Mit Liquiditätsplan nach vorn

In wirtschaftlich wechselhaften Zeiten ist es für Unternehmen überlebenswichtig, ihre Geldflüsse kontinuierlich im Blick zu behalten. Eine sorgfältige Liquiditätsplanung hilft dabei.
Monika Hofmann, Ausgabe 03/21
Die meisten Geschäfte geschlossen, Restaurants und Bars leer, Friseursalons und Sportstudios ebenso – die mehrfachen Lockdowns in der Coronakrise haben deutliche Spuren hinterlassen. Die Konsumenten sind nur in mäßiger Kauflaune, und Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück. Gerade in diesen rauen Zeiten ist es für Firmen wichtig, ihre Geldflüsse ständig zu beobachten und zu steuern. Nur so können sie sich vor bösen Überraschungen schützen.
Wie gut das in der Praxis funktioniert, weiß Georg Blessing, Geschäftsführer der gleichnamigen Vertriebs-GmbH in München. Mit Weitsicht die Liquidität seiner Firma zu planen, ist für ihn längst zum Unternehmensprinzip Nummer eins geworden, nicht nur in der Krise. »Eine genaue, langfristige Planung der Liquidität ist grundlegender Bestandteil unserer Strategie«, so der Betriebswirt. Er möchte immer exakt wissen, wie es um seine Zahlungsströme steht. Denn nur mit genügend Reserven lassen sich Märkte erschließen.
Blessing bietet seit 1977 Fachhandelskunden weltweit hochwertige Strickwaren aus Cashmere und Seide und verfolgt dabei »einen kompromisslosen Qualitätsanspruch, der feine Naturgarne mit modischer Aussage verbindet«, wie er sagt. Lang-, mittel- und kurzfristige Planungen erlauben es ihm, die Umsätze, aber auch das Eigenkapital, die Fixkosten und die Liquidität stets zu beobachten und notfalls gegenzusteuern. Zugleich kontrolliert er laufend die wichtigsten Kennzahlen: »Damit erkennen wir sofort, wenn sich Abweichungen ergeben.«
Vorausschauende Maßnahmen
Schon vor vielen Jahren hat der Unternehmer an einigen Stellschrauben gedreht, um die Liquidität zu steigern: Er baute sein Lager zu einem großen Teil ab, lagerte Tätigkeiten wie Versand und Logistik aus und betreibt seither ein konsequentes Forderungsmanagement. Besonders Firmen, die sich auf herausfordernden Märkten bewegen, empfiehlt Blessing diese Strategie: »Ein weitsichtiges Liquiditätsmanagement bringt nur Vorteile«, wirbt der Unternehmer, »und es ist eine Art Risikomanagement.«
Warum die Liquidität planen?
Die Liquiditätsplanung sollte generell für alle Firmen eine bedeutende Rolle spielen. »Nur wenn Unternehmen liquide bleiben, können sie weiterhin den Geschäftsbetrieb am Laufen halten«, sagt Florian Bender, betriebswirtschaftlicher Berater der IHK für München und Oberbayern. Jedes Unternehmen könne rasch in eine Krisensituation geraten. »Neben innerbetrieblichen Problemen und Fehlkalkulationen wird vor allem die Wirtschaftslage zur Herausforderung«, so der Experte. »Gerade jetzt ist es überaus wichtig, die eigene Zahlungsfähigkeit kontinuierlich in den Blick zu nehmen, da angesichts der Lockdowns und der gedämpften Konjunktur die weitere Entwicklung sehr schwer voraussehbar ist.«
Die Liquiditätsplanung hilft Firmen in dieser Situation, ihre Zahlungsfähigkeit jederzeit im Fokus zu behalten und auf kritische Entwicklungen sofort zu reagieren. Zudem liefert sie Unternehmern Argumente für das Gespräch mit ihren Geldgebern. »Banken lassen sich mit einer Liquiditätsplanung einfacher davon überzeugen, die Kreditlinien zu erweitern, umzuschulden oder neue Kredite zu gewähren«, sagt IHK-Experte Bender. Aber auch um zivil- und strafrechtlichen Haftungsrisiken vorzubeugen, ist sie nötig. Damit lassen sich rechtzeitig Risiken wie Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung erkennen und dokumentieren.
Wie gehen Unternehmen vor?
Bei der Liquiditätsplanung geht es vor allem darum, die Entwicklung der flüssigen Mittel zu analysieren und zu planen, meist für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, aber auch länger. Dabei umfasst der Liquiditätsplan neben den Zahlungsein- und -ausgängen eine Umsatz- und Ertragsvorschau sowie eine Bilanzplanung. Es ist am einfachsten, als Grundlage für einen Liquiditätsplan die bereits bestehenden, geplanten Zahlen zu nehmen.
Mindestens drei Monate nach vorne rechnen
Darauf lässt sich die Prognose verschiedener Risikoszenarien aufbauen: Unternehmen kalkulieren für verschiedene mögliche Entwicklungen die Folgen für das Unternehmen durch. Damit können sie einen ersten Blick auf die aktuelle Gefahrenlage und die nahe Zukunft werfen. Sie sollten dabei vor allem klären, wie sich die flüssigen Mittel im besten und im schlechtesten Fall entwickeln könnten und ebenso ein mittleres Szenario durchspielen. Wichtig ist es, diese Liquiditätsprognose für mindestens drei Monate im Voraus in die Gewinn- und Verlustrechnung und in die Bilanz zu integrieren. Das erleichtert unternehmerische Entscheidungen, etwa zu Krediten und Förderangeboten.
Die Liquidität optimieren
Mit Kennzahlen können Unternehmer nicht nur die Liquidität besser im Blick behalten, sondern auch Krisen früh erkennen – und abwenden. »Bei einer angespannten finanziellen Situation ist ein objektives Monitoring, also die kontinuierliche Analyse und Kontrolle der jeweiligen Unternehmenslage, Voraussetzung für die nötigen Handlungsoptionen«, erklärt IHK-Experte Bender.
Zudem ist es bei drohenden Engpässen wichtig, frühzeitig über diese Zahlen und die aktuelle Situation des Unternehmens mit den Banken zu sprechen. Ein wenig Luft verschaffen dann auch Fördergelder, deren Anträge die Firmen aber ebenfalls zügig auf den Weg bringen sollten, am besten zusammen mit dem Steuerberater.
Um nicht nur die kurzfristige, sondern auch die mittelfristige Liquidität kontinuierlich zu sichern, rät der Betriebsberater zu folgenden Maßnahmen:
- Forderungen gezielt eintreiben: Dabei geht es vor allem darum, das Forderungsmanagement so zu gestalten, dass Rechnungen zeitnah gestellt werden. Firmen sollten die Fälligkeiten ständig prüfen und konsequent Mahnungen versenden. Zudem bieten Factoring und Forderungsausfallversicherungen sinnvolle Ergänzungen. Ebenso gilt es, mit den Kunden bei Bedarf neue Zahlungsbedingungen wie Voraus-, Abschlagsoder Zwischenzahlungen auszuhandeln.
- Vereinbarungen prüfen: Ein teurer Kontokorrentkredit kann beispielsweise in ein langfristiges Darlehen mit niedrigeren Zinsen umgewandelt werden. Am besten prüfen Unternehmen daher ihre Kreditvereinbarungen und sprechen mit den Banken über eine flexiblere Gestaltung und Sondervereinbarungen.
- Kreditalternativen einsetzen: Wer seine Kredite um alternative Instrumente wie Leasing oder Mietkauf ergänzt, diversifiziert nicht nur die Risiken, sondern steigert auch seine Liquidität. Auch beim Factoring, also dem Forderungsverkauf, ergeben sich neben den erhöhten Geldflüssen weitere Chancen. Denn der Factoringanbieter übernimmt das Ausfallrisiko und kümmert sich, wenn gewünscht, um das Forderungsmanagement.
- Vermögensteile verkaufen: Unternehmen sollten prüfen, welche Vermögensteile nicht (mehr) für den Betrieb notwendig sind und veräußert werden können. Das können zum Beispiel ungenutzte Maschinen und Immobilien sein. Besonders der Abbau der Lager bringt Firmen schnell Cash. Eine zeitlich genau abgestimmte Produktions- und Versandplanung hilft dabei.
IHK-Service: Ihren Mitgliedern bietet die IHK für München und Oberbayern diese Services zur Liquiditätssicherung an:
- Umfangreiche Informationen zum Liquiditätsmanagement sowie Muster für einen Liquiditätsplan – auch in einer vereinfachten Variante für Kleinunternehmen und Soloselbstständige – gibt es bei der IHK-Liquiditätsplanung.
- Über die wichtigsten Kennzahlen informiert das Merkblatt »Kennzahlen für die Früherkennung von Krisenpotenzialen«
- Die IHK bietet außerdem ein Kennzahlentool, das Unternehmen hilft, die eigene finanzwirtschaftliche Leistungsfähigkeit darzustellen.
- Allgemeine Informationen zum Krisenmanagement gibt es hier.
- Mit der betriebswirtschaftlichen Beratung per Telefon hilft die IHK Unternehmen, schwierige Situationen zu meistern und tragfähige Lösungen zu finden. Weitere Infos und Terminvereinbarung auf der IHK-Website »Betriebswirtschaftliche Beratung«.