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Luftentkeimer statt Mietwagen – Kai Sannwald, einer der beiden Geschäftsführer von Sunny Cars

Als das eigene Geschäft zum Stillstand kommt, nutzt ein Münchner Unternehmen seine Talente, um ein ganz neues Geschäftsfeld zu betreten: Aus »Sunny Cars« Mietwagen wird »Sunny Air Solutions« Luftreinigung.

Ulrich Pfaffenberger, Ausgabe 09/2021

Das Prinzip »Abwarten, bis es wieder besser wird«, kam für Thorsten Lehmann und Kai Sannwald nicht infrage. Dauerhafter Notbetrieb seit März 2020 machte den beiden Geschäftsführern der Sunny Cars GmbH in München wenig Freude. Ihr Unternehmen, das bei der Vermietung von Autos für Urlauber zu den Marktführern in Deutschland gehört, war fast zum Stillstand gekommen: Corona hatte auf die Bremse getreten. Wer andere mobil macht, verharrt selbst ungern im Nichtstun. So fiel schnell die Entscheidung, nach neuen Geschäftsmodellen zu suchen. »Wir waren und sind uns sicher, dass wir mit den Erfolgsprinzipien von Sunny und unseren vielen langjährigen Mitarbeitern auch in anderen Bereichen erfolgreich sein können«, beschreibt Lehmann die Stimmung zu diesem Zeitpunkt.

Umorientierung auf Geschäftskunden

So begann die aktive Suche nach einem Geschäftsfeld, auf dem sich Personal und Know-how auch in Nicht-Reise-Zeiten nutzen ließen. »Wir haben uns zum Beispiel mit Themen wie E-Bike-Leasing beschäftigt oder Online-Lead-Generierung«, so der Sunny-Geschäftsführer. Auch E-Mobility-Charger, Stadtportale oder Messeplattformen sowie Wohnmobil-Parkplatz-Plattformen standen auf der Liste der Optionen. Durchgesetzt hat sich dann aber ein Produkt, das mit dem bisherigen Kerngeschäft nur den Vermietmodus gemeinsam hat und bei dem das Unternehmen trotzdem nur den zweiten Teil seines Namens ändern musste: Aus »Cars« wurde »Air Solutions«, von den Konsumenten wandte sich die Firma den Geschäftskunden zu.

Hinter »Sunny Air Solutions« steckt ein Service für Luftreinigung und Luftentkeimung, wobei nicht einfach Technik vermittelt wird. »Wir verstehen uns als Lösungsfinder, der herstellerunabhängig passende Optionen parat hält«, betont Lehmann. Entscheidend, genau diesen Ansatz zu verfolgen, war für die beiden Unternehmer vor allem die langfristige Relevanz des Themas. Nicht erst seit Corona komme der Luftentkeimung eine immer größere Bedeutung zu, stellten sie fest. Sei es durch die stark wachsende Weltbevölkerung oder durch regelmäßige Grippewellen. Vor diesem Hintergrund sei der Markt für Luftentkeimungsgeräte in starkem Wachstum begriffen, das wohl auch künftig anhalten werde.

Individuelle Lösungen

Ein eher ungeordneter Markt allerdings, meinen Lehmann und Sannwald: »Es gibt viele gute Geräte, die ihren Zweck erfüllen. Aber es gibt noch mehr schlechte Geräte, die, dem Hype geschuldet, auf den Markt geworfen werden.« Ihre Schlussfolgerung: »Der Vertrieb erfolgt primär über das Internet, Betreuung vor Ort und Verkauf im B2B-Bereich haben wir bisher nicht gefunden. Da setzen wir an.«

Das Unternehmen hat Struktur in das Angebot und die praktische Umsetzung gebracht und einen ganzheitlichen Service entwickelt. Es konzipiert nach detaillierter Bedarfsanalyse individuelle Lösungsmodelle etwa für Arztpraxen oder Klassenzimmer, Büros jeglicher Größe oder Fitnesscenter. Die Firma erstellt für jede Anfrage den zwingend benötigten individuellen Umsetzungsplan.

Bei der Wahl der für die jeweilige Situation vor Ort geeigneten Methode unterscheidet das Team zwischen Luftreinigung und Luftentkeimung. Für beides habe man ausgereifte Technik ausgesucht, so die Unternehmer. Zum einen die starken, unsichtbaren Strahlen von UVC-Licht, zum anderen die Abscheidekräfte von HEPA-Filtersystemen.

»Berater, nicht Verkäufer«

Wichtiger noch als die Apparate aber sei es, Kunden mit Know-how zu versorgen. »Aufgrund unserer Neutralität sind wir in erster Linie nicht Verkäufer, sondern Berater«, erklärt Lehmann. »Dabei teilen wir unser Wissen über die unterschiedlichen Technologien und entwickeln daraus mögliche Lösungsansätze. Das unterscheidet uns von den reinen Herstellern, die gern nur ihre Geräte anbieten.« Eine Erfahrung aus der Vermittlung von Mietwagen stand dabei Pate: Glanzleistungen Einzelner brächten keinen langfristigen Erfolg, sondern nur das perfekte Zusammenspiel aller Abteilungen und Beteiligten auf Basis von gemeinsam definierten Zielen, betont Sannwald.

Spürbare Erholung nach Corona erst 2022

Dabei gelinge ein fortlaufender Entwicklungsprozess, »weil wir immer die Strategie und das Verbesserungspotenzial im Blick behalten, finanziell unabhängig sind, unsere Abteilungen und Prozesse extrem gut aufeinander abstimmen«. Was das ursprüngliche Geschäft angeht, sind die Unternehmer ebenfalls zuversichtlich. Sunny Cars war seit 1992 auf der Erfolgsspur, konnte die Buchungen jedes Jahr steigern. Seit 1997 lief das Geschäft profitabel. Dann kam Corona und die 830.000 Buchungen 2018/19 schrumpften auf gut ein Viertel im Jahr darauf zusammen. »Für 2021 rechnen wir mit 200.000 Buchungen. Erst 2022 hoffen wir auf eine spürbare Erholung. Ob und wann wir wieder das Niveau von 2018/19 erreichen, ist völlig unklar«, so Sannwald. Aber: »Mit einer Eigenkapitalquote von 65 Prozent per 31. Oktober 2019 kann Sunny Cars die Verlustentwicklung noch länger ausgleichen.« Und mit Air Solutions die Luft zum Atmen sichern.

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