • Glaubwürdigkeit: Es gilt, sich an die Wahrheit zu halten. Informationen und Mitteilungen sollten sachlich und transparent sein.
  • Konsistenz: Firmen sollten ihre Krisenkommunikation einheitlich gestalten und die Veröffentlichungen koordinieren. Wichtig ist, regelmäßig weitere Entwicklungen und den aktuellen Stand weiterzugeben.
  • Verständlichkeit: Im Idealfall halten Firmen ihre Mitteilungen knapp und nutzen eine klare, einfach zu verstehende Sprache.

Mit diesen Regeln lassen sich die wichtigsten Botschaften vermitteln. Denn wer offensiv und offen seine Probleme angeht, ist vertrauenswürdig. Eine in einfachen Worten erklärte Krise wirkt weniger bedrohlich. Dann haben Firmen bessere Chancen, dass alle Beteiligten mitziehen und sie mit neuen Geschäftskonzepten durchstarten können.

Zuerst das Team gewinnen

Mitarbeitende verfügen oft über ein feines Gespür für die Stimmung im Betrieb. Bevor sich Unsicherheit breitmacht, sollten Unternehmen unbedingt aktiv werden. Wer sachlich und wahrheitsgetreu über die Herausforderungen informiert, kann die Beschäftigten außerdem leichter dafür gewinnen, mit der Führung an einem Strang zu ziehen.

Die Geschäftsleitung kann zum Beispiel rasch eine Mitarbeiterversammlung einberufen und danach Einzelgespräche anbieten. Vor allem Gespräche mit den innerbetrieblichen Gremien wie dem Betriebsrat sind jetzt wichtig. Die Führungskräfte sollte sie in separaten Besprechungen informieren.

Taskforce für das Monitoring

»Wichtig ist auch, mit allen Leitungskräften eine Taskforce einzusetzen, um täglich über die aktuelle Lage zu sprechen«, rät IHK-Krisenberater Bernhard Eichiner. Denn das Monitoring einzelner Bereiche, aber auch der gesamten weiteren Entwicklung sei unabdingbar, betont er.

Firmen sollten die Lage transparent und realistisch schildern. Zudem die Ursachen skizzieren – und die weiteren Pläne. Auch über die Gegenmaßnahmen und ihren Fortschritt sollten sie immer wieder kommunizieren. IHK-Experte Wadlinger: »Gut informierte Mitarbeiter bleiben motiviert und entwickeln Kampfgeist für ihren Arbeitgeber.«

Kunden und Lieferanten informieren

Wenn Kunden über Dritte erfahren, dass es in einem Unternehmen kriselt, suchen sie nach anderen Anbietern. Lieferanten wiederum räumen Bestellungen der Firma auf einmal eine geringere Priorität ein. »Daher sollten Unternehmen dafür sorgen, dass die wichtigen Gruppen von ihnen selbst informiert werden«, rät IHK-Experte Eichiner.

Am besten stellen Firmen ihre Lage deutlich dar und informieren regelmäßig per E-Mails oder Meetings. Auf Basis der guten Geschäftsbeziehungen lässt sich oft ein gemeinsames Vorgehen vereinbaren und Unterstützung, wie etwa längere Zahlungsziele, abstimmen.

Die Banken überzeugen

Gerade in Liquiditätskrisen haben Banken großen Einfluss darauf, ob ein Unternehmen eine schwierige Situation bewältigen kann. »Es hängt vom Vertrauen und der Einschätzung der Kreditinstitute ab, ob das Unternehmen ein höheres Darlehen erhält, Zinsen oder Tilgungen gestundet werden, welche Sicherheiten sie benötigen oder ob der Kredit direkt gekündigt wird«, weiß Eichiner.

Lösungsstrategien vermitteln

Daher bereiten sich Firmen am besten gut auf das Gespräch vor. Sie sollten die Lage so schnell wie möglich offen, aber ruhig schildern. Schließlich müssen sie mit den anschaulich dargestellten Unternehmenszahlen die Banken davon überzeugen, dass sie zwar in einer Krise stecken, aber auch wissen, wie sie wieder herauskommen. Die vorgelegten Reportings sollten betriebswirtschaftliche Auswertungen, Jahresabschlüsse und Sanierungskonzepte enthalten, dazu Planzahlen.

Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Unternehmensberater können bei der Ausarbeitung und Zusammenstellung der Unterlagen und beim Gespräch unterstützen. Wer überzeugend darlegen kann, dass er die Krise gut meistert, und auch auf Forderungen der Banken eingeht, hat große Chancen auf Entgegenkommen.

IHK-Service: Ratgeber zur Krisenkommunikation

Mehr Informationen zu diesem Thema auf der IHK-Webseite zur Krisenkommunikation

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