Mehr Infopflichten

Im Mai tritt das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes in Kraft. Die Änderungen sollen vor allem die Rechte von Konsumenten verbessern. Was Unternehmen dazu wissen sollten.
MELANIE RÜBARTSCH, Ausgabe 03/2022
Eigentlich geht es beim Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darum, Unternehmen vor unsauberen Geschäftspraktiken konkurrierender Betriebe zu schützen. »Mit dieser Novelle wird es einmal mehr zum Verbraucherschutz-Ersatzdurchsetzungsgesetz«, sagt Tatjana Neuwald, Expertin für Wettbewerbsrecht bei der IHK für München und Oberbayern. »Das ist eine Tendenz, die wir seit Längerem beobachten und sehr kritisch sehen. Immer mehr Informations- und Transparenzpflichten sollen Durchsetzungsdefizite beseitigen, belasten aber mehr ehrbare Kaufleute, als dass sie Geschäftsmodelle und -praktiken von wenigen schwarzen Schafen effektiv beseitigen.«
Änderungen im UWG ab Mai 2022
Die Änderungen, die Anfang Mai 2022 in Kraft treten, bescheren Unternehmen nicht nur mehr Kennzeichnungspflichten, sondern auch einen neuen zusätzlichen Schadenersatzanspruch wegen irreführender Werbung. Die wichtigsten Verschärfungen im Überblick:
Neue Informationspflichten für Onlineplattformen
Die Betreiber von Marktplätzen im Internet müssen bei Angeboten von Waren und Dienstleistungen künftig transparent darüber informieren, ob die Offerte von einem Unternehmen stammt. Der Gesetzesentwurf sieht darüber hinaus vor, dass die Plattformbetreiber über die Hauptparameter von Rankings und die Gewichtung dieser Parameter informieren müssen.
Außerdem dürfen Rankings ausdrücklich nicht mehr durch versteckte Werbung oder Zahlungen beeinflussbar sein. Schließlich müssen Onlinemarktplätze Informationen bereithalten, ob und wie sie sicherstellen, dass Bewertungen von Kunden auch tatsächlich von realen Verbrauchern stammen.
Möglicher Schadenersatzanspruch
Konsumenten erhalten einen Schadenersatzanspruch, wenn sie durch eine vorsätzliche oder fahrlässige unlautere geschäftliche Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wurden, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten, und ihnen dadurch ein Schaden entsteht.
»Das ist ein echter Paradigmenwechsel«
»Das ist ein echter Paradigmenwechsel, gegen den sich die IHK im Vorfeld deutlich ausgesprochen hat«, sagt Juristin Neuwald. Immerhin ist Anspruchsvoraussetzung eine »doppelte Kausalität«. Wer Schadenersatz will, muss nicht nur nachweisen können, dass er ein Produkt wirklich wegen der unzulässigen Werbung gekauft hat. Er muss durch den Kauf auch einen Schaden erlitten haben.
Dabei rechnen Gerichte regelmäßig den Nutzen an, den Verbraucher durch den Kauf trotz allem hatten. »Daher kann der Anspruch wegfallen, wenn der Käufer das Produkt zu dem angestrebten Zweck einsetzen kann oder er auch wegen anderer Waren zum Kaufhaus gefahren ist und deshalb keine zusätzlichen Fahrtkosten hatte«, so Neuwald.
Werbeträger »Influencer«
»Hier wird vom Gesetz klargestellt, was so eigentlich schon immer galt. Wer ein Produkt bewirbt, muss seine Äußerungen als Werbung kennzeichnen«, sagt Juristin Neuwald. Influencer müssen also tatsächlich ihre Beiträge als Werbung kennzeichnen, wenn sie für das Produkt, das sie vorstellen, eine Gegenleistung erhalten haben. Das können etwa Provisionen, zur Verfügung gestellte Produkte oder Reisen sein.
Dabei geht Neuwald davon aus, dass diese Aufzählung von »Vergütungen« nicht abschließend sein wird. Es ist damit zu rechnen, dass die Rechtsprechung zu verschiedenen Konstellationen nachschärfen wird.
Vorwurf von »Schleichwerbung« muss abgewendet werden
Nach den neuen Regeln wird grundsätzlich erst einmal vermutet, dass eine Gegenleistung geflossen ist. Wollen Influencer den Vorwurf von »Schleichwerbung« abwenden, müssen sie zum Beispiel glaubhaft machen können, dass sie das vorgestellte Produkt selbst erworben haben.
Die reine Selbstvermarktung von Influencern gilt bislang übrigens nicht als Werbung. »Wo die Grenze zwischen Werbung und erlaubter Selbstvermarktung verläuft, wird wohl auch weiterhin die Gerichte beschäftigen«, so Neuwald.
Für Unternehmen, die mit Influencern zusammenarbeiten, bedeutet dies: Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Verträge mit Influencern oder Marketingagenturen auf jeden Fall die Klausel enthalten, dass sich die Vertragspartner an alle neuen Regeln des UWG halten und für Fälle von Verstößen Haftungsfreistellungen vereinbart werden.
Einschränkungen bei Kaffeefahrten
Zum Schutz der Verbraucher ist der Verkauf von Finanzprodukten, Medizinprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln bei Kaffeefahrten künftig verboten. Die Veranstalter müssen nun gegenüber der zuständigen Behörde mehr Informationen wie eine Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse anzeigen.
Dies gilt jetzt auch für Kaffeefahrten, die ins Ausland führen. Zudem müssen sie den Verbrauchern bei der öffentlichen Bewerbung solcher Veranstaltungen ebenfalls unter anderem ihre Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse mitteilen und sie darüber informieren, unter welchen Bedingungen ihnen ein Widerrufsrecht zusteht.