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Kolosse im Engpass

Wallek & Geser ©
Heikle Last – Schwertransport durch die Münchner Innenstadt

Das Familienunternehmen Wallek & Geser spezialisiert sich auf Schwertransporte. Der Kampf mit maroden Straßen und Bürokratie ist Teil des Geschäfts.

Von Stefan Bottler, IHK-Magazin 05-06/2023

Wenn Markus Geser (43) nach seinen Erfahrungen mit deutscher Bürokratie gefragt wird, nennt er einige Zahlen. „Vor 15 Jahren waren die behördlichen Auflagen für Schwertransporte 15 bis 20 Seiten dick“, sagt der Geschäftsführer der Wallek & Geser Spezialtransporte GmbH in Garching im Landkreis München. „Heute hingegen müssen wir bei jedem Vorgang mindestens 50 Seiten durchblättern.“ In den 1970er-Jahren seien die Behörden sogar mit 3 Seiten Auflagen ausgekommen.

Geser ist in einem Regensburger Familienunternehmen für Spezialtransporte und Tiefbauarbeiten aufgewachsen. Als der Garchinger Transportunternehmer Horst Wallek (54) die Schwertransportsparte von Geser vor wenigen Jahren übernahm, wurde Geser Mitgeschäftsführer.

Lang, schwer, sperrig

Mit rund 35 Beschäftigten an 3 Standorten sieht sich Wallek & Geser als führender Anbieter von Schwer- und Spezialtransporten in Südbayern. „Wir können nahezu alle Transporte jenseits der marktüblichen Gewichts- und Größenklassen durchführen“, grenzt Wallek den mittelständischen Betrieb vom spezialisierten Wettbewerb ab. Rund 18 Lkw-Zugmaschinen sowie diverse gezogene Einheiten stehen zur Verfügung. Mit diesem Fuhrpark können die Garchinger über 40 Meter lange und mehr als 100 Tonnen schwere Lasten transportieren. Das Spektrum reicht von besonders sperrigen Maschinen und Fahrzeugen bis hin zu Großkomponenten für Windräder und andere Anlagen mit überlangen Bauteilen. Auch der Transport von Flugzeugen und Fertighäusern ist möglich.

Rund 5.000 Aufträge nimmt das Garchinger Unternehmen im Jahr entgegen. Knapp ein Viertel davon sind als sogenannte Großraum- und Schwertransporte (GST) genehmigungspflichtig, weil die Größen, Achslasten und Gesamtmassen der transportierten Güter die gesetzlich zugelassenen Grenzen überschreiten.

Langwierige Genehmigungen

Vor allem für überregionale Touren, die über wechselnde Stadt-, Kreis-, Landes- und Bundesstraßen sowie Autobahnen und durch mehrere Bundesländer führen, ist der Aufwand groß. Das Unternehmen muss solche Transporte mit allen unteren Straßenverkehrsbehörden oder Ordnungsämtern entlang der geplanten Route abstimmen. „Das kann schon mal bis zu 8 Wochen dauern“, sagt Wallek.

Der organisatorische Vorlauf ist beachtlich: Die Behörden müssen klären, ob der Transport während der geplanten Einsatzzeit reibungslos durchgeführt werden kann – viele Touren finden deshalb nachts statt –, und gegebenenfalls die Polizei oder einen geprüften Dienstleister mit der Begleitung beauftragen. Regelmäßig geben sie Fahrtwegprüfungen in Auftrag und machen für selten genutzte Routen oder außergewöhnliche Transportgüter besondere Auflagen wie die vorübergehende Sperrung von Straßen.

Langsame Behörden

„Auch die Zusammenarbeit selbst ist schwieriger geworden“, sagt Wallek. Vor wenigen Jahren noch hätten er und sein Team einfache Rückfragen mit einem Telefonanruf klären können. Jetzt müssten sie deutlich mehr Schriftverkehr erledigen. Weil viele Amtsvorgänge nicht digitalisiert sind, ziehen sich die Vorbereitungen ebenfalls hin. Außerdem nutzen die Behörden Ermessensspielräume unterschiedlich. Die Garchinger beurteilen die Genehmigungspraxis in Bayern als einigermaßen „erträglich“.

In anderen Bundesländern müssten sie wiederholt Anträge mehrfach einreichen, wenn Behörden auf ihre Anfragen nicht zeitnah reagieren oder den ursprünglich beantragten Fahrweg nicht genehmigen. Für die Fahrer fallen bei einem solchen Szenario lange Umwege an.

Bröckelnde Brücken

Ohnehin macht allen Schwer- und Spezialtransportunternehmen die vielerorts bröckelnde Straßeninfrastruktur zu schaffen. Besonders Brücken erweisen sich immer wieder als Engpässe. „Viele Bauwerke wurden nicht saniert und müssen deshalb ‚abgelastet‘ werden“, kritisiert Geser.

Die Folge: Die Straßen werden nur noch für deutlich niedrigere Gesamtgewichte freigegeben oder sogar vollständig gesperrt. „Heute legen die Fahrer im Nachtsprung nur noch 250 Kilometer zurück“, schildert der Geschäftsführer die Auswirkungen. Vor wenigen Jahren seien 400 bis 500 Kilometer möglich gewesen.

Zur Not auch rückwärts

Grundsätzlich stellt jeder genehmigungspflichtige Transport die Schwergutexperten von Wallek & Geser vor neue Herausforderungen. Als sie unlängst im Rahmen einer Betriebsverlagerung eine 70 Tonnen schwere Maschine von Allach nach Vaterstetten transportierten, mussten sie mit einer Fahrzeuglänge von 34 Metern und einer Breite von 3,75 Metern planen. Das war vor allem im einspurigen Vor- und Nachlauf ein Problem. Die Fahrer mussten Teilstrecken rückwärts zurücklegen.

Enge Straßen im Zentrum

Noch kniffliger war der Transport eines 86 Tonnen schweren Drehbohrgeräts, das das Münchner Tiefbauunternehmen Implenia für den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke benötigte. Wallek & Geser brachte die Maschine auf einem 9-achsigen Auflieger von Mannheim nach München in den Marienhof zur Baustelle. Für die knapp 400 Kilometer lange Strecke mussten mehr als 2 Tage eingeplant werden. „Als besondere Herausforderung entpuppten sich die engen Straßen in der Münchner Innenstadt sowie der Ladungsüberhang hinten“, so Wallek.

Einer für alle, alle für einen

Viele Projekte realisiert das Unternehmen mit der Kooperation Big Move. Diesem von Horst Wallek initiierten Zusammenschluss gehören über 1 Dutzend Branchenschwergewichte aus dem In- und Ausland an. Wenn ein Mitglied ein besonders kniffliges Vorhaben nicht im Alleingang stemmen kann, helfen andere mit Equipment und Personal aus.

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