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Neuen Schwung reinbringen

Marion Vogel ©
Setzen auf nachhaltige Produktion – Leonard und Antonia von Pfister

Die Geschwister Antonia und Leonard von Pfister wollen nach ihrem Eintritt in die Geschäftsleitung von Lodenfrey Menswear neue Akzente setzen – mit jüngerer Mode und nachhaltiger Produktion.

Harriet Austen, Ausgabe 01/2022

Leonard von Pfister (28) wollte in die Entwicklungshilfe gehen, seine Schwester Antonia (26) sich um die Stadt der Zukunft und Mobility Innovation kümmern. In die Geschäftsleitung der Lodenfrey Menswear GmbH in Garching einzusteigen, hatten sie nicht vor.

Doch im Unternehmen fehlte ein Nachfolger. »Wie wäre es, wenn wir das machen?«, überlegten die Geschwister, als ihre Tante Sabine Frey und deren Mann Klaus Faust, die derzeitigen Geschäftsführer, bei ihnen nachfragten. Nach intensiver Beratung mit den Eltern sagte das Duo tatsächlich zu, künftig Verantwortung für die Traditionsfirma zu übernehmen – mit starker Unterstützung vor allem von Klaus Faust. »Allein hätte das keiner von uns gemacht«, sagt Leonard von Pfister. Nach einer Schnupperphase, in der sie sich alle Prozesse und Bereiche anschauten und bereits Teilaufgaben übernahmen, »wachsen wir jetzt langsam ins Unternehmen hinein«, ergänzt Antonia von Pfister.

Alles in Europa produziert

Lodenfrey Menswear blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Die 1842 von Johann Georg Frey gegründete Münchner Firma Lodenfrey wurde 1957 rechtlich getrennt: Die Familie Nagel übernahm die Loden-Frey Verkaufshaus GmbH & Co. KG in der Maffeistraße, die Familie Frey die Lodenfrey Fabrik, ehemals am Englischen Garten. Die Firma stellt exklusive Damen- und Herrenmode her, bezieht den Lodenstoff bis heute aus Deutschland und Österreich und lässt alle ihre Kollektionen in Europa fertigen, seit 1998 in eigener Produktion im rumänischen Oradea.

Als die Geschwister 2018/2019 in die Geschäftsleitung des Produktionszweigs eintraten, fanden sie ein stark verändertes Unternehmen vor. 2005 waren Damen- und Herrenbekleidung voneinander getrennt worden, daher der Name Lodenfrey Menswear. Nachdem das export- und umsatzstarke Outdoorgeschäft 2010 an einen externen Partner lizenziert und 2013 eingestellt worden war, nehmen die Geschwister es nun selbst in die Hand.

Moderner, jünger, nachhaltiger

Die beiden setzen alles daran, ihre Chance zu nutzen: einer bekannten Traditionsmarke gerecht zu werden und einem begehrten und beliebten Stoff »neuen Schwung zu verleihen«, und zwar nach ihren Vorstellungen – moderner, jünger und nachhaltiger. Dabei konzentrieren sie sich hauptsächlich auf Männermode aus Lodenstoff, »ein tolles Material, das keine Grenzen kennt und ein großes Potenzial besitzt«, meint Leonard von Pfister, der auch mal als Model und Gesicht der Kollektion die Entwürfe vorführt. Der Bereich Tracht, der 70 Prozent des Umsatzes ausmacht, sei »gut aufgestellt«.

Den Wurzeln treu bleiben

Antonia von Pfister findet es einen ziemlichen Spagat, »noch alte Kunden zu erreichen und gleichzeitig neue Zielgruppen aufzubauen«. Ein erster Versuch ist die Kollektion GenSix mit modernen Schnitten. Damit will die sechste Generation ihren Wurzeln treu bleiben, den »großartigen, wasserabweisenden Stoff aber neu interpretieren«, so Antonia von Pfister. Die ersten Reaktionen von Händlern und Endkunden seien ermutigend. Hauptabnehmer ist das Loden-Frey Verkaufshaus, dessen Onlineplattform Lodenfrey Menswear mitnutzen darf. »Wir streben im Rahmen unserer Vereinbarungen an, eigene Onlinekanäle aufzubauen, um unsere Produkte selbst anbieten zu können«, so Antonia von Pfister.

Ökologische und soziale Nachhaltigkeit

Was sich die jungen Nachfolger außerdem vorgenommen haben: »Wir versuchen, alles nachhaltig zu produzieren«, sagt Leonard von Pfister. Bei der Strategie ließen sie sich vom Bündnis für nachhaltige Textilien beraten und erstellten zunächst im Bereich ökologische Nachhaltigkeit eine Klimabilanz der gesamten Lieferkette. »Jetzt überlegen wir Schritt für Schritt, wo wir reduzieren können.« Für die Erfassung der Datenflut legten sich die Geschwister, die auch die soziale Nachhaltigkeit in den Lohnbetrieben im Blick haben, ein modernes IT-System zu. Von Vorteil sei, dass Lodenfrey Menswear seit Langem mit kleinen, regionalen Lieferanten kooperiert, die »häufig von sich aus schon klimaneutral produzieren oder auf dem Weg dahin sind«, ergänzt Antonia von Pfister.

Sie ist im Unternehmen für Finanzen, Controlling und Produktionsplanung zuständig und »der organisierteste Mensch, den ich kenne«, lobt ihr Bruder, der sich als Vertriebschef eher mit gesellschaftlichen Strömungen und Trends beschäftigt. Beide wissen um Druck, Risiko und die hohe Verantwortung auch für ihre 100 Mitarbeiter und schätzen ganz besonders, dass sie selbst entscheiden und gestalten können. »Das ist das Attraktive am Unternehmerdasein«, sagen sie unisono.

Zu den Personen Antonia und Leonard von Pfister

Antonia von Pfister, Jahrgang 1994, machte ihren Bachelor in Volkswirtschaft an der Uni Wien und sammelte Berufserfahrung in verschiedenen Unternehmensberatungen. Sie gehört seit 2018 der Geschäftsleitung an und machte nach ihrem Einstieg einen Master in Modemanagement in Mailand.

Leonard von Pfister, Jahrgang 1993, studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität und war in der Unternehmens- und Kommunikationsberatung tätig, bevor er 2019 in die Geschäftsleitung der Lodenfrey Menswear GmbH in Garching einstieg.

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