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Mit frischen Ideen

Die Besucherzahlen von Kongressen, Incentives und anderen Veranstaltungen nähern sich nur langsam dem Vor-Pandemie-Niveau. Wie die Branche versucht, das Geschäft zu beleben.
Von Sabine Hölper, IHK-Magazin 03/2025
Ben Cudok, Geschäftsführer von Party.Rent München, hat keinen Grund zur Klage. Im Gegenteil. Sein Unternehmen hat das Umsatzniveau von vor Corona erreicht. „München war immer ein stark wachsender Markt“, sagt er. Die Kunden würden sich wieder bewusst für Veranstaltungen entscheiden.
Allerdings beobachtet der Verleiher von Mobiliar, Gläsern und Geschirr auch, dass die Budgets der Firmen kleiner werden. „In gewissen Bereichen wie zum Beispiel der Automobilbranche überlegt man sich sehr gut, wie viel Geld man in Marketingmaßnahmen investiert.“
Deutlich weniger Geschäftsreisen
Die MICE-Branche (Meetings, Incentives, Konferenzen, Ausstellungen) wurde besonders stark von den Auswirkungen der Pandemie getroffen und arbeitet nun daran, mit neuen Angeboten und Ideen an gewohnte Erfolge anzuknüpfen. Vereinzelt gelingt dies, in der Breite aber noch nicht.
Barbara Radomski, Geschäftsführerin der Bayern Tourismus Marketing GmbH (BayTM), nennt Zahlen: Vor Corona, zwischen Mai 2019 und April 2020, gab es in Bayern 11,8 Millionen Übernachtungen von Geschäftsreisenden. Dann 4 Jahre später, zwischen Mai 2023 und April 2024, waren es mit 4,8 Millionen weniger als die Hälfte.
Bayerischer Kongressfonds gegründet
Die Branche erhält finanzielle Unterstützung: Im Spätsommer 2024 legte der Freistaat Bayern auf Anregung der Tourismuswirtschaft, unter anderem der Tourismusinitiative München e.V. (TIM), den Bayerischen Kongressfonds auf.
Mit einem Startvolumen von 25 Millionen Euro und einer Laufzeit von 5 Jahren soll der Fonds „das gemeinsame Ziel der bayerischen Destinationen und deren Partner dabei unterstützen, Bayern und München als Standort für Kongresse und Tagungen weltweit zukunfts- und konkurrenzfähig zu positionieren“, sagt Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner. Schließlich trage die MICE-Branche erheblich zur Wirtschaftsentwicklung in Bayern und in der Landeshauptstadt bei. Sie schafft eine Vielzahl von Arbeitsplätzen und generiert Einnahmen in der Hotellerie, der Gastronomie und den Touristenattraktionen.
Hybride Angebote erwünscht
Zur finanziellen Unterstützung kommt die Vernetzung. Die Plattform Meet Bayern etwa bringt verschiedene Akteure und Veranstalter zusammen. „Wenn beispielsweise in Nürnberg alles ausgebucht ist, können die Franken unkompliziert an uns in Oberbayern herantreten – oder umgekehrt“, erklärt Radomski. Dieser Austausch stärke die gesamte bayerische Wirtschaft.
Damit finanzielle Mittel und Vernetzung ihre Wirkung entfalten, muss die Branche allerdings ihre Angebote prüfen und entsprechend anpassen. Man habe zu akzeptieren, dass „die Menschen für eine fachliche Power-Point-Präsentation nicht mehr nach München fliegen“, sagt Radomski. „Nur wenn der persönliche Austausch wichtig und gewährleistet ist, wenn es den Teilnehmern einen echten Mehrwert bringt, reisen sie.“ Die Anbieter reagieren auf das veränderte Verhalten und setzen vermehrt auf hybride Veranstaltungen.
Erlebnisse schaffen
Das bedeutet zwar einigen technischen Aufwand. Aber wer die Digitalisierung beherrscht, neueste Technologien und Tools implementiert, werde davon profitieren, sagt Benedikt Brandmeier, Leiter München des Geschäftsbereichs Tourismus, Veranstaltung und Hospitality beim Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München: „Neue digitale Veranstaltungen und Hybridveranstaltungen können das Erlebnis verbessern.“
Erlebnisorientierung ist nämlich ein weiterer Trend, der das Geschäft beflügeln soll. Der GCB German Convention Bureau e.V. fasst die Entwicklung unter dem Schlagwort „New Work“ zusammen: Veranstaltungen zielen darauf ab, die Work-Life-Balance zu fördern.
Arbeit + Freizeit = Bleisure
Laut GCB-Geschäftsführer Matthias Schultze nehmen solche Formate zu. Darunter fallen etwa „Bleisure-Reisen“, die Arbeit („business“) und Freizeit („leisure“) verbinden. BayTM-Geschäftsführerin Radomski unterstreicht die mit dem Trend verbundenen Vorteile: „Bei Bleisure-Reisen können wir Bayern als Ganzes vermarkten.“
Zur Erlebnisorientierung zählt auch die Personalisierung. Sie rühre daher, dass sich Veranstalter stärker auf die Wünsche und Bedürfnisse der Teilnehmer einstellen müssen, sagt Tourismusexperte Brandmeier. So können sich die Teilnehmer zum Beispiel ein Event aus verschiedenen Bausteinen zusammenstellen.
Stichwort: Bayerisches Messebeteiligungsprogramm
Das Bayerische Wirtschaftsministerium bietet mit seinem Messebeteiligungsprogramm Unternehmen die Möglichkeit, sich auf Zukunftsmärkten unter einem gemeinsamen Dach zu präsentieren. Die teilnehmenden Firmen profitieren dabei von einem einheitlichen Messeauftritt und finanzieller Förderung.
Zum Mitmachen animieren
Veranstaltungen, in denen stundenlang 1, 2, 3 Vortragende reden, seien nicht mehr zeitgemäß. An ihre Stelle treten Formate, die zwischen Workshops und Referaten wechseln, die Teilnehmer zum Mitmachen animieren, Zeit für den persönlichen Austausch bieten oder Gelegenheit für Erkundungstouren in die Stadt oder die Umgebung.
Punkten mit besonderen Locations
Eindrückliche Erlebnisse gelingen zudem mit außergewöhnlichen Locations, die den Teilnehmern im Gedächtnis bleiben. Die Münchner Eventfirma Glanz & Gorilla GmbH, die als Komplettanbieter von Locations über Mobiliar bis hin zu Speisen und Service vor Ort alles bereitstellt, offeriert solche besonderen Orte. „Wir vermarkten, wenn möglich, Zwischennutzungen als Locations für Events“, sagt Geschäftsführer Stefan Schmidl. Es sei zwar oft nicht leicht, eine Genehmigung dafür zu erhalten, den Strom und die technische Ausstattung hinzubekommen. Aber die Kunden fragen solche ungewöhnlichen Veranstaltungsorte nach.
Mit ISO 14001 zur Nachhaltigkeit
Der wohl wichtigste Trend in der Branche ist jedoch Nachhaltigkeit. Hybridveranstaltungen fallen darunter, weil sie Flug- oder Autobahnkilometer vermeiden. Es geht aber auch um Müllvermeidung, effiziente Ressourcennutzung, erneuerbare Energien oder Regionalität. Immer mehr Kunden fordern Nachhaltigkeit ein, allen voran Konzerne wegen ihrer strengen internen Richtlinien.
Um diese Wünsche noch besser erfüllen zu können, hat die Münchner Party.Rent kürzlich sowohl die EMAS- als auch die ISO-14001-Zertifizierung abgeschlossen. „Das Audit ist sehr anspruchsvoll“, sagt Firmenchef Cudok. Aber man zeige seinen Kunden damit, dass sich das Unternehmen engagiere und stetig verbessere.
IHK-Veranstaltungstipp: Tourismusforum 2025
Spannende Einblicke und praxisnahe Lösungsansätze: Auf dem Programm des kostenfreien Tourismusforum 2025 am 7. April 2025 stehen Digitalisierung, Personalmanagement, Preisstrategien, Nachfolgeplanung sowie Förderdarlehen und Zuschüsse. Eine Podiumsdiskussion beleuchtet, was Tourismus zukunftsfähig hält. Das Tourismusforum 2025 ist eine gemeinsame Veranstaltung der IHK für München und Oberbayern, des Tourismus Oberbayern München e.V. und des DEHOGA Bayern e. V.